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Lesezeit | 20.02. bis 28.02. 2025 Jean-Paul Sartre: Die Wörter
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20. Februar 2025, 04:00 Uhr
"Die Wörter" von Jean-Paul Sartre: "Durch Schreiben wurde ich geboren"
In "Die Wörter" schreibt der Philosoph Jean-Paul Sartre über seine Kindheit: "Bis zum Alter von zehn Jahren blieb ich allein zwischen einem Greis und zwei Frauen." Die Frauen sind seine Mutter und die Großmutter, der Greis ist der Großvater: Und der vergöttert das Kind. Der kleine "Poulou" Sartre mit seiner zarten Gesundheit – eine Linsentrübung seines rechten Auges beginnt schon in der Kindheit – wird beobachtet wie eine "Topfblume". Er wird wie ein "Geschenk" behandelt und zu einem "eitlen Komödianten" verzogen. Kontakte zu Gleichaltrigen hat er kaum, Unterricht bekommt er zunächst nur von Privatlehrern.
Bis zum Alter von zehn Jahren blieb ich allein zwischen einem Greis und zwei Frauen.
Im Alter von fünf Jahren lernt Sartre lesen, mit acht verschlingt er Flaubert, Hugo oder Corneille. Die Bücher der Erwachsenen sind sein "Spielzeug", die Wörter, die sie an ihn richten, schmecken wie "Bonbons". Stets ringt er um die Aufmerksamkeit der Erwachsenen und entfremdet sich dabei selbst. Doch heimlich steckt ihm die Mutter Comics und Abenteuerromane zu, in deren Welt er unter dem Esstisch eintaucht. Erfolgreich – der alte Sartre gesteht: "Es hat niemals aufgehört! Auch heute lese ich lieber Kriminalromane als Wittgenstein". Doch als ihm der Großvater das Schreiben beibringt, resümiert er aus der Sicht des 60-Jährigen: "Durch Schreiben wurde ich geboren." Schon als Kind spürt er: Im Schreiben lässt sich alles denken.
Über den Schriftsteller und Philosophen Jean-Paul Sartre
Geboren am 21. Juni 1905 wuchs Jean-Paul Sartre – nach dem frühen Tod seines Vaters im Jahre 1906 bis zur Wiederheirat seiner Mutter im Jahre 1917 – bei seinen Großeltern in Paris auf. Sein Großvater Charles Schweitzer war ein Onkel des berühmten Arztes, Theologen, Philosophen und Pazifisten Albert Schweitzer und arbeitete als promovierter Deutschlehrer an seinem eigenen Sprachinstitut. Die Jahre 1906 bis 1917 beschreibt Sartre in "Die Wörter".
1929, vor seiner Zulassung zum Philosophiestudium, lernte Sartre seine Lebensgefährtin Simone de Beauvoir kennen, mit der er eine unkonventionelle Bindung einging, die für viele zu einem emanzipatorischen Vorbild wurde. Von 1931 bis 1944 arbeitete er als Gymnasiallehrer für Philosophie in Le Havre, Laon und Paris. 1933 wurde er Stipendiat des Institut Français in Berlin, wo er sich mit der Philosophie Edmund Husserls auseinandersetzte. Im September 1939 wurde er eingezogen und geriet 1940 in deutsche Kriegsgefangenschaft, aus der er 1941 mit gefälschten Entlassungspapieren entkam. Noch 1943 wurde unter deutscher Besatzung sein erstes Theaterstück "Die Fliegen" aufgeführt, im selben Jahr erschien sein philosophisches Hauptwerk "Das Sein und das Nichts".
Unmittelbar nach dem Krieg avancierte Sartres Philosophie des "Existenzialismus" zu einem Schlagwort der Revolte gegen bürgerliche Lebensformen. 1964 lehnte er die Annahme des Literaturnobelpreises ab. Auf seinen zahlreiche Reisen traf Sartre Politiker und Persönlichkeiten weltweit, darunter Roosevelt, Chruschtschow, Mao Tse-tung, Castro und Che Guevara. Sartre starb am 15. April 1980 in Paris.
Über den Sprecher Horst Raspe
Horst Raspe, 1925 in Berlin geboren, begann seine Karriere als Theaterschauspieler 1947 an den Münchner Kammerspielen. Seit Anfang der 1950er-Jahre übernahm er auch Rollen in Film- und Fernsehproduktionen. Seine Stimme ist unter anderem in den Hörspielfassungen von Douglas Adams' "Per Anhalter ins All" und J.R.R. Tolkiens "Der Herr der Ringe" zu hören. Als Synchronsprecher lieh er seine Stimme international bekannten Schauspielern wie Bruce Dern, Harrison Ford und Terence Hill. Er starb 2004 in München.
Angaben zur Sendung
MDR KULTUR Lesezeit
20.02. - 28.02. 2025
Die Wörter
Von Jean-Paul Sartre
Übersetzung: Hans Mayer
Es liest Horst Raspe
(7 Folgen)
Produktion: BR 1980
Sendung im Radio: 20.02. - 28.02. 2025 | Montag bis Freitag 9:05 Uhr und in der Wiederholung: Montag bis Freitag 19:05 Uhr
Die Lesung ist bis 20. August 2025 verfügbar.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR Lesezeit | 20. Februar 2025 | 09:05 Uhr