Sandra Reichmann vom Verein Igelherzen Nordthüringen mit einem Igel auf dem Arm.
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Verletzte Tiere Igel in Not

18. Oktober 2024, 14:56 Uhr

Igeln geht es zunehmend schlechter. Sie sind nicht nur Gefahren im Straßenverkehr ausgesetzt, sondern auch in Gärten, etwa durch Mähroboter und Rasentrimmer. Zudem finden sie immer weniger Nahrung. Wie Igel geschützt werden können, lesen Sie hier.

Gefahren für Igel nehmen zu

Den Igeln geht es zunehmend schlecht in Deutschland. Die Anzahl an schwer verletzten Tieren nimmt stetig zu. Gründe dafür sind nicht mehr nur der Straßenverkehr, auch in den Gärten wird den Stachlern das Leben schwer gemacht. Mähroboter und Rasentrimmer fügen den meist nachtaktiven Tieren schwere Verletzungen zu. Waren es vor sechs Jahren noch zwei bis drei verletzte Igel durch Mäher pro Jahr, sind es jetzt zwei bis drei pro Monat.

Igel
Igel sind nachtaktiv und schleichen in der dunklen Zeit des Tages umher. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Mähroboter sind oft nachts in Betrieb und lösen, weil vermeintlich Gefahr für den Igel droht, den Schutzreflex bei den Wildtieren aus: Sie rollen sich zusammen und laufen nicht weg. Schon ist es passiert - der Roboter erkennt kein Hindernis, das Tier wird überfahren und die scharfen Klingen verletzen den Igel. Besser ist es daher, die Rasenmähroboter am Tag und wenn möglich unter Aufsicht zu nutzen, um Tiere im Grün zu erkennen.

Nicht nur Mähroboter - Vorsicht auch mit Rasentrimmern

Auch Rasentrimmer sind eine Gefahr. Die Tiere schlafen am Tag meist unter Hecken und Büschen, ihre Nester bauen sie teils in hohem Gras. Kommt ihnen dort ein Trimmer zu nahe, hat auch das meist schlimme Folgen. Helfen kann eine Vorkontrolle der Bereiche, in denen getrimmt werden soll.

Verletzter Igel.
Einmal nicht aufgepasst, schon ist es passiert: Gartenwerkzeuge können tiefe Wunden bei Igeln verursachen. Bildrechte: MDR/Nadine Witt

Zäune und zu ordentliche Gärten sind ebenfalls eine Gefahrenquelle. Stabmattenzäune etwa lassen den Igeln keinen Platz, um ihre Wanderschaft außerhalb des eigenen Gartens fortzusetzen. Bleiben sie auf den Grundstücken, können sie dort verhungern und verdursten.

Artenreiche Gärten schützen auch Igel

Artenreiche Gärten bieten vielen Insekten einen Lebensraum und so finden dann auch Igel Nahrung. Kleine Trinkstellen schaffen Abhilfe bei trockener Witterung. Zäune sollten immer genug Platz bieten, dass Tiere wie der Igel darunter durchpassen. Etwa zehn Zentimeter reichen den Tieren aus.

Igel 3 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
3 min

Verstecke, Löcher zum Durchschlüpfen, Igelhäuser und kleine, wilden Ecken - wer seinen Garten naturnah gestaltet, lockt Igel an. Das zeigen die Wildkameras aus diesem Reihenhaus-Garten von zwei Igelschützerinnen.

MDR FERNSEHEN So 09.05.2021 08:30Uhr 03:07 min

https://www.mdr.de/mdr-garten/pflegen/igel-schuetzen-helfen-igelhaus-naturnah-100.html

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So füttern Sie Igel richtig

Auch der zunehmende Artenschwund ist ein Problem für den Igel. Wir können mit Zufütterung helfen. Nasses Katzenfutter, das weder Soße, Gelee, Zucker noch Getreide enthält ist geeignet - am besten also Pasteten. Ohne Zucker und Getreide sollte auch Katzentrockenfutter sein, das kann der Igeldarm nicht verdauen. Ist kein Katzenfutter vorrätig, kann Rührei ohne Gewürze gereicht werden.

Igel sind Fleischfresser und vertragen weder Obst noch Gemüse. Sieht man Igel an Fallobst, suchen sie dort die Würmer und Insekten, sie fressen nicht das Obst! Industriell hergestelltes Igelfutter enthält meist zu viel Getreide, das nicht verdaut werden kann. Die Tiere können dadurch mit vollem Magen verhungern.

Zum Trinken reicht den Tieren Wasser. Milch oder Katzenmilch sind schädlich, denn Igel sind Laktose-intolerant. Sie bekommen Durchfall, im schlimmsten Fall sterben sie. Gefüttert wird am besten abends. Am Morgen können Futter und Wasser weggestellt oder abgedeckt werden, damit beispielsweise Fliegen keine Eier dort ablegen. Gelangen die Fliegeneier in den Darm des Igels, können die daraus schlüpfenden Larven dem Igel schaden. Seine Magensäure kann die Eier nicht zersetzen.

Was tun bei verletzten oder verwaisten Igeln?

Sie haben einen verletzten Igel oder verwaiste Jungtiere gefunden? Dann können Igel-Vereine weiterhelfen. Die Abgabe ist kostenfrei. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter versorgen die Tiere und päppeln sie wieder auf. Dabei entstehen den Vereinen aber meist hohe Kosten für Futtermittel und Tierarzt. Das Ziel der Vereine ist, die Igel wieder an ihre Umgebung zu gewöhnen und sie anschließend auszuwildern. Vorher müssen sie aber Fähigkeiten zum Nestbau und der Jagd üben.

Ein junger Igel wird per Hand gefüttert.
In der Igelstation werden junge Igel mit der Hand gefüttert und aufgepäppelt. Bildrechte: MDR/Nadine Witt

Eine Auswilderung beginnt in einem Freigehege, in dem die Igel lernen, wie Insekten gefangen werden, um sich danach in der freien Wildbahn selbst versorgen zu können. Nicht immer gelingt das, manche Ankömmlinge sind vielleicht sogar so schwer verletzt, dass sie nur noch eingeschläfert werden können.

Kontaktieren Sie den Igel-Verein unbedingt im Voraus, um Hilfe zu erhalten und stellen Sie bedürftige Igel nicht einfach vor deren Tür. Die Mitarbeiter brauchen Informationen, beispielsweise über den Fundort und den Zustand der Tiere. Zudem wird geklärt, ob das Tier bereits bei einem Tierarzt war und wo und wie es verletzt wurde. Die Vereine arbeiten ehrenamtlich und sind auf Spenden angewiesen.

Junge Igel
Auf Hilfe sind oft junge Igel angewiesen. Sie müssen erst lernen, wie sie sich in der Natur selbst versorgen können. Bildrechte: MDR/Nadine Witt

Igel-Pflege zu Hause?

Wer einen Igel zu Hause selbst aufpäppelt will, dem muss klar sein, dass ausschließlich die Pflege, mit dem Ziel, einem Tier in der Not zu helfen, und dieses anschließend wieder auszuwildern, gestattet ist. Nicht die Haltung! Igel gehören zu den geschützten Arten und dürfen nicht aus der Natur entnommen werden. Igel mit schweren Verletzungen sollten immer zur Igelstation gebracht werden.

Braucht der Igel überhaupt Hilfe?

Nicht jeder Igel braucht Hilfe oder ist in Not. Stutzig sollte werden, wer tagsüber einen Igel sichtet, da die Tiere nachtaktiv sind. Auf der Suche nach neuen Verstecken, können sie aber auch zeitweilig am Tag unterwegs sein.

Fund-Tiere sichert man am besten vorübergehend in einem Karton oder Eimer, der dann mit ins Haus genommen werden kann. Der Raum sollte Zimmertemperatur haben und Tageslicht. Sind Igel unterkühlt, sollten sie zunächst aufgewärmt werden. Ob ein Igel unterkühlt ist, lässt sich daran erkennen, dass sich der Bauch kälter als die eigene Hand anfühlt.

Dann kann man dem Tier erstmal eine Wärmflasche mit lauwarmem Wasser bereitstellen. Igel sollten auch erst nach dem Aufwärmen gefüttert werden! Als Unterkunft dient dann ein Hamsterkäfig oder etwas Selbstgebautes aus Holz. Der Platz sollte etwa einen Quadratmeter betragen. Reinigen Sie die Behausung täglich. Nutzen Sie Zeitungspapier als Unterlage, kein Heu, denn das kann sich um die Beine der Igel wickeln und diese abschnüren.

MDR (Nadine Witt); Verein Igelherzen Nordthüringen (Sandra Reichmann)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Radiogarten | 19. Oktober 2024 | 09:00 Uhr