Teilnehmer und Gäste auf dem Parteitag vor einem Aufsteller "AFD" 4 min
Hier bekommen Sie im Video einen Einblick in den Wahlkampfauftakt der AfD in Halle. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Wahlkampfauftakt in Halle Die AfD feiert sich selbst – Spitzenkandidat Reichardt begeistert von Weidel und Musk

27. Januar 2025, 13:27 Uhr

Die AfD feiert in Halle (Saale) ihren Wahlkampfauftakt. AfD-Landeschef Martin Reichardt ist Spitzenkandidat seines Landesverbandes und Gastgeber – doch an diesem Tag nur eine Randfigur. Die Aufmerksamkeit der AfD-Anhänger gilt Kanzlerkandidatin Alice Weidel und Tech-Milliardär Elon Musk.

Martin Reichardt ist an diesem Samstag stolzer Gastgeber. Der AfD-Landeschef aus Sachsen-Anhalt empfängt in Halle (Saale) Parteifreunde und die Prominenz seiner Partei. In der Messehalle hat die Alternative für Deutschland eine große Bühne aufgebaut. Alles ist bereit für den Auftritt der Parteichefin und Kanzlerkandidatin Alice Weidel, auf den hier die rund 4.500 AfD-Anhänger hinfiebern. "Das wird eine der fantastischsten Veranstaltung, die diese Partei je durchgeführt hat", ist sich Reichardt sicher.

Doch erst mal heißt es: Warten. Wer Weidel an diesem Tag sehen will, musste sich im Vorfeld für die Veranstaltung anmelden. Nur wer ein Ticket hat, kommt rein. Und so bildet sich bereits am Vormittag eine lange Schlange vor der Messehalle. Gegen zwölf Uhr schließlich beginnt der Einlass. Das Sicherheitspersonal kontrolliert Tickets und Personalien. Es folgen Körper- und Taschenkontrollen.

Tausende Gegendemonstranten vor der Halle

Während sich die AfD-Anhänger drängen, um in die Messehalle zu kommen, formiert sich draußen der Protest. Die Landespolizei ist mit einem Großaufgebot vor Ort. Beamte aus Berlin, Thüringen, Sachsen und Rheinland-Pfalz unterstützen an diesem Tag. AfD-Anhänger und Gegendemonstranten werden strikt getrennt. Trotzdem sind die Banner der Demonstranten zu sehen, wenn man zum wenige hundert Meter entfernten Eingang der Messehalle läuft.

Die Polizei zählt über den Tag verteilt schließlich etwas über 9.000 Menschen, die sich an dem Protest beteiligen. Einer von ihnen ist Niklas Gerlach vom Bündnis "Halle gegen Rechts". Er will ein "deutliches Zeichen" senden, dass Halle "nicht die richtige Stadt für den Wahlkampfauftakt einer rechtsextremen Partei ist." Die AfD wird in Sachsen-Anhalt bereits seit November 2023 vom Landesverfassungsschutz als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft. Sie selbst sieht sich politisch verfolgt.

Ein unflätiges Anti-AfD-Plakat vor dem Wahlkampf-Auftakt der Partei in Halle
Mehrere Tausend Menschen demonstrieren vor der Messehalle gegen die AfD-Veranstaltung. Bildrechte: MDR/Engin Haupt

Gleichgesinnte unter sich

In der Messehalle interessiert sich Martin Reichardt für die Demos draußen nicht. "Ich habe von den Protesten nichts mitbekommen", sagt er. Ob das stimmt, lässt sich nicht sagen. Als Gastgeber musste sich Reichardt nicht in die Schlange vor dem Einlass einreihen. Er gelangte über den Hintereingang rein. Der Chef des AfD-Landesverbandes ist hier umgeben von seinen Parteifreunden, die nach und nach die Halle betreten. Viele Hände werden geschüttelt, es wird sich umarmt, Fotos werden geschossen. Man ist hier unter Gleichgesinnten.

Es ist inzwischen halb eins – noch anderthalb Stunden, bis der "Mega-Wahlkampfauftakt", wie ihn die AfD bezeichnet, offiziell beginnt. Damit den Wartenden nicht langweilig wird, bietet die Partei ein Vorprogramm. Der Co-Vorsitzende der Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, moderiert auf einer kleinen Bühne im Nebenraum und heizt der Menge ein. Zwischendurch wird Musik gespielt. Bockwurst und Bier stehen bereit. Auch ein Fanshop mit T-Shirts von Alice Weidel ist aufgebaut.

Martin Reichardt macht Fotos mit AfD-Anhängern.
Reichardt ist an diesem Tag ein gefragter Mann. Bildrechte: MDR/Engin Haupt

AfD will "Genderpolitik zurückdrehen"

Auch der AfD-Landesverband hat einen kleinen Infostand aufgebaut. Martin Reichardt ist nicht nur Gastgeber an diesem Tag, er ist auch Spitzenkandidat in Sachsen-Anhalt für die Bundestagswahl. Von seiner Partei und seinen politischen Positionen muss er hier niemanden mehr überzeugen. Ablehnung und Kritik sind mit den Demonstranten draußen geblieben.

Doch auch beim Wahlkampf auf der Straße begegne er zumeist nur Zustimmung, berichtet der 55-Jährige. An den Infoständen würden sich die Menschen inzwischen bedanken, dass die AfD der politischen Oberschicht die Stirn biete. "Und die Menschen in Deutschland können sich darauf verlassen, dass ich dem Establishment die Stirn biete", sagt er im Interview und wendet sich sogleich wieder einem Anhänger zu, der ein Selfie mit ihm machen möchte.

Martin Reichardt steht an einem AfD-Wahlkampfstand.
Die AfD Sachsen-Anhalt hat einen Infostand aufgebaut. Bildrechte: MDR/Engin Haupt

Reichardt ist bekannt. Er gehört dem Bundesvorstand um die beiden Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla an. Seit 2017 sitzt er für die AfD im Bundestag. Sein Wiedereinzug ist angesichts der aktuellen Umfragewerte so gut wie sicher. Als Familienpolitiker wolle er mit der Partei "die familienfeindliche Genderpolitik der letzten Jahre zurückdrehen". Die Familie bestehe aus Vater, Mutter und Kindern, was jedoch nicht heiße, dass die AfD etwas gegen andere Formen des Zusammenlebens habe.

Reichardt stilisiert AfD zur Deutschland-Retterin

Es geht inzwischen auf 14 Uhr zu – der offizielle Beginn der Veranstaltung naht. Die Menschen strömen in die noch dunkle Halle, um sich die besten Plätze zu sichern. Reichardt beobachtet das Geschehen vom Rand der Bühne aus. Er wird den Wahlkampfauftakt gleich eröffnen. Applaus brandet auf, als er schließlich zum Rednerpult schreitet. Die Bühne ist groß. Das Pult vor mehreren Deutschlandfahnen wirkt dagegen winzig. "Liebe Freunde", so startet er seine etwa fünfminütige Rede.

Martin Reichardt wartet am Rand einer großen Bühne.
Reichardt hält die Eröffnungsrede. Bildrechte: MDR/Engin Haupt

Was folgt, ist die Erzählung über ein Deutschland, dem es schlecht gehe und das nur von der AfD gerettet werden könne. Reichardt steht im Rampenlicht und setzt den Ton, der sich anschließend durch die gesamte Veranstaltung ziehen wird. Er verweist auf die jüngsten Anschläge in Magdeburg im Dezember und in Aschaffenburg wenige Tage zuvor. "Wie viel Leid muss unser Land noch ertragen? Wie viele Opfer müssen wir noch betrauern?", fragt er, um sogleich daran anzuschließen: "Jede Stimme für die AfD rettet Leben!" In der Halle bricht Jubel aus.

AfD-Superstars: Weidel und Musk

Die Veranstaltung schreitet voran. Redner treten auf, Videos werden eingespielt, AfD-Songs gesungen. Erscheint Alice Weidel in einem der gezeigten Filme auf großer Leinwand, wird es laut. Sie ist diejenige, auf die hier alle warten. Gegen kurz nach vier tritt sie schließlich auf die Bühne. Die Halle tobt. Es werden Deutschlandfahnen geschwenkt und blaue Plakatherzen in die Höhe gestreckt. "Ich liebe euch alle", ruft Weidel dem Publikum zu.

Sie genießt es sichtlich. Und stolz verkündet sie: "Ich habe jemanden auf dem Ohr, der mich aber noch nicht hören kann." Dann ist plötzlich eine Stimme über die Lautsprecher zu hören: "Can you hear me?" Unter großem Jubel antwortet Weidel: "Yes, we can hear you!" Elon Musk erscheint auf den Leinwänden über der Bühne. Der Tech-Milliardär und Trump-Vertraute ist aus den USA zugeschaltet. Musk sucht sichtlich nach Worten und sagt den AfD-Anhängern, es sei in Ordnung, stolz auf die deutsche Kultur zu sein.

Elon Musk und Donald Trump
Trump-Vertrauter Elon Musk (links) unterstützt die AfD im Wahlkampf. (Archivbild) Bildrechte: picture alliance/dpa/Pool Getty Images North America/AP/Brandon Bell

Musk lässt sich vom AfD-Publikum in Halle feiern. Er ruft die Menschen dazu auf, ihre Freunde und Bekannten davon zu überzeugen, die AfD zu wählen. So mischt er einmal mehr den deutschen Wahlkampf auf. Bereits zuvor hatte Musk auf seiner Social-Media-Plattform X, ehemals Twitter, für die AfD geworben und mit Weidel telefoniert.

Sprechchöre: "Alice für Deutschland"

Nachdem sich Musk verabschiedet, hält Alice Weidel ihre Rede. Doch immer wieder muss sie innehalten, weil es in der Messehalle laut wird. Die AfD-Anhänger skandieren: "Alice für Deutschland!" Der Ruf besitzt eine gewisse Doppeldeutigkeit, erinnert er doch an die Losung "Alles für Deutschland", die von der SA im Dritten Reich verwendet wurde und die heute verboten ist.

Weidels Parteifreund Björn Höcke, Landesvorsitzender der AfD in Thüringen, wurde im vergangenen Jahr verurteilt, weil er die "Alles für Deutschland"-Parole in Reden nutzte. Der ehemalige Geschichtslehrer Höcke will von der Bedeutung des Satzes allerdings nichts gewusst haben und hält sich für unschuldig.

Weidel will mit der CDU regieren

Etwa eine Stunde steht Alice Weidel auf der Bühne in der Messehalle. Sie führt einmal durch das AfD-Wahlprogramm. Und sie hat einen Koalitionspartner im Sinn, mit dem sie ihre Vorhaben nach der Bundestagswahl am 23. Februar umsetzen möchte: "Der Wähler will eine blau-schwarze Koalition." Die CDU solle ihre Brandmauer zur AfD niederreißen, fordert Weidel. Dass sie den CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz wenige Minuten zuvor noch als Kriegstreiber darstellte, war da längst wieder vergessen.

Wenn die CDU nicht erneut den Wähler belügen will, geht das nur mit uns.

Martin Reichardt, AfD-Landesvorsitzender

Auch Martin Reichardt stört sich daran nicht. "Wenn die CDU nicht erneut den Wähler belügen will, geht das nur mit uns. Und wir stehen für eine Politik für Deutschland zur Verfügung", erklärt er am Abend im Interview. Der Saal hat sich da schon zu großen Teilen geleert. Reichardt selbst ist bestens gelaunt: "Die Veranstaltung war großartig." Es sei wahrscheinlich sogar die großartigste Wahlkampfveranstaltung in der Geschichte der Bundesrepublik gewesen.

Die AfD orientiert sich mehr und mehr am US-amerikanischen Wahlkampf von Donald Trump. Der Auftritt Elon Musks passt in dieses Bild. Reichardt hat selbst erst im letzten Moment davon erfahren, wie er sagt. "Man hat das alles schon sehr gut choreographiert", lobt er. Die AfD feiert sich an diesem Tag selbst. Die Partei startet nun in die heiße Phase ihres Wahlkampfes. Geht es nach Martin Reichardt, soll bei der Wahl im Februar dann ein Ergebnis von deutlich über 20 Prozent für die AfD herauskommen.

MDR (Engin Haupt, Roland Jäger) | Erstmals veröffentlicht am 26.01.2025

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 25. Januar 2025 | 19:00 Uhr

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