Interview Abenteuer Garten - Buchautorin und Bloggerin Carolin Engwert im Gespräch
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18. Oktober 2020, 10:28 Uhr
Pflanzen, pflegen, ernten oder auch nicht. - Wer im Kleingarten die ersten Anbauversuche unternimmt, kämpft oft mit Misserfolgen. Radiogarten-Moderatorin Nadine Witt hat Carolin Engwert befragt, wie sie zur Gartenbuchautorin wurde und was sie in ihrem Garten gelernt hat.
Du hast ein Anfängerbuch für Kleingärtner geschrieben. Es heißt "Abenteuer Garten – mein erstes Jahr im Schrebergarten". Das ist mein absolutes Lieblingsbuch. Ich hätte mir dieses Buch viel eher gewünscht.
Das ist lustig. Ich hätte das Buch auch total gerne gelesen, als ich angefangen habe. Aber da gab es nichts. Ich habe mir alles selbst zusammengesucht. Deshalb habe ich mich sehr gefreut, dass ich dieses Buch schreiben darf.
Das kam ja nicht aus dem Nichts. Du hast vorher auf deinem Blog über Deine Erfahrungen im Garten geschrieben. So ist der Verlag auf Dich aufmerksam geworden. Wie bist Du überhaupt zum Gärtnern gekommen?
Ich hatte so eine Selbstversorger-Oma, das hat vielleicht ein bisschen abgefärbt. Wir hatten ein paar Tomaten und Kräuter auf dem Balkon. Aber richtig ging es erst los, als meine Kinder einen Baum wollten. Woher nimmt man in Berlin einen Baum, im ersten Stock einer Altbauwohnung. Ich hatte einen Kollegen, der mir immer von seinem Schrebergarten vorgeschwärmt und immer so lustige Stauden-Pakete bestellt hat. Da kam die Idee auf.
Und dann hast du dich auf die Suche nach einem Schrebergarten gemacht?
Genau. Wir hatten Glück und haben einen gefunden. Ich habe ganz viel gelesen, ausprobiert. Und dann hab ich angefangen zu bloggen. Ich finde gern viel über irgendein Thema raus und probiere Dinge dann praktisch aus. Wenn ich mich nicht entscheiden kann, wo ich etwas aussäe oder wie ich etwas mache, teile ich es auf. Ich säe an zwei verschiedenen Standorten oder behandle die Pflanze auf zwei unterschiedlichen Weisen. Dann kann man hinterher vergleichen, was besser gelaufen ist. Das ist mein bester Tipp: Arbeitet mit der 50/50-Methode.
Gibt es etwas, was dich zur Verzweiflung bringt? Ich versuche jetzt in der zweiten Saison Kohlrabi anzubauen. Und jedes Mal ernte ich wirklich peinliche Knollen. Gibt es so etwas bei dir auch?
Ich habe schon oft versucht, Auberginen anzupflanzen. Das ist in Berlin wirklich schwierig. Es ist zu kalt. Die Sonne fehlt. Aber dieses Jahr habe ich richtig viele geerntet. Deswegen ist mein zweiter Tipp: Nicht zu hohe Ansprüche haben. Es geht oft etwas schief. Und dann klappt es auf einmal.
So ein Garten setzt einen ja auch unter Druck. Ich habe dieses Jahr Tomaten selber gezogen. Über 50 Pflanzen, die ich zum Teil verschenkt habe. Dann stelle ich meine eigenen raus, will sie einpflanzen und schwupp, lagen alle da. Sie hatten wohl einen Hitzeschock. Zum Glück haben sie sich mit guter Pflege wieder erholt. Das hat mich gestresst. Woher kommt dieser Druck?
Ich glaube, dass Zeitschriften, Gartenbücher und Internet ein falsches Bild zeigen. Alle Bilder in meinem Buch zeigen Dinge, die in meinem Garten so gewachsen sind. Seitdem habe ich einen anderen Blick auf Gartenfotos. Ich schaue sie an und sehe, dass manche Sachen nicht wirklich dort gewachsen sind, sondern nur in die Erde gesteckt. Und das finde ich den Lesern gegenüber gemein. So superperfekte Fotos frustrieren Leute, weil ihre Früchte nicht so aussehen oder Pflanzen nicht wachsen, wie sie sollen.
Du legst großen Wert auf natürliches Gärtnern. Gärtner für die Umwelt und gegen den Klimawandel - denkst du, dass das ein Trend ist?
Das ist auf jeden Fall so. Und ich glaube, das ist eine ganze Zeitlang nicht gemacht wurde, weil man dachte, dass man nichts ernten würde oder einem das Unkraut über den Kopf wächst. Aber mit den richtigen Tipps klappt das.
Warum ist der Kleingarten plötzlich auch für junge Menschen wieder attraktiv?
In Städten wird es immer enger, da sind immer mehr Leute. Der Kleingarten ist ein wahnsinnig guter Kompromiss zwischen diesem urbanen Leben und dem Wunsch nach Natur. Im Schrebergarten lernt man, wie der Naturkreislauf funktioniert und wie Lebensmittel produziert werden. Das schafft Achtsamkeit.
Du hast gesagt, Deine Kinder wollten einen Baum, ein Baumhaus oder etwas zum Klettern. Außerdem gibt es bei Euch ein Kinderbeet. Ist das der Schlüssel, um Kinder fürs Gärtnern zu begeistern?
Ich finde wichtig, dass Kinder im Garten etwas Eigenes haben und gestalten können. Da darf man auch nicht mit seinem eigenen Anspruch rangehen. Man muss aushalten, dass sie entscheiden, was und wie sie etwas machen und dass sie dabei eventuell auch scheitern. Mein Tipp wäre, die Kinder nicht für Dinge einzuspannen, worauf sie keine Lust haben. Wenn Unkraut im Garten wächst, dann wächst es halt. Ich kann das gut aushalten.
In Deinem Buch bin ich über die Milpa Kultur gestolpert. Was ist das denn?
Diese Form der Mischkultur aus Mais, Bohnen und Kürbis haben schon die Inka genutzt. Der Mais, der ein Starkzehrer ist, wird von den Bohnen mit Stickstoff versorgt. Die können sich wiederum am Mais hochwinden. Kürbis bedeckt den Boden, der dann nicht so viel Feuchtigkeit braucht. Im Beet sieht die Kombination aus allen drei Pflanzen toll aus.
Wichtiger Tipp: Den Mais vorziehen, er wächst langsamer als die Bohnen. Und den Mais dicht pflanzen, damit er gut bestäubt wird. Auf ein Beet von 120 x 80 Zentimeter sollten auf jeden Fall zwölf Maispflanzen.
Würdest du dich selber als Gartenexpertin bezeichnen?
Ich mich nicht. Aber ich halte es jetzt mittlerweile gut aus, wenn andere das sagen.
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Radiogarten | 05. September 2020 | 10:10 Uhr