Einigung beim Heizungsgesetz Kommunale Wärmepläne: Sachsen-Anhalts Gemeinden massiv im Rückstand
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16. Juni 2023, 15:01 Uhr
Bei der Wärmewende nimmt die Bundesregierung Länder und Kommunen in die Pflicht: Sie sollen in den kommenden Jahren konkrete Wärmepläne vorlegen, wie genau sie ihre Heizinfrastruktur klimaneutral umbauen wollen. Für die Kommunen in Sachsen-Anhalt bedeutet das viel Arbeit, denn bislang haben nur runf fünf Prozent der Gemeinden überhaupt mit der Arbeit für solche Pläne begonnen. Da könnte es bald schwer werden, ein geeignetes Ingenieurbüro zu finden.
- In Sachsen-Anhalt haben erst fünf Prozent der Gemeinden mit ihrer kommunalen Wärmeplanung begonnen, teilt die Landesenergieagentur mit.
- Im Heizungsstreit gibt es eine Einigung: Kommunen müssen Wärmepläne vorlegen, damit klar ist, wie vor Ort umweltfreundlich Wärme erzeugt wird.
- In Sachsen-Anhalt sind solche kommunalen Wärmepläne bislang nicht verpflichtend.
Soll die Energiewende gelingen und sollen die selbst gesteckten Klimaschutzziele eingehalten werden, muss die Wärmeproduktion in Deutschland umweltfreundlicher werden, sagt Robert Brückmann im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT. Schließlich werde derzeit noch fast 70 Prozent der Wärme mit fossilen Brennstoffen erzeugt. Brinkmann ist Leiter des Kompetenzzentrums Kommunale Wärmewende (KWW) in Halle. Mit seinen Mitarbeitern berät er vor allem Kommunen dabei, wie sie ihre Wärmeproduktion und -Nutzung umweltfreundlicher gestalten können.
Damit das erreicht wird, müssen große Kommunen (mehr als 100.000 Einwohner) bis 2026 einen sogenannten kommunalen Wärmeplan aufstellen. Alle anderen Gemeinden haben dafür bis 2028 Zeit, so haben es Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) Anfang der Woche beschlossen. Das Ziel: Deutschlandweit soll laut Koalitionsvertrag bis 2030 die Hälfte der Wärmeproduktion klimaneutral erfolgen. "Wie diese Wärmepläne später im Detail aussehen sollen, wissen wir noch nicht, das wird gerade im Gesetzgebungsverfahren geklärt", erläutert Brückmann.
Das Ziel scheint ambitioniert, schaut man sich die Situation in Sachsen-Anhalt an. "Nach unseren Erkenntnissen haben etwa fünf Prozent der Kommunen die ersten Schritte für eine kommunale Wärmeplanung bereits begonnen. In weiteren Kommunen wird die Planung angestrebt, oder von der Kommunalpolitik diskutiert", teilt die Landesenergieagentur auf Nachfrage von MDR SACHSEN-ANHALT mit. Entscheidend sei die Verfügbarkeit "ausführender Dienstleister sowie das Thema Datenverfügbarkeit". Gemeint ist, ob ausreichende Ingenieure verfügbar sind und die entsprechenden Daten dafür schon vorliegen, um solche Pläne aufzustellen.
Alle Infos sollen zentral einsehbar sein
Man könne sich aber solche Pläne vorstellen wie einen Flächennutzungs- oder Bebauungsplan. "Auf einer Karte der Gemeinde kann man leicht erkennen, in welchem Gebiet zukünftig Wärmenetze entwickelt werden oder welche anderen Lösungen gefunden werden sollen." Bewohner der Gemeinden können so besser planen. Schließlich sollen Heizungsbesitzer in den nächsten Jahren dazu bewegt werden, umweltfreundlichere Systeme zu betreiben.
"Wenn man dann sieht, mein Haus kann bald an ein grünes Wärmenetz angeschlossen werden, lohnt es sich nicht mehr, dort eine Wärmepumpe einzubauen", erklärt Brückmann. Die kommunale Wärmeplanung ist demnach der Dreh- und Angelpunkt der geplanten Austauschpflicht für alte Öl- und Gasheizungen. Solange vor Ort keine kommunale Wärmeplanung vorliegt, sollen beim Heizungsaustausch auch noch Gasheizungen eingebaut werden dürfen – wenn diese auf Wasserstoff umrüstbar sind.
Bislang keine Pflicht für Wärmepläne
In vielen Bundesländern gibt es für die Kommunen schon eine Pflicht für die Aufstellung solcher Pläne, etwa in Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein oder Niedersachsen. In Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen sind die Kommunen bislang nicht verpflichtet, einen solchen Wärmeplan aufzustellen. "Es gibt einige Kommunen, wie zum Beispiel Halle, die da ordentlich voranschreiten, bei anderen passiert da aber noch nicht so viel", sagt Berater Brückmann.
Sollte demnächst ein Heizungstausch anstehen, rät Brückmann dazu, Ruhe zu bewahren. "Das Schlechteste wäre, in Panik zu verfallen und noch schnell eine Gasheizung zu kaufen", so der Wärmeexperte, "da geht man ein riesiges Risiko ein." Zum einen hätten gerade die letzten Monate gezeigt, wie schnell sich die Gaspreise verändern können. Dazu sei absehbar, dass der Gaspreis durch die Kohlendioxidabgabe weiter steigen werde.
Einbau von Gasheizung ist risikoreich
Wenn eine Kommune noch keinen Wärmeplan aufgestellt hat, sollten Heizungsbesitzer, die demnächst ihre Anlage erneuern wollen, aktiv Informationen einholen. "Ich würde bei der Gemeinde nachfragen, wann der Wärmeplan aufgestellt wird. Davon kann man schon ganz viel ablesen. Wer in einem Einfamilienhaus ganz weit draußen wohnt, wo es unwahrscheinlich ist, dass das Haus an ein Wärmenetz angeschlossen wird, da kann man sich schon Gedanken machen, ob man lieber auf eine Wärmepumpe, Solarthermie oder Biomasse setzt."
Fakt ist: Auf die Kommunen in Sachsen-Anhalt kommt nun viel Arbeit zu. Nicht umsonst hat die Landesenergieagentur schon im November 2022 gemahnt, nicht zu warten, bis die Aufstellung der Wärmepläne verpflichtend ist, "sondern schon heute zu handeln". Das Land unterstützt die Gemeinden bei der Aufstellung solcher Pläne mit einem Förderprogramm.
Umweltverbände kritisieren unterdessen, dass bei fehlenden Wärmeplänen nun noch jahrelang weiter Gasheizungen neu eingebaut werden dürfen. "Wenn zunächst die kommunale Wärmeplanung abgeschlossen werden soll, dann werden bis 2028 in den meisten Kommunen weiter klimaschädliche Gasheizungen eingebaut", sagte Andree Böhling von Greenpeace.
MDR (Hannes Leonard), dpa
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 15. Juni 2023 | 06:00 Uhr
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