Rockgeschichte Wie der Heavy Metal in den 80ern die DDR eroberte
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07. März 2024, 14:37 Uhr
Wacken verschafft der Metal-Szene heute große Aufmerksamkeit. In der DDR dagegen tobte der Heavy Metal lange im Untergrund. Bands wie MCB, Formel 1, Biest, Plattform oder Feuerstein hatten dennoch riesige Fangemeinden. Sie spielten eigene Songs – oder die ihrer westlichen Idole Iron Maiden, Judas Priest oder Metallica. Die Szene blühte ab den 80er-Jahren auf, und das Jugendradio DT 64 entdeckte die Musik. Das Ost-Plattenlabel Amiga hinkte hingegen hinter dem Trend her. Ein Überblick zu dieser spannenden Zeit.
Zu Beginn der 80er-Jahre änderte sich das Bild des DDR-Rock entscheidend. Bands, die im Jahrzehnt zuvor große Erfolge feiern konnten, wurden durch junge Gruppen in den Medien bedrängt.
Die Hardrock- bzw. Heavy-Metal-Fraktion rekrutierte sich dabei u.a. aus Bands wie MCB, Formel 1, Babylon, Berluc, Biest oder Metall. Die sogenannten progressiven Bands wie Silly oder Pankow legten besonderen Wert auf ihre Texte, die eine wirklich neue Qualität erreichten. Und auch die Undergroundszene spielte in dieser Zeit in den Medien eine größere Rolle als bisher.
Radio DT 64 machte Szene DDR-weit hörbar
Auf dem Gebiet des Heavy Metal tat sich vor allem im DDR-Rundfunk der Sender Jugendradio DT 64 hervor. 1964 aus Anlass des Deutschlandtreffens als tägliche Sondersendung Jugendstudio 64 beim Berliner Rundfunk gegründet und letztlich weitergeführt, wurde ab 1986 ein eigenständiger Jugendsender durch die Fusion mit der Sendung "Hallo – Das Jugendjournal" von "Stimme der DDR" entwickelt.
Junge und gestandene Redakteure beobachteten die Szene und ermöglichten auch unbekannten Bands, hier Präsenz zu zeigen. Sendungen wie "Tendenz Hard bis Heavy" oder die zur Metal-Hitparade umfunktionierte Wertungssendung "Beatkiste" waren Meilensteine in der medialen Popularisierung des DDR-Heavy-Metals. Vor allem Matthias Hopkes' (1957-2021) Engagement ist es zu verdanken, dass Heavy Metal im DDR-Rundfunk einen so hohen Stellenwert erlangte. Seit 1977 als Techniker angestellt, wurde er Mitte der 80er-Jahre Musikredakteur und Moderator.
Heavy Metal setzt sich durch
Mit der Präsentation von Bands wie MCB, Biest oder Metall erreichte das Genre einen großen Aufschwung, der sich schließlich auch in Rundfunk- und Plattenproduktionen niederschlug. Mit eigenen Titeln, die sich natürlich auch an internationalen Standards – in dieser Zeit vor allem der New Wave of British Heavy Metal – orientierten, gelang den Vertretern der Szene ein enormer Popularitätsschub. Analog der gesellschaftlichen Entwicklung in der DDR der späten 80er-Jahre erlangte auch die eigentlich in der Subkultur etablierte Metal-Szene große Aufmerksamkeit.
Neben neueren Bands wie Hardholz (Thüringen), Cobra (Berlin), Biest (Jüterbog), Plattform (Cottbus) oder Feuerstein (Halle) waren auch gestandene Vertreter der härteren Spielweise des Rock sehr erfolgreich.
DDR-Label Amiga veröffentlicht Musik erst spät
So war Formel 1, hervorgegangen aus dem Anfang der 70er-Jahre sehr erfolgreichen Joco dev Sextett, die erfolgreichste Metalband in dieser Zeit. Obwohl die Mitglieder der Gruppe wesentlich älter als die Zielgruppe waren, erspielten sie sie sich mit Judas-Priest- und Iron-Maiden-lastigem, meist im Berliner Dialekt vorgetragenen Material eine riesige Fangemeinde. Ihr Album "Live im Stahlwerk" (1986) ist heute ein sehr begehrtes Sammlerstück.
Das staatliche Plattenlabel Amiga erkannte den Trend erst spät und veröffentlichte einige Sampler, die hauptsächlich aus der Übernahme von Rundfunkproduktionen bestanden. So erschien zum Beispiel in der Reihe "Kleeblatt" 1987 eine Split-LP mit Aufnahmen der Bands Plattform, MCB und Cobra. Komplette Alben von DDR-Metalbands gab es hingegen kaum.
Autor Götz Hintze im Kurzporträt
Der 1961 geborene Götz Hintze arbeitete seit 1983 im "DDR-Rundfunk" als Musikdokumentar. Er war dort bis 1991 verantwortlich für die Erschließung von DDR-Unterhaltungsmusik. Nach der Fusion von "Deutschlandsender Kultur" und "RIAS" ist er seit 1994 beim "Deutschlandradio" tätig. Hintze ist Autor des "Rocklexikon der DDR" sowie Autor und Herausgeber des "Munzinger Pop Archiv".
Redaktionelle Bearbeitung: op
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 19. November 2022 | 18:05 Uhr