Südliches Anhalt Wie Bürger an der Energiewende beteiligt werden
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Von Andreas Manke, MDR SACHSEN-ANHALT
20. November 2023, 13:34 Uhr
Bürgerbeteiligung ist ein wichtiger Faktor bei der Umsetzung der Energiewende und für den Rückhalt erneuerbarer Energien. Ein regionales Energiekonzept unter Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger wird gerade in der Stadt Südliches Anhalt umgesetzt. Es umfasst ein Bürger-Windrad, einen Bürger-Stromtarif und den Aufbau von Nah-Wärme-Netzen mit Strom aus regionaler Energieerzeugung.
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In Sachsen-Anhalt gibt es bisher nur wenige Bürger-Energie-Projekte.
- Ein umfangreiches Energiewende-Projekt mit Bürgerbeteiligung wird derzeit in der Stadt Südliches Anhalt realisiert.
- Im nächsten Jahr ist Baustart für den Aufbau der Nah-Wärme-Netze.
Um die Energieversorgung in Zukunft nachhaltiger zu gestalten, muss der Verbrauch fossiler Energieträger weiter gesenkt werden. Erdgas, Erdöl und Kohle sollen ersetzt werden, indem Anlagen für Windenergie und Freiflächen-Fotovoltaik flächenmäßig ausgebaut werden. Die Akzeptanz in der Bevölkerung ist dafür eine wichtige Voraussetzung. Bei der Landesenergieagentur Sachsen-Anhalt GmbH (LENA) ist deshalb vor etwa einem Jahr die Service-Stelle "Erneuerbare Energien" gegründet worden.
Sie unterstützt Projekte, bei denen die örtliche Bevölkerung am Ausbau der erneuerbaren Energien partizipiert. Die wirtschaftliche Teilhabe sei nämlich ein wichtiger Faktor für den Rückhalt erneuerbarer Energien, so die Landesenergieagentur (LENA). Besonders niedrigschwellige Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung seien finanzielle Beteiligungen oder ein Bürger-Stromtarif im Umfeld, beispielsweise von Windkraftanlagen. Laut LENA gibt es über Projekte zur Bürgerbeteiligung keine vollständige Übersicht. Es gelte aber als sicher, dass es zumindest derzeit in Sachsen-Anhalt nur wenige laufende Projekte mit Bürger-Strom-Angeboten oder Bürgerbeteiligungen gibt.
Bürger-Energie-Projekte in Sachsen-Anhalt
Ein Projekt ist zum Beispiel der Windpark Druiberg im Landkreis Harz. Seit Beginn dieses Jahres gibt es einen vergleichsweise günstigen Bürger-Stromtarif, der für alle Haushalte in Dardesheim, Badersleben und Rohrsheim gilt. Der Arbeits-Preis liegt bei 28 Cent, wenn der Jahresverbrauch für einen Haushalt nicht höher als 5.000 Kilowattstunden beträgt.
Die Genossenschaft "Landwirtschaftliches Unternehmen Tangeln" im Altmarkkreis Salzwedel bietet ihren Mitgliedern ganzjährig warmes Wasser und Heiz-Wärme aus der Biogasanlage. Im Vergleich zur Wärme-Versorgung mit einer Gasheizung zahlen Mitglieder etwa nur die Hälfte. Tangeln ist eines von drei Energie-Dörfern in Sachsen-Anhalt und wurde vor zwei Jahren als Energie-Kommune des Monats ausgezeichnet.
Weitere Projekte sind die Bürger-Energie-Genossenschaften Helionat in Magdeburg und die BürgerEnergie Altmark in Salzwedel.
Energiewende-Projekt Stadt Südliches Anhalt
Ein Projekt, mit der die Energiewende im ländlichen Raum zusammen mit der dort lebenden Bevölkerung realisiert werden soll, wird zurzeit in der Einheitsgemeinde Stadt Südliches Anhalt umgesetzt. Diese besteht aus 24 Ortschaften mit 51 Dörfern, in denen rund 13.200 Einwohner leben. Damit dürfte dieses Energiewende-Projekt zu einem der größten im Land zählen. Der Umbau des Energie-Konzeptes hin zu einer nachhaltigen Energieversorgung beruht auf drei Säulen, erklärt der Ortsbürgermeister der Gemeinde Werdershausen, Thorsten Breitschuh. Eine der Säulen ist die Bürgerbeteiligung durch eine Bürger-Windkraftanlage, eine weitere Säule ist der Bürger-Strom mit günstigen Konditionen und die dritte Säule ist die Wärme-Versorgung aus Nah-.Wärme-Netzen.
Bürgerbeteiligung durch Bürger-Windrad
Das Bürger-Windrad soll im Windpark Trebbichau realisiert werden. Dieser Windpark wird jetzt "repowert". Das heißt: Dieser wird durch Kraftwerks-Erneuerung mit leistungsfähigeren Windkrafträdern effizienter gemacht. Im Zuge dieses Repowering-Projektes soll für acht Millionen bis zehn Millionen Euro eine rund 250 Meter hohe Bürger-Windkraftanlage gebaut werden, die eine Leistung von sechs Megawatt hat und um die 15 Millionen Kilowattstunden liefert. Bürger können sich am Bau finanziell beteiligen und somit als Miteigentümer auftreten. Miteigentümer würden dann wie jeder andere Unternehmer vom Gewinn der Windkraftanlage profitieren, die diese Anlage erwirtschaften wird. Zur Realisierung des Projekts wurde 2020 eine GmbH gegründet und das Bebauungsplan-Verfahren beantragt, sodass voraussichtlich bis 2025 das Windrad gebaut werden kann, sagt Breitschuh.
Regionale Windkraftanlage mit Bürger-Stromtarif
Bürger-Stromtarif bedeutet, dass die Bürger das Recht bekommen, subventionierten Strom vom Windpark-Betreiber vor Ort zu bekommen. Seit dem Jahr 2018 gab es in Teil-Flächen der Stadt Südliches Anhalt schon einen Bürger-Stromtarif mit 24 Cent pro Kilowattstunde, der vom Betreiber eines Windparks vor Ort angeboten wurde, der damals "repowert" hat und mit dem günstigeren Stromtarif die Akzeptanz der Windräder bei der Bevölkerung erhöhen wollte, so Breitschuh. Mittlerweile gibt es für neun Euro pro Monat Grundpreis und einen Arbeits-Preis von 26 Cent pro Kilowattstunde den Bürger-Stromtarif für die gesamte Bevölkerung der Stadt Südliches Anhalt von Wörbzig bis nach Quellendorf.
Wärme-Versorgung durch Nah-Wärme-Netze
Zukünftig hat jeder Haushalt die Möglichkeit, an ein Nah-Wärme-Netz angeschlossen zu werden. Die Stadt Südliches Anhalt hat bereits einen städtebaulichen Vertrag mit den Renergiewerken Fuhne und mit der ausführenden Firma GP Joule abgeschlossen, sagt Ortsbürgermeister Breitschuh. Demnach werden zehn neue Windkraftanlagen und 350 Hektar Freiflächen-Fotovoltaik aufgebaut, um bis zum Jahr 2030 die 26 neu entstehenden Wärme-Netze mit Energie versorgen zu können. Baustart soll im kommenden Frühjahr sein. Dann werden in etwa einem Meter Tiefe in jeder Straße und vor jedem Haus die Nah-Wärme-Leitungen verlegt.
Andrea Behr von der Firma GP Joule spricht im Hinblick auf die Nah-Wärme-Netze von einem integrierten Energie-System. Aus Wind und Sonne wird vor Ort Strom erzeugt, der große Luft-Wärmepumpen antreibt. Das erhitzte Wasser wird in großen Wärmespeichern zwischengespeichert. Über isolierte Groß-Wasserleitungen kommt die Wärme dann direkt zu jedem Haushalt. Der Wärme-Preis soll elf Cent pro Kilowattstunde betragen und wird für zehn Jahre festgesetzt. Für bis zu zehn Meter Hausanschluss-Leitung fallen keine Anschluss-Kosten oder Grundgebühren an. Wartungs- und Reparaturkosten trägt die Betreibergesellschaft. Abgerechnet wird nur der tatsächliche Wärmeverbrauch, so Behr.
Vor- und Nachteile der Nah-Wärme-Netze
Der Ortsbürgermeister Thorsten Breitschuh sieht für Endkunden eines Nah-Wärme-Netzes unter anderem einen Vorteil im Wegfall von Investitionen in eine neue Heizungsanlage. Zum Beispiel wären für eine Wärmepumpe mit Fotovoltaik 50.000 bis 60.000 Euro eine realistische Investitionssumme. Diese Ausgaben fielen dann weg. Lediglich Kosten zwischen 2.000 und 3.000 Euro blieben für die Umschließung des bestehenden Heizungs-Systems. Allerdings sei dieses Energie-Projekt neben den Vorteilen für die Bürger auch mit Einschränkungen verbunden. Etwa 1,8 Prozent der Gemeinde-Fläche würde zukünftig mit Fotovoltaikanlagen belegt werden und es sollen neue Windkrafträder gebaut werden, die noch höher seien als die bestehenden.
MDR (Andreas Manke)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 30. Oktober 2023 | 13:30 Uhr
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