Billhardts Sibirien

Landschaften

Fotograf Billhardt mit umgehangener Kamera in einem Feld, im Hintergrund Zugwaggons
Thomas Billhardt auf einem seiner fotografischen Streifzüge. Er fotografiert alles, was ihm vor die Linse kommt. Bildrechte: CameraWork
Fotograf Billhardt mit umgehangener Kamera in einem Feld, im Hintergrund Zugwaggons
Thomas Billhardt auf einem seiner fotografischen Streifzüge. Er fotografiert alles, was ihm vor die Linse kommt. Bildrechte: CameraWork
Flößer in Moskau  aus Vogelperspektive
Die Moskwa in Moskau: Ein Flößer zieht Baumstämme durch den Fluss mitten in der Stadt. Es ist ein nicht ganz ungefährliches Unterfangen, die Holzmassen durch die Stadt zu manövrieren. Für den Fotografen Thomas Billhardt ist das Bild ein Symbol: Tradition und Moderne treffen an dieser Stelle aufeinander. Bildrechte: CameraWork
Autokolonne fährt auf gewundener Straße durch eine weite Feldlandschaft
Die Delegation fährt in riesigen Kolonnen durch endlos große Felder. Fotograf Thomas Billhardt hängt sich wagemutig mit dem ganzen Oberkörper aus dem Seitenfenster des Autos, um seine Fotos zu schießen. Er erinnert sich noch an die positive Stimmung der Delegation 1964: "Die Begeisterung über die technische Revolution und die Bewunderung über die Fähigkeit, die unendliche Natur zu bezwingen, war unbeschreiblich." Bildrechte: CameraWork
schnurgerade Straße in einem schier endlosen Feld. Zwei weiße Autos am unteren Bildrand, Frauen und Männer in Kostümen und Anzügen bestaunen die Weite der Landschaft
Hier zeigten die stolzen Sowjets der Delegation ihre riesigen Felder. Thomas Billhardt klettert auf das Autodach, um die Dimension und die Endlosigkeit besser erfassen zu können. "Damals waren solch große Felder das Ah und Oh", erinnert sich der Fotograf. "Dass die großen Felder und die vielen Missernten damals ein Widerspruch in sich waren, spielte keine Rolle." Bildrechte: CameraWork
Silhouette einer Kuh auf einem Feld
Eine einsame Kuh in der großen Welt. Für Thomas Billhardt ist dieses Bild ein kleines Detail inmitten eines gewaltigen Augenblicks: "Ein einzelnes Lebewesen inmitten einer Welt, die versucht, die unbezwingbare Natur zu bändigen." Bildrechte: CameraWork
Blick durch die Stämme eines dichten Birkenwalds auf ein Pärchen.
"Das Bild ist für mich der Inbegriff Sibiriens", erzählt Thomas Billhardt: Ein Liebespaar versteckt sich im unendlichen sibirischen Birkenwald, der es vor neugierigen Blicken schützt. "Die Paare dort waren so schüchtern, so romantisch und doch so unerfahren und verklemmt." Er erinnert sich an die Wildheit der jungen Menschen, das Temperament, das einerseits so schön sei und gleichzeitig so gefährlich sein könne: "Viele Menschen haben mir erzählt, dass diese romantische Wildheit oft einen negativen Beigeschmack hat, dass es viel brutale Gewalt gab unter den Sibiraken und auch viele Vergewaltigungen - weil die jungen Männer nicht aufgeklärt waren." Bildrechte: CameraWork
Autos und Straße im Regen
Ein typisches Bild: Das riesige Sibirien mit all seiner Romantik und gleichzeitiger Trostlosigkeit. Die funkelnde Nässe der Regentropfen auf der Windschutzscheibe vor primitiven Lichtleitungen... "Die Straßen waren eine Katastrophe, da konnte man keine schicken Schuhe anziehen," erinnert sich Thomas Billhardt. "Wobei das für mich als Besucher auch einen erotischen Reiz hatte: Es gab da so schöne Frauen, die in derben Kleidern herumliefen. Und gleichzeitig ist das so traurig, denn sie können sich nie schöne Schuhe anziehen." Bildrechte: CameraWork
Irkutsker See
Der Irtutsker Stausee im Jahr 1964. Die Baumstämme werden provisorisch abgefangen, damit sie die Turbinen nicht beschädigen. Der Fotograf Thomas Billhardt ist beeindruckt von der schier endlosen Weite des Stausees: "Mitten in Sibirien entsteht ein neues Meer."

Über dieses Thema berichtet der MDR in MDR Kultur, 29.04.2017, 09.05 Uhr.
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Irkutsker See
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Arbeiter, Komsomolzen, schöne Frauen

Frauengesicht mit Blume
"Solche Bilder mache ich gerne", sagt Thomas Billhardt. Die jungen Studenten in Irkutsk. "Viele Mädchen trugen Blumen im Haar - weil sie dort keinen Schmuck hatten. Das fand ich sehr schön." Hier entdeckt der Fotograf eine große Leidenschaft: Schöne Frauen zu fotografieren. Dabei setzt er gern auf einen Überraschungseffekt. Er fotografiert die Menschen unbemerkt, "um die Ecke", wie er es nennt, um ein echtes Lachen einzufangen. Gestellte Fröhlichkeit mag er nicht. Bildrechte: CameraWork
Frauengesicht mit Blume
"Solche Bilder mache ich gerne", sagt Thomas Billhardt. Die jungen Studenten in Irkutsk. "Viele Mädchen trugen Blumen im Haar - weil sie dort keinen Schmuck hatten. Das fand ich sehr schön." Hier entdeckt der Fotograf eine große Leidenschaft: Schöne Frauen zu fotografieren. Dabei setzt er gern auf einen Überraschungseffekt. Er fotografiert die Menschen unbemerkt, "um die Ecke", wie er es nennt, um ein echtes Lachen einzufangen. Gestellte Fröhlichkeit mag er nicht. Bildrechte: CameraWork
Mann mit Schiebermütze und Zigarette, Blick direkt in die Kamera
Dieses Bild kam damals gar nicht gut an. "Das passte so gar nicht in das Bild des typischen Sozialisten, welches die Leute damals sehen wollten. Der Mann ist dreckig, unrasiert, hält eine Zigarette in der Hand. "Was ich fotografieren sollte, waren Menschen, die lachen - alles lacht im Sozialismus, das sollte ich zeigen." Ein SED-Funktionär über den Fotografen: "Billhardt hat nicht das gemacht, was wir wollten. Aber er hat Bilder gemacht, die um die Welt gegangen sind - und wir haben ihn benutzt." Bildrechte: CameraWork
Sommersprossiger Junge mit schwarzer Schiebermützer und auffälligen Schneidezähnen
Auch dieses Bild wurde als antikommunistisch aus dem geplanten Bildband herausgenommen. "Da waren sie böse", erinnert sich der DDR-Fotograf Thomas Billhardt an den Moment, an dem er dem DDR-Jugendverlag und dem Sowjetverlag seine Bilder zeigte. Diese wollten lieber Denkmäler abbilden und singende und tanzende Menschen zeigen und nicht das wirkliche Leben, das Billhardt in seinen Bildern eingefangen hatte. Bildrechte: CameraWork
Portät einer jungen Frau mit langem, blondem Haar, das zu einer turmartigen Frisur um den Kopf geschlungen ist
"Meine Madonna", so nennt Thomas Billhardt diese junge sibirische Studentin. Das Teleobjektiv lässt das Chaos um sie herum unscharf wirken. "Sie sah so edel aus, hatte so schöne Augen. Diese Frau verfolgte mich." Bildrechte: CameraWork
Mann mit Wodkaflasche, die er zum Trinken ansetzt
Auch dieses Bild wollten die Sozialisten nicht veröffentlichen: Es zeigt einen Mann aus dem südlichen Sibirien, der eine Wodkaflasche leert. "Das gehörte dazu", erzählt Billhardt. "Da herrschten keine guten Manieren. Auch in einer Kneipe wurde da eine Flasche Wodka auf den Tisch gestellt, aus der die Männer dann einfach so getrunken haben - ohne Gläser. Ich empfand das aber als lustig und liebenswert." Bildrechte: CameraWork
Fünf Frauen auf einer improvisierten Baumstammbank, der Baumbalken, auf dem sie sitzen, ist stark gebogen; vor den Frauen spielen zwei Kinder Federball
Eine selbstgebaute Parkbank, die sich unter ihrer Last biegt. "Ich dachte immer, bestimmt bricht sie noch zusammen", so Billhardt. Doch die jungen Zuschauer, die den beiden anderen Kindern beim Federball zuschauen, kümmert das nicht. Bildrechte: CameraWork
Drei Menschen auf einer Parkbank, links ein Pärchen,d ass zum kusse ansetzt, rechts daneben lesend, eine Frau mit langem Rock
Ein junges Paar sitzt auf der Parkbank in inniger Zuneigung. Direkt daneben eine Frau, die unberührt in ihrem Buch schmökert. "Ich habe damals viele Parkbänke fotografiert. Auf Parkbänken war immer was los. Vielleicht hatte das damit zu tun, dass die Wohnungen in der Sowjetunion so klein waren und sich die Menschen draußen aufhalten mussten", erinnert Thomas Billhardt sich. Bildrechte: CameraWork
Alte Mütterchen mit Kopftuch
Die Bauarbeiter an den Staudämmen haben ihre Omas und Mütter mitgebracht, die sich um die Kinder kümmern konnten. Dort wurden im Nichts ganze Städte gebaut. Er erinnert sich, wie er im Irkutsker Stausee nackig baden ging und bei der plötzlichen Kälte im reißenden Wasser plötzlich Todesangst bekam. "Wäre ich nicht rechtzeitig aus diesem Wasser wieder herausgekommen, wäre ich, nackig wie ich war, vor diese Mütterchen geschwemmt worden." Bildrechte: CameraWork
Frauen, Männer und Kinder stehen winkend vor einem Denkmal
Thomas Billhardt erinnert sich "mit Herzklopfen" an die Freundlichkeit der Menschen in Sibirien. "Nach ein paar Wodkas konnte ich plötzlich russisch und wir haben viel zusammen gelacht. Beim Abschied wurde dann immer viel geheult. Ich wusste ja, die Menschen sehe ich nie wieder."

Über dieses Thema berichtet der MDR in MDR Kultur, 29.04.2017, 09.05 Uhr.
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