Zu sehen ist Udo Vogel, Tischlermeister und Chef der Bau- und Möbeltischlerei Thier im Leipziger Osten, wie er hinter einem umgedrehten Tisch in seiner Werkstatt steht.
Udo Vogel ist Tischlermeister und Chef der Bau- und Möbeltischlerei Thier im Leipziger Osten und bietet pro Jahr einen Ausbildungsplatz als Tischler an. Bildrechte: Emma Mack

Kultur-Berufe am Bau Ausbildung zum Tischler: Die Kunst der Restaurierung

26. Februar 2024, 04:00 Uhr

Die Frage, welcher Beruf zu mir passt, ist nicht leicht zu beantworten, wenn man viele Interessen hat. Der Kulturbereich bietet hier attraktive Möglichkeiten, zum Beispiel das Interesse für Kultur und Handwerk zu vereinen – unter anderem, wenn historische Kirchen, Schlösser oder Fachwerkhäuser nach alten Traditionen restauriert werden. Ein solcher Beruf ist der des Tischlers. Sägen, hobeln, schleifen: Der Job ist unter Auszubildenden beliebt wie kaum ein anderer im Handwerk. Sie wollen lernen, wie Holz bearbeitet wird und die Kunst der Restaurierung kennenlernen. Hier gibt es alle Informationen zu Ausbildung, Gehalt und warum dieser Beruf keineswegs an Relevanz verloren hat.

Was genau macht ein Tischler?

Im Tischlerhandwerk unterscheidet man grundsätzlich zwischen dem Bau- und Möbeltischler. Der Möbeltischler plant und fertigt Möbelstücke und Einrichtungsgegenstände. Der Bautischler beschäftigt sich mit Türen, Fenstern, Holzkonstruktionen wie Terrassen oder Holzfassaden. Es wird aber nicht nur neu angefertigt, sondern Tischler sanieren und restaurieren auch alte Holzarbeiten.

In der Leipziger Bau- und Möbeltischlerei Thier hat man es sich zum Ziel gesetzt, die Grundsubstanz historischer Holzbauten zu erhalten. Dafür werden in den verschiedenen Werkstätten der Tischlerei alte Gegenstände wie historische Eingangstüren aufgearbeitet oder defekte Holzteile ausgebaut, repariert und neu verarbeitet.

Was wird von Auszubildenden erwartet?

Udo Vogel ist Tischlermeister und Chef der Bau- und Möbeltischlerei Thier im Leipziger Osten. Das Unternehmen hat er, noch während seiner eigenen Ausbildung zum Meister, aus Familienhand übernommen. Seit Jahren bildet er hier jetzt aber auch selbst junge Tischlerlehrlinge aus. Bei seinen Auszubildenden ist ihm besonders wichtig, dass sie eine Leidenschaft für das Handwerk und die Holzverarbeitung mitbringen: "Der Tischlerberuf ist ein sehr kreativer Beruf. Man kann sich wirklich gut entfalten dabei, man braucht aber ein bisschen handwerkliches Geschick." Deshalb rät er jedem angehenden Auszubildenden, vor dem Start der Ausbildung ein Praktikum einzulegen, um die eigene Tauglichkeit für den Beruf zu testen.

Wie läuft eine Ausbildung zum Tischler ab?

Wer Tischler werden möchte, durchläuft ein duales Ausbildungssystem. Dabei verbringt man die drei Jahre der Ausbildung im Wechsel zwischen Berufsschule und in der Werkstätte des Ausbildungsbetriebs. In verschiedenen überbetrieblichen Lehrgängen lernt man zusätzlich die Grundlagen der Maschinenführung und der Holzverarbeitung. Die Abschlussprüfung am Ende der Ausbildung besteht aus drei Teilen. Neben dem Bau des Gesellenstücks, müssen die Lehrlinge auch eine theoretische und praktische Prüfung absolvieren.

In der Werkstatt der Tischlerei Thier laufen die neuen Auszubildenden erst einmal mit den Gesellen mit. "Wenn ich sehe, dass jemand bereits selbständig in der Lage ist zu arbeiten, dann bekommt der natürlich auch schnell seine eigenen Projekte, was denjenigen dann ungemein schult", erklärt Udo Vogel.

Ein Blick in die Tischlerei Thier im Leipziger Osten.
Blick in die Werkstatt der Tischlerei Thier im Leipziger Osten Bildrechte: MDR/Emma Mack

Findet man leicht einen Ausbildungsplatz?

Die Tischlerei Thier kann sich vor Bewerbungen kaum retten. Udo Vogel: "Ich habe hier jedes Jahr einen Stapel an Bewerbungen liegen, und da sind wirklich gute Leute dabei, wie Abiturienten mit einem Durchschnitt von 1,2. Die könnten damit auch eigentlich ein Medizinstudium angehen." Vogel kann aber nur einen Auszubildenden pro Jahr annehmen. Er glaubt, dass der Tischlerberuf gerade unter jungen Leuten wieder eine kleine Renaissance erlebt. Der Hype liege daran, dass man mit dem Erlernten besonders viele Projekte selbst umsetzen kann. "Dann kann man eben auch sein eigenes Zuhause schön machen oder mal einen alten Schreibtisch selber restaurieren."

Welches Gehalt gibt es in der Ausbildung?

Die durchschnittliche Ausbildungsvergütung für Tischlerlehrlinge liegt im ersten Lehrjahr bei rund 700 Euro, ca. 840 Euro im 2. Lehrjahr und 950 Euro im 3. Lehrjahr. Je nach Region kann die Vergütung aber variieren.

Welches Gehalt gibt es nach der Ausbildung?

Nach Abschluss einer Berufsausbildung kann ein Tischler mit einem durchschnittlichen Jahresgehalt von 23.000 Euro bis zu 33.000 Euro rechnen.

Wie sieht ein typischer Tag als Tischler aus?

Arbeitsbeginn ist in der Tischlerei Thier morgens 7 Uhr. Ihre Aufgaben für den Tag bekommen die Mitarbeitenden hier meistens schon am Vortag zugeteilt, damit sie sich gedanklich schon einmal darauf vorbereiten können. Nach einer kurzen Absprache in der Werkstatt wird vorbereitet, was für den Tag gebraucht wird.

Je nach Aufgabenlage teilt man sich hier auf: Die einen fahren auf Montage, bringen beim Kunden Holzarbeiten wie beispielsweise Wandverkleidungen, Einbauschränke oder Kassentresen an. Die anderen bleiben in der Werkstatt und bauen an ihren Projekten. Das kann hier die Restauration alter Möbelstücke oder neuer Stücke, wie Fenster, Türen oder Schränke sein. Um 15:30 Uhr trifft man sich wieder in der Werkstatt zu letzten Arbeitsnachbereitungen und um 16 Uhr ist in der Tischlerei Thier Feierabend.

Welche Arbeiten liegen Tischlern besonders am Herzen?

"Wir haben eine tolle Restaurationsarbeit an dem Eingangsportal der russisch-orthodoxen Kirche hier in Leipzig gemacht und auch fürs Völkerschlachtdenkmal die Umbauten der Kassentresen übernommen. Oder für das Bildermuseum die Galeriewände entworfen und gebaut", erzählt Udo Vogel von den für ihn spannendsten Aufträgen seiner Tischlerkarriere. Interessant ist die Arbeit für ihn dann, wenn man die Möglichkeit hat, besonders Individuell zu arbeiten.

Was macht den Beruf besonders?

"Der Tischlerberuf ist ein besonders schöner Beruf, weil man am Ende des Tages sieht, was man geschaffen hat. Man hält das fertige Produkt dann wirklich in den Händen", so Udo Vogel. Er liebe auch den Geruch von frischgeschnittenem Holz. Für ihn ist Holz ein besonders Interessanter Werkstoff, da er so vielseitig zu bearbeiten ist: "Man kann es fräsen, schleifen, ölen oder ihm eine schöne Farbe geben." Das unterscheidet das Handwerk von anderen: "Ich persönlich hätte keine Lust, den ganzen Tag auf Metall rumzusägen."

Ein Blick in die Tischlerei Thier im Leipziger Osten.
In der Tischlerei Thier sind schon verschiedene historische Stücke aus Leipzig restauriert worden. Bildrechte: Emma Mack

Wird der Beruf nicht langweilig?

Eintönig wird es als Tischler nicht, erklärt Udo Vogel: "Wir stehen immer wieder vor neuen Herausforderungen. Jeder Auftrag ist eine neue Herausforderung, keiner gleicht dem davor." Für individuelle Probleme müssen die Tischler immer wieder neue Lösungen parat haben und sich Gedanken machen, wie sich diese umsetzen lassen. Auch er lerne nach vielen Jahren im Beruf deshalb immer noch dazu und findet immer wieder neue interessante Aspekte, erzählt der Tischlermeister.

Berufe in der Kultur und im Handwerk

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Hier ab Vier | 05. Januar 2024 | 16:00 Uhr

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