MDRfragt Mehrheit findet Verbot von Genderzeichen an Schulen richtig
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25. September 2023, 05:00 Uhr
Lehrkräfte in Sachsen und Sachsen-Anhalt dürfen nicht mehr "Lehrer:innen" schreiben oder sagen, wenn sie unterrichten. In Thüringen wird ein Verbot von Genderzeichen diskutiert. In einer MDRfragt-Umfrage halten die meisten Teilnehmenden die Verbannung von Gender-Sonderzeichen für richtig. Unter den knapp 29.000 Befragten aus Mitteldeutschland meint gleichzeitig eine deutliche Mehrheit: Grundsätzlich sollten alle selbst entscheiden, wie sie sprechen oder schreiben.
- Großteil der Befragten befürwortet, dass Genderzeichen an Schulen in Sachsen und Sachsen-Anhalt verbannt wurden.
- Zwei Drittel finden: Es sollte eine persönliche Entscheidung sein, ob jemand gendert oder nicht
- Die Frage, wann Sprache diskriminierungsfrei ist, beantworten die Befragten sehr unterschiedlich.
Darf an den Schulen gegendert werden und wenn ja, wie? Das Bildungsministerium in Sachsen hielt es für notwendig, den Gebrauch von Sonderzeichen zum Gendern im Schulalltag zu untersagen und hat sein Genderzeichen-Verbot zuletzt ausgeweitet. Zum neuen Schuljahr verbannte auch Sachsen-Anhalt Sonderzeichen im Wortinneren, um zu gendern. "Lehrkräfte" oder "Schülerinnen und Schüler" sind als Gender-Formen erlaubt und empfohlen. Varianten wie "Lehrer:in" oder "Schüler*innen" hingegen dürfen nicht genutzt werden. Die Vorgaben für Schulen sorgten zuletzt für viele Diskussionen.
Großteil der Befragten befürwortet Verbannung von Genderzeichen an Schulen
Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatten wollten wir von der MDRfragt-Gemeinschaft wissen, was sie von Genderzeichen-Verboten an Schulen halten und wie sie selbst auf geschlechtergerechte Sprache im Alltag blicken.
Die aktuelle Befragung von MDRfragt ergibt: Viele Menschen in Mitteldeutschland sind tendenziell für das Verbot. Ein Großteil der Befragten (85 Prozent) findet es richtig oder eher richtig, dass Genderzeichen an Schulen nicht mehr verwendet werden dürfen. Jede und jeder Zehnte hält diese Einschränkung für falsch oder eher falsch. Insgesamt haben sich fast 29.000 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen an der Umfrage beteiligt.
Ein Drittel der Unter-30-Jährigen gegen Genderzeichen-Verbot im Unterricht
Die mehrheitliche Zustimmung zu den Einschränkungen in Schule und Unterricht bei der gendergerechten Sprache zieht sich durch alle Altersgruppen. Aber: Wer unter 30 ist, hält das Verbot von Gender-Zeichen im Unterricht und in der Schulkommunikation deutlich häufiger für falsch als die älteren Befragten. So findet ein Drittel der teilnehmenden 16- bis 29-Jährigen die Einschränkungen für Gendern im Unterricht falsch. Insgesamt zeigt sich: Je älter die Befragten sind, desto häufiger befürworten sie die Verbannung der Gender-Sonderzeichen aus der Schule.
Die Ergebnisse von MDRfragt sind nicht repräsentativ. Sie werden aber nach wissenschaftlichen Kriterien gewichtet, um die Aussagekraft zu erhöhen. Das heißt, die Verteilung verschiedener Merkmale wie Alter, Abschluss oder Geschlecht unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern werden so ausgeglichen, dass sie der Verteilung in der mitteldeutschen Bevölkerung entsprechen. Da die Befragten nicht nur ihre grundsätzliche Position angeben, sondern ihre Meinung oft begründen, erlaubt das Meinungsbarometer MDRfragt, die Argumente der verschiedenen Meinungsspektren aufzuzeigen. MDRfragt wird wissenschaftlich beraten und begleitet.
Genderzeichen-Verbote auch politisches Thema in Thüringen
Am 25. September wurde bei "Fakt ist!" aus Erfurt unter der Überschrift: "Im Namen der Gerechtigkeit – der Streit ums Gendern" über das Thema diskutiert. Anlass ist ein Gesetzentwurf der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag. Die Oppositionsfraktion will damit gesetzlich regeln, dass in der Thüringer Landesverwaltung keine Genderzeichen verwendet werden dürfen. Eine solche Vorschrift würde auch für Schulen gelten. Der Gesetzentwurf verweist darauf, dass staatliche Einrichtungen "soweit wie möglich geschlechtsneutrale Bezeichnungen" wählen sollten, aber eben keine Gender-Sterne, Gender-Doppelpunkte oder ähnliche Sonderzeichen im Wortinneren.
In der Sendung wurden auch Befragungsergebnisse präsentiert – und die eingeladenen Politikerinnen Beate Meissner (CDU) und Madeleine Henfling (Bündnis 90/Die Grünen) reagierten darauf.
Was aus Sicht der jungen Befragten für die Verbannung von Gender-Sonderzeichen spricht
Wie begründen diejenigen ihre Haltung, welche die Vorgaben der Bildungsministerien in Sachsen und Sachsen-Anhalt zu Gendern ohne Sonderzeichen begrüßen? Werfen wir zunächst einmal einen Blick auf die Befragten unter 30 Jahren, deren Schulzeit am kürzesten zurückliegt.
Schulkinder hätten im Vergleich zu den Jahrgängen vor zehn Jahren jetzt schon häufiger Nachholbedarf, meint Alica (22) aus Halle. Deswegen sollte jetzt nicht noch ein zusätzlicher Fokus auf gendergerechte Sprache gelegt werden. "Sie stört, gerade bei Grundschulkindern, den Lesefluss und das Leseverständnis."
Zudem verhindert dieses Gebot, dass Schulen Orte der politischen Kontroverse werden.
Auch Jonathan (20) aus dem Landkreis Mittelsachsen argumentiert, dass Texte ohne Genderzeichen leichter zugänglich für Kinder seien. "Zudem verhindert dieses Gebot, dass Schulen Orte der politischen Kontroverse werden." Der 20-Jährige spricht sich dafür aus, das Verbot auf andere staatliche Einrichtungen auszuweiten.
Für Julia (21) aus dem Landkreis Börde ist Gleichberechtigung ein wichtiges Thema, das mehr Raum in der Gesellschaft einnehmen sollte – aber nicht über den Weg, dass die deutsche Sprache "zwanghaft verändert wird". "Zumal die Verwendung von zum Beispiel 'Lehrenden' sinnentstellend und die Nutzung von Sonderzeichen grammatikalisch und sprachlich einfach falsch ist."
Zum Ausklappen: Geschlechtergerechte Personenbezeichnungen
Laut Duden gibt es verschiedene regelkonforme Möglichkeiten für geschlechtergerechte Sprache:
- Die Doppelnennung femininer und maskuliner Formen: Kolleginnen und Kollegen mit der Verkürzungsmöglichkeit Kolleg/-innen
- geschlechterneutrale Bezeichnungen: Mensch, Person, Mitglied, Gast
- Partizipformen im Plural: Studierende, Lehrende, Abgeordnete, Gewerbetreibende
- Sachbezeichnungen: Staatsoberhaupt, Leitung, Kollegium
Zudem zeigt die Duden-Redaktion Möglichkeiten auf, Personenbezeichnungen zu umgehen, um geschlechtergerecht zu formulieren:
- mit einem Adjektiv: "ärztlicher Rat" statt "Rat des Arztes", "verfasst von" statt "Verfasser"
- mit direkter Anrede: "Sie werden benachrichtigt." statt "Antragsteller werden benachrichtigt."
- Passiv- oder Wir-Form: "Es muss Folgendes beachtet werden" oder "Wir müssen Folgendes beachten" statt "Mitarbeiter müssen Folgendes beachten".
- Relativ-Sätze: "Alle, die teilnehmen..." statt "alle Teilnehmer...".
Nicht vom amtlichen Regelwerk abgedeckt sind Schreibweisen mit Genderzeichen im Wortinneren:
- Genderstern (Asterisk): Schüler*innen
- Binnen-I (großer Buchstabe im Wortinneren): SchülerInnen
- Gender-Gap (Unterstich, Doppelpunkt): Schüler_innen, Schüler:innen
- mit Schrägstrich ohne Ergänzungsstrich: Schüler/innen
Quelle: Duden.de
Was sagen jene, die das Genderzeichen-Verbot falsch finden?
Doch es gibt auch einige MDRfragt-Mitglieder, die genau die gegenteilige Position einnehmen: Ein sehr häufiges Argument formuliert unter anderem Franziska (20) aus Halle: "Jeder Mensch sollte selbst entscheiden können, wie er sich ausdrückt. Sowohl eine Pflicht als auch ein Verbot von geschlechtergerechter Sprache finde ich falsch und ein Gesetz in diese Richtung überflüssig."
Und für Alexander (19) aus Dessau-Roßlau gilt der Grundsatz: "Geschlechtergerechte Sprache ist freiwillig und sollte freiwillig bleiben." Er hält ein Verbot von Genderzeichen an Schulen vor diesem Hintergrund für falsch und ergänzt: "Ich würde aus Prinzip in jeder meiner schriftlichen Abgaben gendern und mich dann darüber beschweren, wenn es mir als falsch angestrichen wird, da die konservative Richtung immer gemeint hat, dass Gendern die 'normale' Sprache verbieten würde und jetzt selbst Sprache verbietet."
Sowohl eine Pflicht als auch ein Verbot von geschlechtergerechter Sprache finde ich falsch und ein Gesetz in diese Richtung überflüssig.
Für Devin (20) aus Erfurt gilt der Grundsatz, dass alle Formen von Sprache erlaubt sein sollten, die niemanden verletzen. "Den Kindern werden diese Schreibweisen früher oder später sowieso begegnen. Es kann ja nicht so schwer sein, ihnen einmal kurz zu erklären, dass das Schreibweisen sind, die gleichzeitig Männer und Frauen (und alle dazwischen) bezeichnen und dass die einfacher und kürzer sind als 'Lehrerinnen und Lehrer'."
Zum Ausklappen: Weitere Stimmen aus der MDRfragt-Gemeinschaft
- Uwe (64) aus dem Landkreis Görlitz findet, es müsse an Schulen primär darum gehen, Bildung zu vermitteln: "Dazu genügt es, im Unterricht zu erwähnen, dass es Menschen gibt, die eine andere Sprachform bevorzugen und kurz anzureißen, wie das funktioniert. Im normalen Deutschunterricht hat Gendern nichts zu suchen."
- Andreas (27) aus dem Landkreis Zwickau meint: "Es gibt genügend Probleme an den Schulen. Beim Lehrermangel sollte man nicht noch den reinen Spracherwerb verkomplizieren."
- "Es gibt tausend Probleme an Schulen – und über das banalste wird diskutiert." (Nadja, 28, aus Halle)
- Auch Bärbel (64) aus Gera findet das Genderzeichen-Verbot an Schulen richtig, "da schlecht verständlich. Wenn beide Geschlechter angespochen werden sollen, dann muss man sich eben mehr Zeit nehmen und 'Lehrerinnen und Lehrer' beziehungsweise neutral 'Lehrkräfte' oder 'Lehrende' verwenden."
- "Als Lehrer fühle ich mich durch dieses Verbot bevormundet", kommentiert hingegen Werner (33) aus Magdeburg das Genderzeichen-Verbot an Schulen und auch Juliane (34) aus Leipzig meint: " Die Zensur an Schulen ist unhaltbar. Ich darf als Lehrerin in meinen Elternbriefen keine Binnen-is oder ähnliches nutzen; Kooperationspartner der Schule auch nicht. Nur die doppelte Formel für männliche und weibliche Menschen oder die Partizipialform ist erlaubt."
- Christiane (59) aus dem Landkreis Sömmerda verweist auf andere Prioritäten: "Wenn sie keine anderen Sorgen haben. Gibt wichtigere Sachen. Vielleicht sollten erst mal genug Lehrer zu Verfügung stehen und die deutsche Sprache vermitteln."
- Paulin (34) aus Leipzig findet das Genderzeichen-Verbot falsch, plädiert aber gleichzeitig dafür, das generische Maskulinum zu verwenden: "Ein Verbot finde ich nicht gut. Wenn das jemand nutzen möchte, ist das okay. Beim * geht es ja um die Menschen, die sich weder als weiblich noch männlich sehen. Und es geht darum, dass man sie sichtbar macht. Wenn das jemandem wichtig ist, sollte man das nicht verbieten. Alle sind Menschen. Deshalb bin ich für Begriffe, die alle beinhalten. Dazu zählt auch Lehrer. Oder Studenten. Frauen können Lehrer und Studenten sein, auch Männer und alle mit anderem Geschlecht."
- Kay (51) aus dem Ilm-Kreis hält die Verbannung der Genderzeichen im Unterricht hingegen für falsch: "Immer soll gleich alles verboten werden. Warum?"
- Auch Karin (41) aus Erfurt ist gegen das Genderzeichen-Verbot an Schulen: "Das sind Sprachverbote, die lediglich das Patriarchat zementieren."
Zwei Drittel meinen: Alle sollten selbst entscheiden, ob sie gendern
Obwohl ein Großteil der Befragten begrüßt, wenn Genderzeichen in Schule und Unterricht verboten sind, meinen gleichzeitig zwei Drittel: Es sollte eine persönliche Entscheidung sein, ob jemand geschlechtergerecht formuliert oder nicht. Jede und jeder Vierte findet hingegen: Das sollte eher keine individuelle Entscheidung sein.
Dazu schrieb uns ein 21-Jähriger aus dem Landkreis Görlitz: "Jede und jeder sollte reden dürfen, wie er oder sie möchte. Hätten Menschen nicht angefangen, Dinge zu benennen und sich zu entwickeln, dann würden wir uns immer noch mit Grunzlauten unterhalten. Manchmal klingt die Debatte ums Gendern aber ähnlich intelligent."
Jede und jeder sollte reden dürfen, wie er oder sie möchte. Hätten Menschen nicht angefangen, Dinge zu benennen und sich zu entwickeln, dann würden wir uns immer noch mit Grunzlauten unterhalten.
Auch die Befragte Martina (68) aus dem Landkreis Sonneberg findet, es sollte jeder und jedem frei stehen, zu gendern. Sie selbst mache das jedoch nicht: "Ich finde das alles übertrieben, da hat wohl jemand Langeweile. Ob jemand sagt, sie ist Köchin oder Koch, ist mir egal. Hauptsache das Essen schmeckt."
Männliche Form wird mehrheitlich bevorzugt
Und wie halten es die Befragten persönlich mit geschlechtergerechten Formulierungen? Wir wollten wissen, welche Schreibweise von Personenbezeichnungen am liebsten gelesen wird. Mit großem Abstand vorn: das sogenannte generische Maskulinum, also die männliche Schreibweise. Knapp jede und jeder Dritte präferiert gendergerechte Schreibweisen, allerdings mit sehr unterschiedlichen Vorlieben: Die Beidnennung von männlicher und weiblicher Form wurde häufiger genannt als geschlechterneutrale Partizipformen. Nur zwei Prozent gaben an, dass ihnen Schreibweisen mit Genderzeichen im Wortinneren am liebsten sind.
Unterschiedliche Sicht darauf, wann Sprache diskrimierungsfrei ist
Zu jenen, die das sogenannte Gender Gap, also Personenbezeichnungen mit Sonderzeichen im Wortinneren, präferieren, gehört MDRfragt-Mitglied Paula (20) aus Gera: "Ich bevorzuge gendergerechte Sprache mit Gender Gap, da wirklich jede*r angesprochen und sichtbar gemacht wird. Die Gewalt und der Hass gegen Trans-Personen steigt. Für mich als Betroffene*r und für all meine Freund*innen ist Sichtbarkeit wichtig, damit wir sicherer sind und unsere Probleme ernst genommen werden."
Ganz anders sieht es Sarah (23) aus dem Saale-Holzland-Kreis: "Ich bevorzuge stets das generische Maskulinum, da es eine Errungenschaft der Frauen ist, bei der männlichen Form ebenfalls angesprochen zu sein und keine vermeintliche Diskriminierung." Dieses Argument wurde immer wieder so oder ähnlich genannt – von Frauen wie Männern.
Mitgemeint in der männlichen Form oder Anhängsel durch Genderzeichen?
Dass die männliche Form Frauen mitmeinen soll, hält hingegen nicht nur MDRfragt-Mitglied Rosemarie (68) aus dem Saalekreis für keine Option: "Die männliche und weibliche Form zu verwenden ist nicht Gendern, sondern hat was mit Respekt gegenüber anderen Personen zu tun. Frauen in Berufen einfach unter den Tisch fallen zu lassen, in dem sie nicht erwähnt werden, also nur Lehrer, ist für mich so ein Beispiel."
Und Esther (20) aus dem Landkreis Meißen weist darauf hin, dass ihr Genderzeichen im Alltag ganz praktische Probleme bereiten: "Ich als blinde Person bin durch die vielen Sonderzeichen der geschlechtergerechten Sprache oft sehr verwirrt, weil diese in Braille nicht immer sehr gut umgesetzt werden kann. Dementsprechend finde ich es eher übertrieben."
Geschlechtergerechte Sprache ist nichts als ein Ablenkungsmanöver von tatsächlichen Problemen und real existierender, nach wie vor massiver Misogynie.
Mehrfach votieren Befragte für das generische Maskulinum und die Beidnennung, weil sie Gendern mit Sonderzeichen für frauenfeindlich halten. Eine dieser Menschen ist Eva-Maria (41) aus dem Wartburgkreis: "Geschlechtergerechte Sprache ist nichts als ein Ablenkungsmanöver von tatsächlichen Problemen und real existierender, nach wie vor massiver Misogynie. Es IST sogar misogyn – oder warum werden wir zu 'Anhängsel:innen'?!"
Alles in allem ist die Mehrheit eher gegen das Gendern
Gefragt nach dem persönlichen Blick auf geschlechtergerechte Sprache gibt ein Großteil der Befragten an, dagegen oder eher dagegen zu sein. Nur gut jede und jeder Zehnte (12 Prozent) befürwortet es, wenn Formulierungen gefunden werden, die mehr als ein Geschlecht sicht- und hörbar machen.
"Sprache wird mit Gendergerechtigkeit nicht sprechbarer und grenzt darüber hinaus Menschen aus, die auf einfache Sprache angewiesen sind und verhindert deren Teilhabe", findet Thomas (33) aus Halle. Bianca (33) aus Leipzig kommentiert: "Gendergeschlechte Sprache ja – aber in welcher Form diese stattfinden kann, ohne die Mehrheit zu nerven, ist eine große Herausforderung."
Für die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sind andere Dinge wichtiger, zum Beispiel Kinderbetreuung.
Nicht wenige Befragte fürchten, so wie Detlef (69) aus dem Unstrut-Heinich-Kreis, dass die Gendersprache und die Diskussion darum die Gesellschaft eher spaltet: "Genderzeichen, gequälte und teilweise irreführende Genderformulierungen beseitigen keine Ungerechtigkeiten und Unverständnisse zwischen den Geschlechtern. Sie spalten eher."
Sigrun (68) aus Magdeburg sieht es so: "Für die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sind andere Dinge wichtiger, zum Beispiel Kinderbetreuung."
Anders sieht es zum Beispiel Janina (41) aus Halle und macht es an einem Beispiel fest: "Drei Anwälte überqueren eine Straße. Einer davon trägt ein Kleid. Solange die Masse der Menschheit dabei jetzt ein kurioses Bild von einem Mann in einem Kleid im Kopf hat, ist es wichtig und richtig, darüber zu diskutieren...!" Und Birgit (68) aus dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt findet: "Die geschlechtergerechte Sprache sollte eine Selbstverständlichkeit werden."
Gendersprache wird als sprachliches Korsett und umständlich empfunden
Gefragt nach der Einstellung zu häufig genannten Argumenten der befürwortenden und der ablehnenden Seite ergibt sich: Die Befragten halten Gendersprache vor allem für ein sprachliches Korsett, das ihnen auferlegt wird. Zudem argumentieren viele, gegenderte Sprache sei schlechter verständlich. Gleichzeitig findet weniger als die Hälfte, dass Gendern ein politisches Statement ist. Und jede und jeder Siebte meint: Gendergerechte Sprache sei wichtig, um das gesellschaftliche Bewusstsein für Gleichberechtigung zu schärfen.
Über diese Befragung
Die Befragung vom 15. – 19. September 2023 stand unter der Überschrift:
Gendersprache: nervig oder notwendig?
Insgesamt sind bei MDRfragt 65.652 Menschen aus Mitteldeutschland angemeldet (Stand 19. September 2023, 19:00).
28.863 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben online an dieser Befragung teilgenommen.
Verteilung nach Altersgruppen:
16 bis 29 Jahre: 453 Teilnehmende
30 bis 49 Jahre: 4.493 Teilnehmende
50 bis 64 Jahre: 12.009 Teilnehmende
65+: 11.908 Teilnehmende
Verteilung nach Bundesländern:
Sachsen: 14.997 (52 %)
Sachsen-Anhalt: 6.827 (24 %)
Thüringen: 7.039 (24%)
Verteilung nach Geschlecht:
Weiblich: 12.483 (43 %)
Männlich: 16.304 (56 %)
Divers: 76 (0,3 %)
Die Ergebnisse der Befragung sind nicht repräsentativ. Wir haben sie allerdings in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat nach den statistischen Merkmalen Bildung, Geschlecht und Alter gewichtet. Das heißt, dass wir die Daten der an der Befragung beteiligten MDRfragt-Mitglieder mit den Daten der mitteldeutschen Bevölkerung abgeglichen haben.
Aufgrund von Rundungen kann es vorkommen, dass die Prozentwerte bei einzelnen Fragen zusammengerechnet nicht exakt 100 ergeben.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Fakt ist! | 25. September 2023 | 22:10 Uhr