Umfrage Marisca Frisca, Gemüseverkäuferin
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08. Januar 2019, 16:30 Uhr
Ich verkaufe seit knapp 50 Jahren mein Gemüse auf dem Obor-Markt in Bukarest. Angefangen habe ich als 19-Jährige. Ich habe damals noch auf dem Markt geschlafen, auf den Holzbrettern, auf denen tagsüber das Gemüse lag. Gegen Mitternacht ging es zu Bett, um 4 Uhr morgens ging der Verkauf weiter. Gegenüber der Markthalle gab es eine Stahlfabrik, in der rund um die Uhr gearbeitet wurde. Jetzt ist davon nur noch eine Werksruine zu sehen. Nach 1989 wurde die Fabrik dicht gemacht wie so viele in Rumänien. Ich bin ganz ehrlich: Mir ging es im Ceausescu-Regime besser. Ich hatte in der landwirtschaftlichen Kooperative gute Arbeitsbedingungen und hätte im Alter eine gesicherte Rente gehabt.
Jetzt arbeite ich immer noch, weil ich das Geld brauche. Wie viel ich monatlich verdiene? Das lass ich nur den Herrgott wissen. Doch ich sage Ihnen, ich kann mit dem Lohn nur von heute auf morgen leben. Geld für Reisen habe ich keines. Aber ich reise ja täglich von meinem Dorf Băleni-Sârbi nach Bukarest und zurück. Zuhause bauen wir auf über vier Hektar Gemüse an, alles hundert Prozent Bio. Meine jungen Kunden schauen nicht auf die Preise, aber die Rentner kämpfen um jeden Leu. Die garantierte Mindestrente liegt bei uns bei 640 Lei (umgerechnet 139 Euro). Denken Sie etwa, dass man damit überleben kann? Unsere Politiker hauen sich hingegen die Taschen voll. Ich gehe zu keiner Wahl mehr, weil keiner meine Stimme verdient. Was ich von der EU-Ratspräsidentschaft halte? Wissen Sie, so viel Fernsehen schaue ich nun auch wieder nicht. Ich weiß eigentlich nur, was mir die Leute hier auf dem Markt erzählen.
Über dieses Thema berichtet MDR AKTUELL auch im: Radio | 31.12.2018 | 17:00 Uhr