Kulturelle Ausflugsziele Wohin am Wochenende? Tipps für Merseburg, Bautzen und Mellingen

Rausgucken ist im Moment nicht besonders erquicklich. Der Himmel zeigt sich grau, auf den nassen Gehwegen vermischen sich einsame Hundehinterlassenschaften mit vermatschten Silvesterknallerresten. Hier und da mumifizierte Pflanzenreste. Es braucht einige innerliche Einstellung, um es mit der großen Dichterin Friederike Mayröcker zu halten. Da heißt es in einer ihrer unzähligen Gedichtzeilen: "da ich morgens und moosgrün. Ans Fenster trete". Durchhalten! Die Tage werden schon wieder länger. Mögen folgende Kulturtipps etwas "Moosgrünes" in ihr Wochenende bringen.

Haben Sie den Weihnachtsfilm "Bach – Ein Weihnachtswunder" gesehen? Entschuldigen Sie, dass ich noch einmal das Weihnachtsfest bemühe, wo doch alle Sinne längst das neue Jahr beschnuppern. Aber: Der Film macht Beschmu: Die Kirche darin war gar nicht die Thomaskirche, sondern der Merseburger Dom. Weihnachten ist nun vorbei, aber der Merseburger Dom steht noch. Und er möchte bestaunt werden – zu Recht.

Ein Wochenendbesuch reicht gar nicht aus, um die über 1.000-jährige Geschichte des Doms zu überblicken. Allein die Geschichte seines Domschatzes würde eine ganze Krimireihe füllen, wie dieser Film erzählt. Zum Beispiel kam bei einem Einbruch zu DDR-Zeiten kostbarer Schmuck abhanden. An wichtigen Männern hingegen litt der Dom keinen Mangel. Bischof Thietmar, Orgelmeister Ladegast, Thilo von Trotha, die kaiserlichen Herren Heinrich und Otto und auch die Brüder Grimm haben Spuren hinterlassen: Jakob Grimm wählte die Merseburger Zaubersprüche zum Thema seines Antrittsvortrags der Berliner Akademie der Wissenschaften am 3. Februar 1842. Diese Zaubersprüche sind die einzigen in Deutschland erhaltenen heidnischen Beschwörungsformeln! Zu sehen – tadaa – im Merseburger Dom. Vielleicht buchen Sie am besten gleich eine Führung.

Nachdem Sie im Dom verzaubert worden sind, sind Sie bereit für die Geisteshaltung der Verweigerung? Einfach mal "nö" sagen: Nö, mach ich nicht! Denn: Manche wollen einfach nicht erwachsen werden – wie Peter Pan. Nicht alt und desillusioniert werden und dazu noch fliegen können, das wär’s doch! Ein Leben voller Fantasie, Unschuld und ohne Verantwortung! Obwohl, so leicht haben es Kinder auch nicht, schließlich sind sie uns Erwachsenen ausgeliefert, zum Beispiel diesem Käpt’n Hook.

Der Komponist Leonard Bernstein war wohl auch von einem Peter-Pan-Dasein fasziniert und hat das berühmte Kinderbuch mit eigenen Texten vertont. Herausgekommen ist ein Stück im Stil eines klassischen Broadway-Musicals. Zu sehen im Deutsch-Sorbischen Volkstheater Bautzen am Samstag und Sonntag. Dort hat man es als Tanzstück für die ganze Familie umgesetzt, mit Gesang und farbenprächtigen Kostümen und einem Bühnenbild, in das man am liebsten gleich hineinkriechen möchte.

Nicht erwachsen sind die Musiker*innen der Weimarer Stadtstreicher (noch nicht). Da darf jeder mitmachen zwischen 7 und 17 Jahren. Zweimal im Jahr haben sie einen großen Auftritt. Das Kinder- und Jugendstreichorchester nennt es "Erlebniskonzert", diesmal unter dem geheimnisvollen Titel "Drei Wünsche und ein Nußknacker".

Die Sache dabei ist, dass es für ALLE ein Erlebnis sein wird, für das Publikum sowie für das Orchester und die beteiligte Erfurter Tanzgruppe "The Base". Denn stellen Sie sich vor: Monatelange Proben, die Nerven zum Zerreißen gespannt, für manche ist es vielleicht das erste Mal. Spüren Sie schon das wundervolle Lampenfieber, dass in flirrenden Wölkchen von Hinter-der-Bühne nach vorn schwebt, direkt in den Zuschauerraum. Eine aufgeregte Konzentration, von der Sie genauso erfasst werden, und die sich dann entlädt in einem gelungenen Musikerlebnis für alle. Applaus, Applaus!

Wenn Sie mal wieder davon überzeugt werden wollen, dass Menschen toll sind, dann schauen Sie sich bitte den Dok-Film "Hütten sind für alle da" an. Darin hat der Leipziger Filmemacher Birk Poßecker drei Jahre lang den Leipziger Osten mit der Kamera beobachtet. Worum geht es? Um den Kampf um Wohnraum, um Hausbesetzung, Ungleichheit, Verdrängung, Investment, Bauwagenplätze, Kriminalität, Gentrifizierung ... Uff? Nein! Hören Sie bitte den Menschen in diesem Film zu. Hier kommt Schönheit aus der Tiefe des Herzens!

Sie lernen Leute kennen, die tolle Sachen auf die Beine stellen, Träume verwirklichen und der Zeit trotzen. Sie sehen, wie sich ein vermülltes Ladengeschäft verwandelt, erfahren die Geschichte des legendären Clubs Goldhorn, besuchen einen Boxclub, einen Bauspielplatz oder einen ausgesprochen charmanten Rentner in seiner Neubauwohnung. Alle sind tolerant miteinander, ganz ohne Vorurteile. Und dass die Eisenbahnstraße die gefährlichste Straße Deutschlands sein soll – papperlapapp sagen die Anwohner*innen. 

Birk Poßecker zeigt uns das alles im romantisch-vergilbten VHS-Style. Dieser Film öffnet das Herz, versprochen. Zum ersten Mal habe ich erlebt, wie nach dem Film-Ende in der Kinobar Prager Frühling begeisterter Applaus ausbrach.

Im Programm: ARD am 18. Dezember, 20:15 Uhr | MDR Fernsehen – am 11. Januar 2025, 12:30 Uhr | MDR Sachsen am 13. Januar 2025., 21:20 Uhr