80. Geburtstag Christoph Hein: Sieben Bücher, die man gelesen haben sollte
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09. April 2024, 14:42 Uhr
Christoph Hein gilt als Chronist der DDR und eine der wichtigsten Stimmen der deutschen Gegenwartsliteratur. Seine Romane wie "Unterm Staub der Zeit", "Landnahme" oder "Der Tangospieler" sind Bestseller. In seinen Büchern verwebt Hein persönliche Schicksale mit historischen und politischen Prozessen – ob in der DDR oder dem vereinigten Deutschland. Geboren am 8. April 1944 in Schlesien, wuchs Christoph Hein im sächsischen Bad Düben auf. Zum 80. Geburtstag des Schriftstellers empfehlen wir seine wichtigsten Werke:
Inhalt des Artikels:
- Durchbruch als Schriftsteller: "Der fremde Freund/Drachenblut" (1982)
- Christoph Heins erster Roman: "Horns Ende" (1985)
- Vorlage für berühmten DEFA-Film: "Der Tangospieler" (1989)
- Größte Demo der DDR: Heins Rede auf dem Alexanderplatz (1989)
- Erinnerungen an Kindheit und Jugend: "Von allem Anfang an" (1997)
- Roman über die Wende: "Landnahme" (2004)
- Schweres Erbe der NS-Zeit: "Glückskind mit Vater" (2016)
Durchbruch als Schriftsteller: "Der fremde Freund/Drachenblut" (1982)
Christoph Heins wohl bekannteste Novelle "Der fremde Freund" aus dem Jahr 1982 erschien aus Titelrechtsgründen in der Bundesrepublik unter dem Namen "Drachenblut". Wie Siegfried in der Nibelungensage schützt die Ärztin Claudia ihr selbstbestimmtes Leben mit einem Panzer, an dem echte Gefühle, Zweifel und Sinnfragen abprallen. Selbst der plötzliche Tod ihres Geliebten Henry bringt ihr Lebensgerüst nicht ins Wanken. Die Welt betrachtet Claudia durch die Linse ihres Fotoapparates, distanziert, nur sehend, was ins Bild gehören soll. Die Schlusssätze hallen lange nach: "Ich wüsste nicht, was mir fehlt. Ich habe es geschafft. Es geht mir gut."
Angaben zum Buch
Christoph Hein: "Der fremde Freund / Drachenblut"
Suhrkamp Verlag
174 Seiten
ISBN: 978-3-518-47391-7
Hörbuch-Version
gelesen von Christoph Hein
Der Audioverlag
Laufzeit: 315 Minuten
ISBN: 978-3-86231-713-4
Christoph Heins erster Roman: "Horns Ende" (1985)
Fünf Menschen blicken aus unterschiedlichen Perspektiven zurück auf die Zeit, in der Parteidisziplin und die Logik des Kalten Krieges die DDR-Gesellschaft bestimmten. Der Historiker Horn wird 1957 aus der SED ausgeschlossen, seine Karriere als Wissenschaftler ist beendet. Auch in der Provinzstadt, in der er eine Stelle als Museumsdirektor antritt, wird er weiter drangsaliert wegen seiner im Westen lebenden Schwester. Christoph Hein schafft es, dass die fünf Sichten auf Horns Tod ebenso viel erzählen, wie sie offen lassen. Der Leser muss sich ein eigenes Bild machen.
Angaben zum Buch
Christoph Hein: "Horns Ende"
Suhrkamp Verlag
272 Seiten
ISBN: 978-3-518-39979-8
Vorlage für berühmten DEFA-Film: "Der Tangospieler" (1989)
Einundzwanzig Monate Gefängnis – für einen Tango, den der Universitätsdozent Dallow aushilfsweise in einem Leipziger Studentenkabarett spielt. Vor dem Hintergrund des "Prager Frühlings" 1968 entwickelt sich die Geschichte um den Helden, der sich vor der Verantwortung um sein Leben drückt. Die Gaststätte "Klausner" auf Hiddensee, in die Dallow sich zwischenzeitlich flüchtet, ist übrigens auch Handlungsort von Lutz Seilers Roman "Kruso". Verfilmt wurde der "Tangospieler" 1991 mit Michael Gwisdek und Corinna Harfouch in den Hauptrollen als eine der letzten DEFA-Spielfilmproduktionen.
Angaben zum Buch
Christoph Hein: "Der Tangospieler"
Suhrkamp Verlag
192 Seiten
ISBN: 978-3-518-39977-4
Größte Demo der DDR: Heins Rede auf dem Alexanderplatz (1989)
"Liebe mündig gewordene Mitbürger. Es gibt für uns alle sehr viel zu tun, und wir haben wenig Zeit für diese Arbeit." Mit diesen Sätzen beginnt Christoph Hein seine Rede am 4. November 1989 bei der größten Demonstration der DDR-Geschichte. Auf dem Berliner Alexanderplatz versammeln sich noch einmal 400.000 Menschen, um den Reden von Künstlern, Politikern und Intellektuellen zu lauschen. Es sollte das letzte Aufflackern der Hoffnung auf ein Überleben eines demokratischen Sozialismus auf deutschem Boden bleiben. Christoph Heins Vorschlag, Leipzig zur "Heldenstadt der DDR" zu ernennen, blieb ebenso unerfüllt.
Weitere Angaben
Christoph Hein: "Rede auf dem Alexanderplatz"
Nachzulesen auf der Webseite des
Deutschen Historischen Museums
Erinnerungen an Kindheit und Jugend: "Von allem Anfang an" (1997)
In einer fiktiven Autobiografie greift Hein seine Erfahrung auf, sich als Flüchtlingskind in der neuen Heimat einen Platz schaffen zu müssen. Dem Schüler Daniel wird wie Hein selbst das Abitur verweigert, weshalb er beschließt, ein Westberliner Gymnasium zu besuchen. Auch das Milieu der Pfarrersfamilie und die Jugend in der noch im Entstehen begriffenen DDR musste Hein nicht erfinden. Diese Jugenderinnerungen bieten einen unverstellten Blick auf den Alltag in der Zeit vor dem Mauerbau zwischen Ku'damm und Kollektivierung, erster Liebelei und den Rätseln des Erwachsenwerdens im Kalten Krieg.
Angaben zum Buch
Christoph Hein: "Von allem Anfang an"
Suhrkamp Verlag
192 Seiten
ISBN: 978-3-518-47395-5
Hörbuch-Version
gelesen von Ulrich Mühe
Der Audioverlag
Laufzeit: 348 Minuten
ISBN: 978-3-86231-563-5
Roman über die Wende: "Landnahme" (2004)
Der Roman aus dem Jahr 2004 erzählt eine Erfolgsgeschichte. Aus fünf unterschiedlichen Blickwinkeln wird der Aufstieg des schlesischen Aussiedlers Bernhard Haber erzählt. Wie wurde aus dem Flüchtlingsjungen in seiner neuen Heimat einer der einflussreichsten Bürger, obwohl er als Flüchtling und Fremder angefeindet wird? Spätestens mit diesem Roman wird klar – Christoph Hein als "DDR-Autoren" zu beschreiben, greift zu kurz. Hein erzählt deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts, vor und nach der Wende, mit einer unverwechselbaren Stimme.
Angaben zum Buch
Christoph Hein: "Landnahme"
Suhrkamp Verlag
382 Seiten
ISBN 978-3-518-45729-0
Schweres Erbe der NS-Zeit: "Glückskind mit Vater" (2016)
Konstantin Boggosch, ehemaliger Schuldirektor, lebt nach erfolgreichem Berufsleben zurückgezogen und äußerlich unbeschwert in einer ostdeutschen Kleinstadt. Das Jubiläum seines ehemaligen Gymnasiums bringt das sorgsam gehütete Familiengeheimnis ans Tageslicht: Boggoschs Vater war ein NS-Kriegsverbrecher. Obwohl er seinen Vater nie kennenlernte, bestimmte dieser doch seine Lebensgeschichte, die im Roman erzählt wird. Christoph Hein stellt die Frage, wie wir umgehen sollen mit einer Vergangenheit, die wir selbst nicht zu verantworten haben, und die doch untrennbar mit uns verbunden ist.
Angaben zum Buch
Christoph Hein: "Glückskind mit Vater"
Suhrkamp Verlag
525 Seiten
ISBN: 978-3-518-47393-1
Hörbuch-Version
Gelesen von Ulrich Matthes
Laufzeit: 719 Minuten
ISBN: 978-3-86231-695-3
Redaktionelle Bearbeitung: Valentina Prljic
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Lebensläufe | 04. April 2024 | 23:10 Uhr