schwarz-weiß-Foto: Der Philosoph Jean-Paul Sartre sitzt mit Pfeife im Mund im Arbeitszimmer vor einer Bücherwand
In der autobiografischen Schrift "Die Wörter" schreibt Jean-Paul Sartre über seine Kindheit. Bildrechte: picture alliance / AP Photo | Uncredited

Lesezeit | 20.02. bis 28.02. 2025 Jean-Paul Sartre: Die Wörter

20. Februar 2025, 04:00 Uhr

"Die Wörter" von Jean-Paul Sartre: "Durch Schreiben wurde ich geboren"

In "Die Wörter" schreibt der Philosoph Jean-Paul Sartre über seine Kindheit: "Bis zum Alter von zehn Jahren blieb ich allein zwischen einem Greis und zwei Frauen." Die Frauen sind seine Mutter und die Großmutter, der Greis ist der Großvater: Und der vergöttert das Kind. Der kleine "Poulou" Sartre mit seiner zarten Gesundheit – eine Linsentrübung seines rechten Auges beginnt schon in der Kindheit – wird beobachtet wie eine "Topfblume". Er wird wie ein "Geschenk" behandelt und zu einem "eitlen Komödianten" verzogen. Kontakte zu Gleichaltrigen hat er kaum, Unterricht bekommt er zunächst nur von Privatlehrern.

Bis zum Alter von zehn Jahren blieb ich allein zwischen einem Greis und zwei Frauen.

Jean-Paul Sartre in "Die Wörter"

Im Alter von fünf Jahren lernt Sartre lesen, mit acht verschlingt er Flaubert, Hugo oder Corneille. Die Bücher der Erwachsenen sind sein "Spielzeug", die Wörter, die sie an ihn richten, schmecken wie "Bonbons". Stets ringt er um die Aufmerksamkeit der Erwachsenen und entfremdet sich dabei selbst. Doch heimlich steckt ihm die Mutter Comics und Abenteuerromane zu, in deren Welt er unter dem Esstisch eintaucht. Erfolgreich – der alte Sartre gesteht: "Es hat niemals aufgehört! Auch heute lese ich lieber Kriminalromane als Wittgenstein". Doch als ihm der Großvater das Schreiben beibringt, resümiert er aus der Sicht des 60-Jährigen: "Durch Schreiben wurde ich geboren." Schon als Kind spürt er: Im Schreiben lässt sich alles denken.

Die Lesung ist bis 20. August 2025 verfügbar

Jean-Paul Sartre mit Pfeife im Arbeitszimmer 29 min
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29 min

Die autobiografische Schrift über Sartres Kindheit beginnt mit einem Bericht über die Familiengeschichte. Sein Großvater war ein Onkel des berühmten Arztes, Theologen, Philosophen und Pazifisten Albert Schweitzer.

MDR KULTUR - Das Radio Do 20.02.2025 09:00Uhr 29:07 min

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Jean-Paul Sartre mit Pfeife im Arbeitszimmer 29 min
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Sein Vater stirbt, als Sartre noch nicht zwei Jahre alt ist. Die Mutter zieht mit ihm zurück zu den Eltern. Fortan ist der Großvater der Patriarch, von dem er lernt. Der alte Mann vergöttert das Kind, sein "Kleinchen".

MDR KULTUR - Das Radio Fr 21.02.2025 09:00Uhr 29:15 min

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Jean-Paul Sartre mit Pfeife im Arbeitszimmer 28 min
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Der kleine "Poulou" Sartre lernt schnell, seine Rolle zu spielen: Er ist das "Geschenk" für seinen Großvater. Der Patriarch verzieht das Kind zu einem eitlen Komödianten, Bücher für Erwachsene sind sein Spielzeug.

MDR KULTUR - Das Radio Mo 24.02.2025 09:00Uhr 28:21 min

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Jean-Paul Sartre mit Pfeife im Arbeitszimmer 29 min
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Aus der Welt der Wörter baut sich der kleine Sartre eine Welt, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat. Seine Mutter gibt ihm heimlich Comics, das darf der Großvater nicht sehen. Er schickt den Jungen zur Schule.

MDR KULTUR - Das Radio Di 25.02.2025 09:00Uhr 28:41 min

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Jean-Paul Sartre mit Pfeife im Arbeitszimmer 29 min
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Bis er 10 Jahre alt ist, lebt Sartre allein mit einem "Greis und zwei Frauen". Dass Kind lernt, das Theater der Erwachsenen mitzuspielen, ihre Wörter sind ihm wie Bonbons. Doch Mittelpunkt seines Lebens sind: die Bücher.

MDR KULTUR - Das Radio Mi 26.02.2025 09:00Uhr 29:03 min

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Jean-Paul Sartre mit Pfeife im Arbeitszimmer 28 min
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Das Kind Sartre entdeckt das Kino, es ist Liebe auf den ersten Blick. Die quietschenden Sitze im Dunkeln, der tanzende Staub im Lichtpegel – er möchte am liebsten in der Welt der Leinwandhelden leben und ahmt sie nach.

MDR KULTUR - Das Radio Do 27.02.2025 09:00Uhr 28:10 min

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Jean-Paul Sartre mit Pfeife im Arbeitszimmer 28 min
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Der Großvater bringt Poulou das Schreiben bei. Emsig verfasst das Kind Romane, seine geschriebene, imaginierte Welt versetzt ihn in Unruhe. Später ist dem erwachsenen Sartre klar: "Durch Schreiben wurde ich geboren".

MDR KULTUR - Das Radio Fr 28.02.2025 09:00Uhr 28:26 min

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Über den Schriftsteller und Philosophen Jean-Paul Sartre

Geboren am 21. Juni 1905 wuchs Jean-Paul Sartre – nach dem frühen Tod seines Vaters im Jahre 1906 bis zur Wiederheirat seiner Mutter im Jahre 1917 – bei seinen Großeltern in Paris auf. Sein Großvater Charles Schweitzer war ein Onkel des berühmten Arztes, Theologen, Philosophen und Pazifisten Albert Schweitzer und arbeitete als promovierter Deutschlehrer an seinem eigenen Sprachinstitut. Die Jahre 1906 bis 1917 beschreibt Sartre in "Die Wörter".

1929, vor seiner Zulassung zum Philosophiestudium, lernte Sartre seine Lebensgefährtin Simone de Beauvoir kennen, mit der er eine unkonventionelle Bindung einging, die für viele zu einem emanzipatorischen Vorbild wurde. Von 1931 bis 1944 arbeitete er als Gymnasiallehrer für Philosophie in Le Havre, Laon und Paris. 1933 wurde er Stipendiat des Institut Français in Berlin, wo er sich mit der Philosophie Edmund Husserls auseinandersetzte. Im September 1939 wurde er eingezogen und geriet 1940 in deutsche Kriegsgefangenschaft, aus der er 1941 mit gefälschten Entlassungspapieren entkam. Noch 1943 wurde unter deutscher Besatzung sein erstes Theaterstück "Die Fliegen" aufgeführt, im selben Jahr erschien sein philosophisches Hauptwerk "Das Sein und das Nichts".

Schwarz-Weiß-Foto: Jean Paul Sartre und Simone de Beauvoir im Jahr 1945. Beide schauen sich an, sind von der Seite zu sehen.
Sartres unkonventionelle Bindung mit seiner Lebensgefährtin Simone de Beauvoir wurde für viele zu einem emanzipatorischen Vorbild. Bildrechte: IMAGO / Bridgeman Images

Unmittelbar nach dem Krieg avancierte Sartres Philosophie des "Existenzialismus" zu einem Schlagwort der Revolte gegen bürgerliche Lebensformen. 1964 lehnte er die Annahme des Literaturnobelpreises ab. Auf seinen zahlreiche Reisen traf Sartre Politiker und Persönlichkeiten weltweit, darunter Roosevelt, Chruschtschow, Mao Tse-tung, Castro und Che Guevara. Sartre starb am 15. April 1980 in Paris.

Über den Sprecher Horst Raspe

Horst Raspe, 1925 in Berlin geboren, begann seine Karriere als Theaterschauspieler 1947 an den Münchner Kammerspielen. Seit Anfang der 1950er-Jahre übernahm er auch Rollen in Film- und Fernsehproduktionen. Seine Stimme ist unter anderem in den Hörspielfassungen von Douglas Adams' "Per Anhalter ins All" und J.R.R. Tolkiens "Der Herr der Ringe" zu hören. Als Synchronsprecher lieh er seine Stimme international bekannten Schauspielern wie Bruce Dern, Harrison Ford und Terence Hill. Er starb 2004 in München.

Angaben zur Sendung

MDR KULTUR Lesezeit
20.02. - 28.02. 2025
Die Wörter
Von Jean-Paul Sartre
Übersetzung: Hans Mayer
Es liest Horst Raspe
(7 Folgen)
Produktion: BR 1980

Sendung im Radio: 20.02. - 28.02. 2025 | Montag bis Freitag 9:05 Uhr und in der Wiederholung: Montag bis Freitag 19:05 Uhr

Die Lesung ist bis 20. August 2025 verfügbar.

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR Lesezeit | 20. Februar 2025 | 09:05 Uhr