Kulturelle Ausflugsziele Wohin am Wochenende? Tipps für Gera, Zeitz und Schneeberg
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20. Dezember 2024, 14:20 Uhr
Was ist am Wochenende los, so kurz vor Weihnachten? In Gera gibt es eine Ausstellung mit Fotos der faszinierenden Avantgarde-Künstlerin Aenne Biermann im Dialog mit Werken von Heidi Specker. Einfach mal abtauchen? Das ist möglich mit einem Ausflug in das unterirdische Zeitz. Oder besuchen Sie Schneeberg: die Stadt der ewigen Weihnacht! Die GfzK in Leipzig zeigt feministische Kunst der polnischen Künstlerin Maria Pinińska-Bereś mit ganz viel Rosa. Das sind unsere Tipps:
Manchmal gibt es eine Begegnung: im Kino, in der Ausstellung, im Konzertraum. Man trifft auf ein Bild, eine Formulierung, einen Ton: Und dann ist es um einen geschehen. Man nimmt die Entdeckung mit, bindet eine imaginäre Schleife drum und versenkt sie in die persönliche Schatulle der kulturellen Kostbarkeiten. Mir ist beim Gucken des Uralt-Films "Über den Dächern von Nizza" von Alfred Hitchcock (bis zum 20.12. noch in der arte-Mediathek) ein kleiner funkelnder Satz über den Weg gelaufen: "Was uns beide unterscheidet, sind nur die Jahre und etwas Grammatik." Toll, oder? Ein Satz, der nachschwingt. Man kann ihn gut während einer Unterhaltung zücken, wie ein Lichtschwert, und sich den Anschein von Esprit geben. Mögen die Wochenend-Tipps Ihnen weitere Begegnungen bescheren.
Gera: Mit Fotografien in zwei Zeiten eintauchen
Aenne Biermann hatte ein kurzes und bewegtes Leben. Lassen Sie mich kurz daraus erzählen. Sie kam wegen der Liebe nach Gera. Die Familie ihres Mannes Herbert Biermann hatte dort ein großes Kaufhaus – heute erinnern Stolpersteine daran. Nach der Geburt ihrer Kinder legte sie sich eine Fotoausrüstung zu. Sie wollte das Großwerden der Kinder festhalten und wurde selbst groß: als professionelle Fotografin. Sie machte vielbeachtete Bilder von Pflanzen, Gesteinen, Menschen oder Dingen des Alltags.
1933, mit nur 35 Jahren, starb sie an einer Krankheit. Die Enteignung und Flucht ihrer jüdischen Familie erlebte sie nicht mehr. Die Nationalsozialisten konfiszierten 4.000 Negative der Künstlerin. Deswegen sind heute nur etwa 300 Originalabzüge der Avantgarde-Fotografin in internationalen Museen erhalten.
Noch bis zum 5. Januar (!) können Sie nun Fotos von Aenne Biermann sehen! In der Neuen Galerie für Zeitgenössische Kunst Gera. Heidi Specker, Berliner Künstlerin und Professorin für Fotografie, hat Leben und Werk von Aenne Biermann erforscht. In leisem Dialog stellt Specker ihre Arbeiten denen von Aenne Biermann gegenüber. Sie hat auch Möbel von Biermann in die Ausstellung "umgebettet" und projiziert darauf einen Film. Die Ausstellung ist eine Arbeit über Verlust und Erinnerung. Vielleicht lässt sich die Zeit dort mit den Händen greifen – für einen kurzen Moment.
Weitere Informationen zur Ausstellung (zum Ausklappen)
"Amnesia Gera. Aenne Biermann – Heidi Specker"
25. Oktober 2024 bis 5. Januar 2025
Neue Galerie für Zeitgenössische Kunst
Häselburg
Burgstraße 12
07545 Gera
Achtung, die Galerie hat derzeit verkürzte Öffnungszeiten: regulär nur donnerstags: 12 Uhr bis 14 Uhr. Für einen Besuch am Wochenende bitte einen Termin vereinbaren: unter 036555246844 oder contact@haeselburg.org. Vielleicht wäre ein Besuch auch eine Unternehmung für die ersten Tage des neuen Jahres.
Zeitz: Abtauchen ins unterirdische Labyrinth
Wenn Ihnen der Weihnachtstrubel oben auf der Erde zu laut wird, schauen Sie doch mal, was darunter liegt. Möglicherweise kommen Sie nicht bis zum Mittelpunkt der Erde wie Jules Verne, aber unter den gepflasterten Straßen und mittelalterlichen Häusern von Zeitz liegt das wohl größte zusammenhängende Gangsystem der Region. Lauter versteckte Gänge und Räume voll mit Geschichten – ein Abenteuer mit Taschenlampe und Helm, sogar Hunde dürfen mit.
Weitere Informationen zur Tour (zum Ausklappen)
"Unterirdisches Zeitz" e.V.
Altmarkt 21
06712 Zeitz
Zwischen 10 und 16 Uhr kann man hinuntersteigen – wenn man sich vorher anmeldet. Laut Website können Sie das täglich in der Zeit von 9 bis 10 Uhr unter 03441 / 212722. Damit es sich lohnt, nehmen Sie am besten alle Freunde und die Familie gleich mit.
Schneeberg: Stadt der ewigen Weihnacht
In Schneeberg ist das ganze Jahr Weihnachten. Den Beweis liefert ein Film in der ARD Mediathek. Wenn Sie sich also mal so richtig durch und durch verweihnachteln lassen wollen, dann reisen Sie dorthin. Da können Sie zum Beispiel den Bergmannsdom St. Wolfgang mit seinem dreiflügeligen Altar von Lucas Cranach besuchen. Oder im Museum für bergmännische Volkskunst die größte Sammlung an sogenannten Weihnachtsbergen begutachten, welche die Ereignisse von der Geburt, über die Kreuzigung bis zur Auferstehung Christi zeigen. Einen Weihnachtsmarkt gibt es natürlich auch.
Für den "anderen" Geschmack: Sosa liegt etwa 20 Minuten entfernt von Schneeberg. Dort werden Sie Zeuge eines noch ganz jungen Weihnachtsrituals: Der Wettbewerb um den hässlichsten Weihnachtsbaum. Kein Scherz! Sie können dazu auch online abstimmen auf haeweibau.de.
Weitere Informationen zu Schneeberg (zum Ausklappen)
Museum für bergmännische Volkskunst Schneeberg
Zobelgasse 1, 08289 Schneeberg
Dienstag bis Sonntag: 10 – 17 Uhr
Bergmannsdom St. Wolfgang
Kirchplatz 16, 08289 Schneeberg
Montag bis Samstag: 10 – 12 Uhr und 14 – 17 Uhr
Sonntag und Feiertage: 14 – 17 Uhr
Der persönliche Tipp: Feministische Kunst in Rosa
Fehlt Ihnen ein bisschen Rosa in der Vorweihnachtszeit? Dann gehen Sie bitte in die Galerie für zeitgenössische Kunst Leipzig. Dort ist die erste umfassende Einzelausstellung von Maria Pinińska-Bereś (1931 bis 1999) zu sehen – eine außergewöhnliche Künstlerin aus Polen.
In ihren Performances ging Pinińska-Bereś oft in die Natur, steckte Areale ab, hisste ihr rosa Banner und "annektierte" diesen Platz für sich. Um sich z. B. dort hinzulegen und auf den Regen zu warten. Das Publikum saß auf den Hügeln drumherum und wartete mit. Nur eine sanfte Okkupation oder kraftvolle Inbesitznahme?
Ihre eigenwilligen Objekte sind mitunter humorvoll und auch erotisch. Skulpturen stehen auf Steppdecken anstatt auf Sockeln, rosa Kissen quellen aus Türen, Brüste aus Pappmaché ragen ins Bild, rote Farbe auf Wattekissen signalisiert Gewalt. Und alles ist rosa, irgendwie fleischig. Man bewegt sich in einer rosa Irrenanstalt, in einer rosa Puppenstube voller "Psychomöbel". Aber niedlich ist das nicht. Pinińska-Bereś erzählt uns von dem, was sie erlebte, und das waren auch Krieg, Flucht, strukturelle Gewalt von Kirche, Staat und Patriarchat. Eine tolle Ausstellung!
Weitere Informationen zur Ausstellung (zum Ausklappen)
Maria Pinińska-Bereś
09. November 2024 bis bis 23. Februar 2025
in der Galerie für zeitgenössische Kunst (GfzK)
Karl-Tauchnitz-Str. 9-11
04107 Leipzig
Samstag bis Sonntag: 12 bis 18 Uhr
Im Programm: Bayrischer Rundfunk: am 06.04.2024 | MDR FERNSEHEN: am 14.11.2020, 18:50 Uhr | am 01.12.2024, 15:30 Uhr | MDR SACHSEN - Das Sachsenradio: am 13.12.2024, 05:30 Uhr
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 01. Dezember 2024 | 06:00 Uhr