Kommunalwahl 2024 Roter Tupfer in Mansfeld-Südharz: Freiwillige Feuerwehr zieht in den Kreistag ein
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28. Juni 2024, 05:00 Uhr
Bei der Kommunalwahl hat die Freiwillige Feuerwehr Mansfelder Land einen Sitz im Kreistag erhalten. In Klostermansfeld wurde die Feuerwehr-Fraktion sogar stärkste Kraft. Bürgermeister und Feuewehrgerätewart Frank Ochsner ist Mitglied der Fraktion und Inhaber des einen Sitzes im Kreistag. Er erhofft sich von der Wahl in den Kreistag, seine Gemeinde noch lebenswerter machen zu können – vor allem für junge Menschen.
- Kreistagswahl: Freiwillige Feuerwehr Mansfelder Land wird in Klostermansfeld stärkste Kraft.
- Die Freiwillige Feuerwehr will eine Alternative zu anderen Parteien sein und mehr in der Gemeinde bewegen.
- Um im Kreistag mehr Einfluss nehmen zu können, schließt sich Ochsner im Kreistag der Fraktion Freie Bürger Mitteldeutschland (FBM) an.
Es ist heiß in Klostermansfeld. Der Himmel ist fast wolkenlos und die Wasserfarbe auf dem Papier trocknet schnell. Bis zum Interview mit dem Bürgermeister Frank Ochsner ist noch Zeit und so wird diese im Innenhof eines Bauhofs mit Skizzieren überbrückt – ein Skizzenbuch ist für solche Fälle meistens in der Tasche.
Auf dem Bauhof befindet sich das Büro des Bürgermeisters – gegenüber ist die Freiwillige Feuerwehr Klostermansfeld untergebracht. Durch die Scheiben der geschlossenen Rolltore sind die Umrisse mehrerer Feuerwehrautos zu sehen. Ein nettes Motiv: Die Fassade wird in ein Gelb getaucht, die Wappen daneben werden blau und das Schild über den Toren bekommt ein sattes Rot.
Der Grund für die Reise in den Landkreis Mansfeld-Südharz hat im entfernten tatsächlich mit Farben zu tun – es geht um die Kommunalwahl. Das Besondere: Die Freiwillige Feuerwehr Mansfelder Land hat sich aufstellen lassen und nun einen Sitz im Kreistag erhalten. Den bekommt der amtierende Bürgermeister von Klostermansfeld. Würde seine "Fraktion Freiwillige Feuerwehr" eine Farbe wie andere Parteien haben, wäre das natürlich "Rot", wie Ochsner erklärt. Und was haben jetzt der Bürgermeister und die Feuerwehr miteinander zu tun? Nun, Ochsner ist selbst Feuerwehrmann.
Freiwillige Feuerwehr wird stärkste Kraft in Klostermansfeld
Doch den Pinsel mal beiseite und der Reihe nach: Bei der Kreistagswahl Mansfeld-Südharz hat die Freiwillige Feuerwehr 1,6 Prozent der Stimmen erhalten – und so den besagten Sitz. Insgesamt geht die AfD mit 31,4 Prozent als stärkste Kraft hervor, gefolgt von der CDU mit 21,4 Prozent.
Auffallend ist, dass vor allem die Klostermansfelder die Feuerwehr unterstützt haben. Bei einer Wahlbeteiligung von 64,6 Prozent hat die Freiwillige Feuerwehr Mansfelder Land hier mit 24,8 Prozent die meisten Stimmen bekommen und ist so die stärkste Kraft im Ort. Es folgen die AfD mit 22,8 Prozent und die CDU mit 12,0 Prozent.
Dass die Feuerwehr im Kreistag einen Sitz hat, ist allerdings nicht neu. 2019 hat sich die Feuerwehr schon einmal bei der Wahl aufstellen lassen und hier 2,4 Prozent erhalten.
Bürgermeister und Feuerwehrmann: "Politik hat plötzlich Spaß gemacht"
Dass man sich als Freiwillige Feuerwehr für eine Wahl aufstellen lassen dürfe, sei vollkommen legitim, erklärt Ochsner MDR SACHSEN-ANHALT. Der 49-Jährige ist seit seiner Kindheit bei der Freiwilligen Feuerwehr. Zwei Stunden vor dem Treffen war er selbst noch im Einsatz. Bis vor seinem Ehrenamt als Bürgermeister seit 2020 war er sogar als Wehrleiter in Klostermansfeld tätig. Nun arbeitet Ochsner als Feuerwehrgerätewart und ist, wie er sagt, in die hintere Reihe getreten.
Der Schritt mit der Feuerwehr in die Politik kam überraschend und entwickelte allmählich eine eigene Dynamik, erinnert er sich. Als Freiwillige Feuerwehr wollten sie mehr gehört werden und sind zuerst für den Gemeinderat angetreten. Ein Punkt, der Ochsner wichtig war, ist eine dauerhafte Einsatzfähigkeit der Feuerwehr vor Ort gewesen. "Wir haben versucht, unsere Feuerwehrleute und die Einsatzbereitschaft sicherzustellen und als Mitarbeiter auf dem Bauhof (Anm. d. Red.: auf dem Bauhof ist auch die Feuerwehr untergebracht) unterzubringen, sodass die Tageseinsatzbereitschaft für unseren Ort hier auch immer gewährleistet ist."
Politik hat dann plötzlich Spaß gemacht. Man kann was bewegen vor Ort. Hier geht es nicht um die große Politik, sondern manchmal um kleine Sachen. Dass das jetzt in den Kreistag hineinschwappt, freut mich sehr.
Das hat geklappt. Von da aus ging es dann weiter. 2010 zog die Feuerwehr in den Verbandsgemeinderat Mansfelder Grund-Helbra ein, 2019 folgte erstmals der Sprung in den Kreistag – und nun wieder. "Politik hat dann plötzlich Spaß gemacht", so der Bürgermeister. "Man kann was bewegen vor Ort. Hier geht es nicht um die große Politik, sondern manchmal um kleine Sachen. Dass das jetzt in den Kreistag hineinschwappt, freut mich sehr – dass wir dort unsere Stimme erheben und mit anderen Politikern gemeinsam etwas bewegen können", sagt er weiter.
Feuerwehr soll Alternative für Bürger sein
Allgemein soll die Feuerwehr-Fraktion eine Alternative zu den anderen Parteien darstellen. Denn die Menschen in und um Klostermansfeld seien von der großen Politik enttäuscht, wie Ochsner findet. "Die Politik aus Berlin vermischt sich mit der Politik auf kommunaler Ebene. Das ist ein Riesen-Problem. Das sieht man an den Ergebnissen hier im Landkreis, dass die renommierten Parteien dort regelrechte Abstürze erlebt haben", so der Bürgermeister.
Doch warum haben gerade in Klostermansfeld so viele Menschen der Freiwilligen Feuerwehr ihre Stimme gegeben? Ochsner selbst ist klar, dass die Feuerwehr hier mehr macht, als sie müsste, und so die Leute auf seine Seite zieht. "Wir leisten hier nicht nur das klassische Bekämpfen von Bränden, sondern haben uns auch aktiv in das Gemeindeleben integriert. Osterfeuer, Maibaumsetzen, Adventsmarkt – das sind also einige Dinge, wo sich die Feuerwehr über das normale Maß hinaus engagiert hat", sagt er.
Und scheinbar wirkt das: Hört man sich auf den Straßen in der Stadt um, ist die Stimmung zum Mitmischen der Feuerwehr in der Kommunalpolitik tatsächlich positiv. Eine Frau mit Kinderwagen sagt beispielsweise: "Es sind alle freundlich und immer an Ort und Stelle, wenn man sie braucht." Eine ältere Frau sagt: "Die machen sehr viel." Und eine Apothekerin erklärt: "Die Feuerwehr macht Veranstaltungen und ist nahbar. Wir kennen die Leute, wir wissen, wer das ist, und die haben es verdient."
Klostermansfeld soll lebenswerter für junge Menschen werden
Ochsner ist ein Macher, wie er es immer wieder betont, und will in seiner Stadt etwas bewegen. So wurden in seiner Amtszeit beispielsweise das Dorfgemeinschaftshaus grundlegend saniert und Grünanlagen im Ort neu geschaffen. Jetzt gerade werden die Chausseestraße erneuert, Fußwege barrierefreier gemacht und die Straße neu asphaltiert.
Wir müssen dem demografischen Wandel entgegentreten. Wir müssen Lebensbedingungen schaffen, die die Menschen auch von außerhalb in unseren Ort ziehen und die dann auch hier Einwohner von Klostermansfeld werden.
Klostermansfeld soll lebenswerter und liebenswerter werden – vor allem für junge Leute. Ochsner weiß: "Ich als Bürgermeister bin für fast 2.300 Einwohner zuständig und wir müssen dem demografischen Wandel entgegentreten. Wir müssen Lebensbedingungen schaffen, die die Menschen auch von außerhalb in unseren Ort ziehen und die dann auch hier Einwohner von Klostermansfeld werden."
Freiwillige Feuerwehr schließt sich FBM im Kreistag an
Im Kreistag hat Frank Ochsner künftig ein Mitspracherecht im Sinne der Feuerwehr Mansfelder Land. Der gebürtige Klostermansfelder wünscht sich durch die Wahl, dass die Gemeinde Gelder bekommt, die sie weiter voranbringt.
Um größeren Einfluss im Kreistag zu nehmen, schließt er sich der Fraktion Freie Bürger Mitteldeutschland (FBM) an. Das sind dann zusammen elf Sitze im Kreistag. Bei 48 Kreistagsmitgliedern hat das dann schon Gewicht. "In vorderer Linie geht es da nicht um Parteipolitik, sondern um die Politik für die Menschen hier vor Ort, im Landkreis, und das ist, denke ich, eine der wichtigsten Aufgaben, die ich dort habe – die Menschen zu vertreten, die mich gewählt haben", sagt der Bürgermeister.
Im Ort hat sich also einiges getan und es soll noch viel mehr passieren. Ochsner zieht es zum nächsten Termin. Nach dem Interview werden ein letztes Mal das Skizzenbuch und der Pinsel herausgeholt – diesmal um den Ort nochmal nachwirken zu lassen. Eine große Fläche wird blau, dann grün und gelb, etwas schwarze Farbe für die Schatten und ganz zum Schluss ein paar rote Tupfer.
MDR (Maximilian Fürstenberg)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 26. Juni 2024 | 19:00 Uhr
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