Todestag am 17. November Joachim Ringelnatz: Besondere Einblicke in sein Leben
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17. November 2024, 04:00 Uhr
Autor, Kabarettist, Maler, Matrose, Autodidakt, Poet und Abenteurer: Joachim Ringelnatz, der bis heute für seine humorvollen Gedichte bekannt ist, führte ein bewegtes Leben. Am 7. August 1883 wurde er in Wurzen geboren und starb am 17. November 1934 mit nur 51 Jahren an Tuberkulose. Ringelnatz war ein großer, vor allem autobiografisch veranlagter Schriftsteller, der gegen Ende seines Lebens auch sehr nüchtern und ernst schrieb. Zu seinem 90. Todestag erinnern wir an ihn mit Einblicken in sein facettenreiches Leben.
1. Joachim Ringelnatz war schon zu Schulzeiten ein Draufgänger
Joachim Ringelnatz kam 1883 in Wurzen als Hans Gustav Bötticher zur Welt. Seine Eltern kamen beide aus gutem Hause und waren auch künstlerisch tätig: Georg Bötticher als Musterzeichner und Autor von Kinderbüchern und Rosa Marie Bötticher gestaltete Puppenbekleidung. Sorgen um Geld gehörten nicht zu seiner Kindheit (immerhin zwei Dienstmädchen konnte seine Familie beschäftigen) und den Großteil seiner Jugend und Kindheit verbrachte er nicht in der Kleinstadt Wurzen, sondern in Leipzig.
Zeit seines Lebens hatte Ringelnatz ein besseres Verhältnis zu seinem Vater, dem er auch künstlerisch nacheiferte. Dem aus einer Gelehrtenfamilie stammenden Vater konnte er jedoch in seinen schulischen Leistungen nicht das Wasser reichen. Ringelnatz flog schon früh vom Gymnasium, weil er sich in der Hofpause in der nahegelegenen sogenannten Völkerschau im Leipziger Zoo ein Tattoo stechen ließ.
2. Die Herkunft seines Künstlernamens ist unklar
Er selbst sagte, dass der Name keine Bedeutung habe, aber dennoch gibt es einige Theorien veschiedener Biografien: So könne der Name auf die Ringelnatter verweisen, die sich bekanntermaßen sowohl am Wasser als auch am Land wohlfühlt – wie Ringelnatz selbst. Oder der Name könnte eine Abwandlung des von Seeleuten als Ringelnass bezeichneten Seepferdchens sein, welches Ringelnatz auch häufig zeichnete und ihm das Gedicht "Als ich noch ein Seepferdchen war" widmete. Von ihm selbst ist dazu nur die Aussage bekannt, dass ihm der Name einfach so "eingefallen" sei. So oder so, der Name ist ikonisch geworden für sein grotesk-komisches, poetisches und auch mit autobiografischem Reichtum versehenes Werk.
3. Auf der Bühne für zwei Mark und ein Bier
Die Leistung seines gelebten Lebens war eigentlich größer als sein schmales Dichtwerk. Ihm gelang, was so wenigen Poeten gelingt: Er hat es verstanden, seine ganze Existenz durchweg zu stilisieren.
Auch wenn seine Leidenschaft ihn kaum unterhalten konnte, brannte Ringelnatz für sein Handwerk. Bekannt war er vor allem für seine humorvollen Gedichte und für seine Rezitationskunst. So trat er viele Jahre für nur zwei Mark und ein Bier in der Münchner Künstlerkneipe "Alter Simpl" auf und wurde schnell Teil des festen Ensembles. Er war aber auch ein durchaus begabter Schriftsteller und veröffentlichte viele Bücher, die ihm allerdings auch kaum Geld einbrachten. Als ihn dann während der Zeit des Nationalsozialismus ein Berufsverbot ereilte, hielten ihn nur noch private Spenden über Wasser, bis er 1934 im Alter von nur 51 Jahren an Tuberkulose verstarb.
4. Ringelnatz hatte viele Berufe
So war er auch Schriftsteller, Maler und Abenteurer. Das Geld reichte selten für einen vollen Magen. In Verbindung mit seinem großen Hang zum Reisen arbeitete er wohl in über 30 Berufen: Nachdem er mehrere Jahre die Meere als Seemann bereiste, war er auch als Plakatmaler, Hausmeister, Buchhalter, Bibliothekar, Archivar und Tabakverkäufer tätig. Seinen Tabakladen "Zum Hausdichter" musste er bereits nach einem dreiviertel Jahr wieder schließen (als Werbung hing im Schaufenster übrigens ein menschliches Skelett, welches auf einem Schild die Dichtkunst von Ringelnatz anpries) und seine Arbeit als Buchhalter im Reisebüro verlor er, weil er die vorgegebenen fünf Fremdsprachen nicht kannte.
5. Verliebt ins Meer
Ringelnatz verbrachte so viele Jahre es ging auf dem Meer, trotz widrigster Bedingungen: Der kleinwüchsige Ringelnatz mit seiner markanten Nase wurde andauernd gehänselt, sodass er sogar einmal in den Urwald Britisch Honduras Reißaus nahm. Nach mehreren Jahren wurde ihm dann die Ausübung des Matrosenberufs untersagt wegen seiner mangelnden Sehschärfe.
Seiner Liebe zum Meer und seinem Matrosendasein tat dies allerdings keinen Abbruch: So heuerte Ringelnatz zu Beginn des Ersten Weltkriegs sofort an und stieg zum Reserveoffizier auf. In seiner Anthologie "Als Mariner im Kriege" lässt sich sein Sinneswandel und eine ehrliche Dokumentation der Schrecken in der kaiserlichen Marine nachverfolgen. Trotz vielen, auch nicht guten Erfahrungen blieb er sein Leben lang dem Seemannstum verbunden. Er trat oft in Matrosenuniform auf und ließ sich auch zum Seemannslied "La Paloma" beisetzen.
6. Ringelnatz brachte sich selbst das Malen bei
Ringelnatz war auch ein durchaus passabler Maler. Dabei wurde er für seinen vielseitigen Stil häufig gelobt. Vor seinem Berufsverbot in der NS-Zeit waren die Bilder in den 1920er-Jahren eine wichtige Einnahmequelle für ihn. Vor allem posthum hat er (wie für viele seiner anderen Werke) Anerkennung für seine Malerei erfahren, allerdings sind viele seiner Werke verschollen. Der größte Fundus ist heute im Cuxhavener Ringelnatz-Museum zu sehen. Was seine Arbeiten für die Zeit besonders macht, ist, dass er sich das Malen fernab von Kunstschulen selbst beibrachte und einen ganz eigenen Stil entwickelte.
Quellen: MDR, Munzinger Online, Joachim-Ringelnatz-Museum Cuxhaven, Joachim-Ringelnatz-Verein
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | Feature | 16. November 2024 | 09:00 Uhr