Billigprodukte im Supermarkt Diese Folgen hat gepanschter Honig für Imker in Sachsen-Anhalt
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12. April 2025, 05:00 Uhr
Er ist gesund und schmeckt für viele obendrein auch lecker. Die Rede ist von Honig. Bald schwirren die Bienen im Land wieder aus, um Blütennektar zu sammeln. Aber viele Imker in Sachsen-Anhalt sind sauer. Der Grund: Immer häufiger wird gepanschter Honig zu günstigeren Preisen angeboten. Heimische Bienenzüchter haben das Nachsehen.
Andreas Michaelis krempelt die Ärmel hoch. Die Vorbereitungen auf die neue Honig-Saison sind bereits in vollem Gange. "Wenn die Kirschblüte kommt, geht's hier richtig los", sagt der Dessauer Imker. Michaelis ist Herr von einer halben Million Bienen. Bald werden die nützlichen Insekten ausschwärmen.
Der erste Honig des Jahres heißt bei Michaelis "Frühjahrsblüte". "Das ist richtig Arbeit, ich betreue die Bienen das ganze Jahr und das ist ein großer Aufwand und ab und zu gibt's auch einen Stich." Der 58-Jährige lacht. Sein Hobby betreibt er mit viel Leidenschaft. Reich wird er damit nicht. Seinen Honig verkauft der Dessauer für 12 Euro je Kilogramm.
Imker aus Sachsen-Anhalt können mit Billigangeboten kaum mithalten
Mit den Billigangeboten im Supermarkt können Michaelis und seine Imkerkollegen in den mehr als 60 Vereinen in Sachsen-Anhalt nicht mithalten. "Der gepanschte Honig ist mit Zuckersirup gestreckt, das ist eigentlich kein Honig mehr, die gesunden Inhaltsstoffe fehlen ja ganz oder teilweise."
Etikettenschwindel nennt es Michaelis. Gepanschter oder gestreckter Honig ist für Laien nicht oder kaum zu erkennen, weiß auch Alexander Heinrich von der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt. Der Lebensmittel-Chemiker spricht von einer bewussten Kundentäuschung. "Es wird etwas verkauft, das nicht echt ist. Echter Honig wird hier mit Zuckersirup aus Reis oder Mais verdünnt".
Spannende Fakten zur Biene
– Honigbienen sind die drittwichtigsten Nutztiere neben Rind und Schwein.
– Für 500 Gramm Honig fliegen Arbeitsbienen rund 40.000 mal aus und legen eine Flugstrecke von gut 120.000 Kilometern zurück.
– An einem Tag fliegt eine Biene bis zu 30 mal aus und besucht bis zu 300 Blüten.
– Honigbienen bleiben während eines Sammelflugs immer einer Blütenart treu.
– Der Durchschnittsverzehr von Honig liegt in Deutschland bei einem Kilo pro Kopf und Jahr.
– In Deutschland gibt es schätzungsweise 143.000 Imkerinnen und Imker mit insgesamt rund 964.000 Bienenvölkern.
Quelle: Deutscher Imkerbund
Dass Honig gestreckt wurde, ist schwer zu erkennen – höchstens am Preis
Und da damit hohe Gewinne möglich seien, komme das immer häufiger vor. Honig gehöre zu den Lebensmitteln, die besonders häufig verfälscht werden, so Heinrich. Untersuchungen der Europäischen Kommission hätten ergeben, dass fast jede zweite getestete Honigprobe gestreckt gewesen sei. Jedoch sei der Nachweis schwierig. "Man kann Sirup auf chinesischen Plattformen kaufen, die werben mit Zertifikaten, dass sie gängige Analyseverfahren zur Echtheit von Honig bestehen."
Es sei wie der endlose Kampf gegen Dopingsünder im Sport. Ließe sich ein Präparat bei Kontrollen nachweisen, werde ein anderes verwendet. So bleiben auch die Honigpanscher oft unentdeckt, wenn die Methoden ständig angepasst werden. Und das Geschäft lohnt sich. Honig ist beliebt, der Konsum steigt weltweit. Um den deutschen Honighunger zu decken, wird vermehrt importiert, etwa aus Mexiko, Argentinien und China.
Imkerverband Sachsen-Anhalt: "Gesamte Imkerei gerät unter Druck"
Das jedoch bereitet den Bienenzüchtern hierzulande zunehmend Probleme, berichtet Paul Schenk. Er ist der Vorsitzende des Imkerverbands Sachsen-Anhalt mit mehr als 2.300 Mitgliedern. Gerade im ländlichen Raum werde es für regionale Imker immer schwieriger, ihren Honig zu adäquaten Preisen an den Kunden zu bringen. Oft bleibe dann nur der Großhandel als Absatzmarkt. Dort würden aber lediglich um die zwei Euro pro Kilogramm gezahlt. Ein Minusgeschäft. Damit gerate die gesamte Imkerei unter Druck, die sinkende Zahl der Bienenvölker sei bereits ein beunruhigendes Zeichen, so Schenk.
Ziel muss sein, die Fälschung von Honig so teuer zu machen, dass es sich nicht mehr lohnt.
Aber lässt sich verhindern, dass gepanschter Honig in großen Mengen zu Schnäppchenpreisen in Supermärkten angeboten wird? Die Verbraucherschützer fordern zunächst bessere Kontrollen, beweissichere Analyse-Methoden, etwa mittels DNA-Profilen: "Ziel muss sein, die Fälschung von Honig so teuer zu machen, dass es sich nicht mehr lohnt", sagt Heinrich. Und bis dahin? Misstrauisch bleiben, gerade wenn Honig zu Schleuderpreisen angeboten wird, so der Lebensmittelexperte.
Verbraucherzentrale: Lieber auf Honig aus der Region setzen
Heinrich zufolge sollte man auf Honig regionaler Produzenten zurückgreifen. "Für einen Hobbyimker wäre der Aufwand viel zu groß, den Honig zu strecken", meint er. Bienenzüchter wie Andreas Michaelis arbeiten ohnehin oft transparent. So betreibt der 58-Jährige eine kleine Lehrimkerei am Ufer der Mulde. Dort können Besucher nicht nur viel Wissenswertes über die Geschichte der Bienenzucht erfahren, sondern auch hautnah dabei sein, etwa wenn Honig geschleudert wird. "Die Leute können mir über die Schultern gucken, wenn ich den Bienen den Honig wegnehme, bis zur Abfüllung ins Glas."
Und natürlich darf auch gekostet werden. "Dann spüren die Kunden schon den Unterschied zum Supermarkt-Honig", erzählt Michaelis und lächelt. An echten Honig kommt seiner Meinung nach keine Fälschung heran. Zudem sei es umweltfreundlich, Honig bei regionalen Imkern zu kaufen, sagt der Dessauer Bienenzüchter. Denn so werde die natürliche Bestäubung heimischer Blüten aktiv unterstützt.
MDR (Martin Krause, Kalina Bunk)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 11. April 2025 | 07:40 Uhr
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