Vor Landesparteitag AfD richtet sich einmal mehr auf Protest aus
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24. August 2022, 15:22 Uhr
Am Sonntag trifft sich Sachsen-Anhalts AfD in Magdeburg. Es ist der erste Parteitag, seitdem der Landesverband gerichtsfest vom Verfassungsschutz beobachtet werden darf. Im Vordergrund sollen aber andere Themen stehen. Die Partei will den Protest auf der Straße intensivieren. Eine andere Forderung: Der Landtag soll den MDR ermahnen.
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Wer in diesen Tagen mit AfD-Politikern spricht, erlebt eine Partei, die sich im Aufwind glaubt. Angesichts steigender Energie- und Lebensmittelpreise rechnen Vertreter fest damit, dass eine Protestwelle Sachsen-Anhalt erfasst. Und dass "Heißer Herbst" und "Wutwinter", sollten sie Realität werden, die AfD tragen könnten.
Schon jetzt bietet man einfache Lösungen. Die Landtagsfraktion verspricht auf Großplakaten einen Dieselpreis von 1,19 Euro pro Liter. Das Konzept: Steuern senken, CO2-Steuer abschaffen. Sanktionen gegen Russland? Brauche es nicht. Nord Stream 2 soll in Betrieb genommen werden. Dann, so heißt es auf Nachfrage, würde Russland kein Gas mehr zurückhalten.
Letzteres hört man auch vereinzelt aus anderen Parteien. Und die Linke beispielsweise richtet sich gegen die Gasumlage, fordert eine Übergewinnsteuer und mehr Entlastungen. AfD-seitig ist man dann schnell bemüht klarzumachen: Fundamentalopposition gebe es nur hier. Gegen die Klimapolitik. Gegen die Corona-Politik. Gegen die Russland-Politik.
"An erster Stelle Deutschland"
Das soll auch am Sonntag in Magdeburg deutlich werden. Dann kommt die AfD zum Landesparteitag zusammen. "Frieden, Freiheit, Wohlstand – An erster Stelle Deutschland", so heißt ein Antrag, den Landeschef Martin Reichardt eingereicht hat. Das Papier soll zeigen, dass der Landesverband kampagnenfähig ist.
Es drohe die "schwerste Wirtschaftskrise" seit dem Zweiten Weltkrieg, heißt es. Man wolle deshalb "fest an der Seite der Bürger" stehen. Der Landesverband solle – wie schon bei den Corona-Demonstrationen – sämtliche Proteste im Land bewerben. Damals gelang es regional nur stellenweise, Menschen dauerhaft zu mobilisieren. Aber auch jetzt sollen Parteimitglieder wieder die Proteste "auf jede nur erdenkliche Weise unterstützen".
Man rede Proteste "nicht herbei", sagte Martin Reichardt dem MDR auf Nachfrage, das ginge auch gar nicht. "Aber wir wollen sie natürlich stark unterstützen." Aber wenn ein Kreisverband einen Protest gleich selbst organisiert, soll er vom Landesverband dafür Geld erhalten. In Reichardts eigenem Kreisverband hat es bereits eine Schulung zum Versammlungsrecht gegeben.
Auch die Landtagsfraktion hat für September eine Kundgebung in Magdeburg angemeldet. Eine Abgrenzung zu anderen extremistischen Akteuren, die teils die Proteste unterwandern, teils diese lokal auch anmelden und anführen, findet derweil nicht offen statt.
Reichardt führt unangefochten
Diese Haltung steht sinnbildlich für den Kurs von Martin Reichardt. Der 53-jährige Bundestagsabgeordnete führt seit 2018 den Landesverband. Reichardt sagt, er habe den Verband geeint und wolle ihn nun "weiter professionalisieren". In Magdeburg tritt er zum dritten Mal als Landesvorsitzender an. Seine Wahl gilt als sicher.
Laut Reichardt wächst Sachsen-Anhalts Einfluss in der Bundes-AfD. Seit Kurzem sitzt er im Bundesvorstand der AfD. Und weil die AfD anderswo massiv Mitglieder verliert, darf der Landesverband mehr Delegierte als früher zu Bundesparteitagen schicken. Insgesamt beschreibt Reichardt die Rolle so: "ausgleichend wirken und das soziale Profil der AfD weiter schärfen".
Landesverband unter Beobachtung
Derweil ist es unter Reichards Führung nicht gelungen, eine Beobachtung des Landesverbandes durch den Verfassungsschutz abzuwenden. Ein Gericht bestätigte im Frühjahr, dass die AfD in Sachsen-Anhalt als "rechtsextremistischer Verdachtsfall" geführt werden darf. Auch im Gerichtsverfahren zwischen der Bundespartei und dem Bundesamt für Verfassungsschutz spielten Vorgänge aus dem Landesverband eine wichtige Rolle.
Reichardt ficht diese Entwicklung offenbar nicht an. Er sagte: "Wir müssen weiter ruhig arbeiten." Beim Parteitag werde die Verfassungsschutzdebatte kein Hauptthema sein.
Derweil will Oliver Kirchner, Chef der Landtagsfraktion, Kay-Uwe Ziegler als zweiten stellvertretenden Landesvorsitzenden ersetzen. Kommt es dazu, dann führen mit Reichardt, Hans-Thomas Tillschneider und Kirchner künftig drei zentrale Vertreter des offiziell aufgelösten, extrem rechten "Flügels" die Landes-AfD.
Landtag soll MDR zurechtweisen
Mehr Aufmerksamkeit dürfte dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gelten. In einem Antrag heißt es, der MDR sei "überfinanziert". Die Vergütung von Intendanz, Leitungsebene, Moderatoren und Experten sollte demnach überprüft werden. Auslöser sind Vorwürfe der Vetternwirtschaft und unverhältnismäßiger Vergütungen beim RBB unter der Führung der ehemaligen Intendantin Patricia Schlesinger.
Weil der MDR zudem die AfD "systematisch benachteiligt", solle Sachsen-Anhalts Landtag diesen per Beschluss ermahnen. Martin Reichardt unterstützt den Antrag. Er wirft dem MDR vor, die Landesregierung kaum kritisch zu hinterfragen. "In der Corona-Politik glich das einer Haus-und-Hof-Berichterstattung", so Reichardt.
MDR (Thomas Vorreyer)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 28. August 2022 | 19:00 Uhr
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