Leiche auf Feldweg gefunden Nach Bienenangriff: Imker hatte Auflagen laut Behörden erfüllt
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15. Mai 2023, 17:13 Uhr
In der Nähe von Hohenmölsen ist auf einem Feldweg eine Leiche gefunden worden. Es handelt sich um eine 66-jährige Frau, die vermutlich von Bienen angegriffen wurde. Die Polizei ermittelt. Ein Imker erklärt, wie es zum dem tragischen Unglück gekommen sein könnte.
- Eine Vergiftung durch Bienenstiche hat vermutlich zum Tod der älteren Frau geführt.
- Experten erklären, warum sich die Insekten so aggressiv verhalten haben könnten und was man bei einem Bienen-Angriff tun kann.
- Im Frühjahr sind Bienen laut Experten häufig unterwegs und auf der Suche nach einer neuen Unterkunft.
Der Besitzer der Bienen, die bei Hohenmölsen vermutlich eine ältere Frau getötet haben, hat die Auflagen der Behörden für seine Stöcke erfüllt. Das teilte der Burgenlandkreis MDR SACHSEN-ANHALT am Montag mit. So habe er sich ordnungsgemäß gemeldet und angezeigt, dass er mit seinen Bienenvölkern wandere. "Er hat das notwendige Gesundheitszeugnis für seine Bienen vorgelegt und die Standorte für die Bienen zur Kenntnis gegeben", teilte eine Sprecherin mit. Der Wanderimker habe sich nach dem Vorfall telefonisch beim Veterinäramt gemeldet und sei selbst tief betroffen.
Todesursache nicht vollständig geklärt
Die Frau ist vermutlich an einer Vergiftung in Folge einer großen Zahl von Bienenstichen gestorben. Das teilte die Polizei am Montag mit und bezog sich auf die Angaben einer Notärztin. Die inzwischen identifizierte, 66 Jahre alte Frau war am Samstagmorgen offenbar von einem Bienenschwarm angegriffen worden. Die genaue Todesursache steht laut Polizei aber noch nicht fest. Ebensowenig, ob es ein Obduktion geben wird.
Aggressive Bienen: Experten mit Erklärungsversuchen
Warum die Tiere sich derart aggressiv verhielten, ist noch unklar. Erklärungsansätze kommen von Bienen-Experten aus Sachsen-Anhalt. Laut Professor Dr. Robert Paxton, der seit 2010 an der Martin-Luther Universität Halle/Wittenberg zu Bienen forscht, könnten die Tiere zum Beispiel schon früher am Tag aufgeschreckt und gestört worden sein, zum Beispiel durch eine Mähmaschine. Es könne auch sein, dass der Verlust der Bienenkönigin das Volk aufgestört habe. Auch der Geruch von Haarspray, Parfum oder Aftershave könne Bienen in Alarmzustand versetzen: "Sie verwechseln Stoffe dieser Produkte mit dem Bienen-eigenen Alarm-Pheromon und schalten dann auf Verteidigungs-Modus", so Paxton. Bienen würden jedenfalls nur aggressiv, wenn sie sich in Gefahr sähen.
Für den Vorsitzenden des Imkervereins Magdeburg, Frank Steyer, könnte die Ursache für den Angriff im Standort der Bienenstöcke begründet sein. Steyer konnte nach eigenen Angaben Bilder vom Ort des Geschehens in Hohenmölsen sichten. So seien die Bienenstöcke bei einem Rapsfeld direkt an einem Feldweg aufgestellt worden – "ungeschickter Weise" auf der vom Rapsfeld getrennten Seite. "Um zum Raps zu gelangen, mussten die Bienen also den Weg überqueren", sagte Steyer MDR SACHSEN-ANHALT am Montag. "Wenn dann da einer lang geht, ist das nicht so schön."
Laut Steyer greifen Bienen Menschen an, wenn diese in die Nähe der Einfluglöcher der Stöcke kommen. "Wenn man sich davor stellt, wird man gestochen und wenn man sich dann nicht schnell entfernt, wird man auch häufig gestochen." So könnte es der Frau ergangen sein, die tot aufgefunden wurde. In Hohenmölsen standen laut Steyer noch dazu gleich zwölf Völker, was rund 600.000 Bienen entspreche. Aus seiner Sicht war der Weg so gar nicht mehr nutzbar.
Bienen-Angriff: Was tun?
Um die 250 Stiche sind bei gesunden Menschen tödlich, erklärt der Vorsitzende des Imkervereins Magdeburg, Frank Steyer. "Bei Allergikern kann dagegen schon ein Stich zum Tod führen." Werde man von einem Schwarm angegriffen, sei es wichtig, nicht nach den Insekten zu schlagen, nicht hektisch zu werden und sich schnellstmöglich aus dem Flugbereich der Tiere zu entfernen. "Normalerweise verfolgen einen die Schwärme nicht", so der Experte.
Die 66-Jährige hat nach bisherigem Ermittlungsstand vermutlich Blumen am Feldrand pflücken wollen, als sie von zahlreichen Bienen angegriffen und gestochen worden sei. Die Bergung der Leiche sei "äußerst schwierig" gewesen, erklärte die Polizei. Auch die Einsatzkräfte seien sofort von den Bienen angegriffen worden. Sie hätten sich in ihren Funkwagen zurückziehen müssen. Erst ein Imker habe die Bienen wieder beruhigen können.
Bienenschwärme im Frühjahr unterwegs
Erst in der vergangenen Woche war es in Bernburg zu einem Zwischenfall mit einem Bienenschwarm gekommen. Hier hatten sich Tausende Tiere auf einem Auto niedergelassen und den Fahrer eingeschlossen. Für Imker Frank Steyer nichts Außergewöhnliches. Im Frühjahr begebe sich die Hälfte eines Schwarms auf die Suche nach einer neue Unterkunft. Dann ließen sich 10.000 bis 20.000 Bienen an Bäumen, Hauswänden oder eben wie in Bernburg an einem Auto nieder, während Kundschafterinnen nach geeigneten Plätzen für ein neues Nest suchen würden.
In dieser Situation seien die Tiere jedoch in der Regel nicht gefährlich. "Die Bienen interessieren sich in dem Moment kaum für ihr Umfeld. Selbst wenn man direkt in den Schwarm läuft, wird man wahrscheinlich nicht gestochen", beruhigt der Imker. Er rät, sofort den Imkerverein zu rufen, wenn frei herumfliegende Schwärme gesichtet würden. "Wenn sie irgendwo offen herumhängen, ist es für uns leichter, sie einzufangen, als wenn sie sich bereits irgendwo ungebeten eingenistet haben."
AFP, MDR (Moritz Arand, Dirk Jacobs, Julia Heundorf, Guido Hensch, Daniel Salpius) | Zuerst veröffentlicht am 14. Mai 2023
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 15. Mai 2023 | 07:30 Uhr