Interview mit MDR Gartenexpertin Brigitte Goss: "Gärtnern mit der Natur heißt Geduld haben"
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09. März 2020, 11:00 Uhr
Das Gartenrefugium von Brigitte Goss ist 800 Quadratmeter groß: Zwei Teiche, Obstbäume, Hochbeete, Komposthaufen, Nistkästen und Insektenhotels finden dort Platz. Für das Landratsamt Schweinfurt arbeitet sie als Kreisfachberaterin für Gartenkultur. Brigitte ist "Natur im Garten- Botschafterin" und hat regelmäßig Auftritte im MDR Fernsehen und beim BR als Gartenexpertin. Jetzt kommt noch ein Projekt dazu - die Serie "Natürlich Gärtnern mit Brigitte" bei uns.
Brigitte, wir gewinnen dich für eine Serie, in der du jede Woche deine Gartentür für uns öffnest. Was sind deine Lieblingsprojekte für die nächste Saison? An welchen Projekten dürfen wir teilhaben?
In der Serie möchte ich zeigen, wie ich gärtnere, aktuelle Themen und Fragen unserer Zuschauer aufgreifen und Lösungsvorschläge anbieten und Garteninteressierte teilhaben lassen, was ich mal wieder ausprobiere. Ich habe endlich einen Platz für ein Gewächshaus gefunden, denn bei dem Grundstück in Hanglage ist das nicht so einfach. Generell will ich meinen Garten hitze- und trockenheitsverträglicher umgestalten. Dazu gehört die passende Pflanzenauswahl und Pflanzenzusammenstellung und Bodenverbesserung. Meine große Leidenschaft ist neben dem Naturgärtnern das Obst. Ich habe einige ungewöhnliche Wildobstarten, wie zum Beispiel die fränkische Haferschlehe gepflanzt und bin schon gespannt, wie sie gedeiht. Im Herbst wird hoffentlich geerntet und ich werde einige neue Rezepte ausprobieren. Auch die will ich in der Serie natürlich verraten.
Was ist deine Gartenphilosophie? An deinem Gartentor hängt ja auch ein Schild "Natur im Garten".
Gärtnern mit der Natur - das habe so von meiner Mutter gelernt und schon immer gemacht. Das heißt in erster Linie Geduld haben, beobachten, sich am Wachsen der Pflanzen erfreuen und den Garten mit der heimischen Tierwelt teilen.
Ganz wichtig ist es mir deshalb auf Pestizide zu verzichten und mit organischem Material zu düngen. Es gibt so viele Pflanzen - wie zum Beispiel den Ackerschachtelhalm oder die Brennnessel - die ganz wunderbare Pflanzenstärkungsmittel sind. Auf dieses alte Wissen möchte ich aufmerksam machen und zu zeigen, was mit ganz einfachen Mitteln möglich ist. Das ist mir ganz wichtig. Allerdings teile ich meinen Garten nicht gerne mit Mäusen, Erdfloh, Rapsglanzkäfer und Kirschessigfliege - da sind dann auch die Grenzen meiner Toleranz (Augenzwinkern) erreicht. Aber auch sie will ich nicht mit der Chemiekeule aus dem Garten vertreiben und probiere gern mal Dinge aus, wie ich Pflanzen schützen kann.
Keine Pestizide, organischer Dünger, tierfreundlich. Heiß das auch, dass du kein Plastik verwendest?
Ich vermeide es Kunststoff zu verwenden, aber immer klappt das nicht. Mir kommt nur dann Kunststoff in den Garten, wenn es ums Gewicht geht, wie Töpfe für große Kübelpflanzen oder Gießkannen. Auch Gemüse-Schutznetze aus hochwertigem Material sind für mich zum Schutz der Pflanzen unverzichtbar. Sie sind ja sehr lange haltbar. Ansonsten verwende ich Verpackungen, die ja fast unvermeidlich sind, wieder. Lebensmittelverpackungen nutze ich als Anzuchtgefäße. Plastik-Blumentöpfe verwende ich, die sich ja bei meiner Pflanzensammelleidenschaft von alleine stapeln.
Einen "echten Naturgarten" zu beackern und zu pflegen, heißt ja ganz strenggenommen auch, nur heimische Pflanzen anzupflanzen. Wie siehst du das?
Diese Definition ist erst in der jüngsten Zeit im Umlauf. In der gesamten Gartenkulturgeschichte gab es nie diesen Anspruch. Ein Naturgarten ist nicht Natur. Das Wort "Garten" birgt doch alles in sich. Der Name bedeutet "das Umzäunte". Ein Garten wird genutzt, je nach Besitzer und Bedürfnisse. Es werden Nahrungsmittel angebaut oder er dient der Erholung. Immer spielt die Gestaltung durch den Menschen eine Rolle. Ein Garten ist somit nicht mehr die reine Natur. Im Naturgarten werden heimische Tiere und Pflanzenarten gefördert. Wer nur mit heimischen Pflanzen einen Garten gestalten möchte, der kann das gerne tun. Dann gebe es aber auch wenig Vielfalt an Obst und Gemüse aus dem Garten. Leitlinien sind gut, Dogmen lehne ich ab. Ich plädiere auf Toleranz, ein gutes Miteinander und gegenseitige Inspiration.
Über deine Beobachtungen von Nützlingen im Garten hast du ein Buch geschrieben. Hast du einen Tipp, wie jeder eine gute Tat für Tiere vollbringen kann?
Eigentlich muss man gar nicht so viel tun. Laub, wo es geht liegen lassen, natürliche Versteckmöglichkeiten für Tiere schaffen und im Sommer unbedingt Wasser zur Verfügung stellen.
Was wäre eigentlich, wenn du keinen Garten hättest? Was würdest du dann tun?
Ich würde mich noch mehr in Gartenbauvereinen engagieren, im öffentlichen Raum Pflegepatenschaften übernehmen oder in Seniorenheimen, Schulen und Kindergärten Gartenprojekte starten.
Das Interview mit Brigitte Goss führte Daniela Dufft.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Garten | 15. März 2020 | 08:30 Uhr