Russlands Präsident Putin und seine Rolle als KGB-Mann in Dresden
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24. Februar 2022, 17:19 Uhr
Der russische Präsident und Ex-KGB-Mann Wladimir Putin, mittlerweile in seiner vierten Amtszeit, inszeniert sich gern als Familienmensch und gilt als begnadeter Rhetoriker. Für den KGB verbrachte der heutige russische Präsident viereinhalb Jahre in Dresden: von August 1985 bis kurz nach der Wende. Jetzt werden neue Details bekannt.
In der ehemaligen Sowjetunion war Wladimir Putin zunächst für Auslandsspionage beim In- und Auslandsgeheimdienst KGB tätig, bevor ihn sein Weg in die DDR führte. Viereinhalb Jahre, von August 1985 bis kurz nach der Wende, verbrachte der heutige russische Präsident Wladimir Putin in Dresden im Dienste des KGB. Dabei insziniert sich der in Leningrad – dem heutigen St. Petersburg – geborene Arbeitersohn gern als Familienmensch. Er gilt als begnadeter Rhetoriker.
Putins Zeit als KGB-Offizier in Dresden
1985 kam Putin nach Dresden, wo er gemeinsam mit seiner Familie und seinem Hund lebte. Wie er später einmal sagte, gehörten die Dresdener Jahre zu seinen schönsten. In welchem Umfeld der KGB-Mann in Dresden lebte, mit welchen Kollegen er arbeitete und in welchen Strukturen, darüber wusste man wenig. MfS-Oberst Günter Wenzel hat mit Putin viele Jahre zusammengearbeitet. Für Wenzel war Putin ein gewissenhafter Organisator, der seine Versprechen einhielt.
Wenn ich mit ihm etwas abgesprochen habe, ob das nun solche Veranstaltungen waren wie Ausfahrten, Schachspiele oder Sportwettkämpfe, dann konnte man sich darauf verlassen, es hatte Hand und Fuß, was er macht. Also man braucht dann nicht noch einmal nachsetzen und sagen, hast du das gemacht oder so. Ziel erkannt und es wurde organisiert.
So kam es zwischen der KGB und der Stasi zu gemeinsamen Aktivitäten wie Schach- und Volleyball-Turnieren. Auch gemeinsame Sightseeing-Touren durch die DDR wurden organisiert – dabei waren besonders geschichtsträchtige Orte beim KGB-Mann beliebt.
Die waren ja auch bestrebt, sagen wir mal, unsere Geschichte kennenzulernen. Hier gibt es ja eine Rückkoppelung zu Arbeit. Sie waren ja auf deutschem Boden, auf dem Gebiet der DDR, und mussten ja mit dem deutschen Problem klarkommen.
Enthüllungen zu Putins Zeit in Dresden
Der KGB hatte in der DDR in jeder Bezirksstadt eine Niederlassung – in Dresden war es die Angelikastrasse 4. Ihre Operationen werden bis heute streng geheim gehalten. Welchen genauen Tätigkeiten Putin nachging, war lange Zeit kaum etwas bekannt – selbst die penibel geführten Stasi-Akten geben darüber keinen Aufschluss. Dort taucht Putins Name nur in unzusammenhängenden Blättern auf. Die Journalistin Catherine Belton hat in ihrem aktuellen Buch "Putins Netz" das Bild nun ergänzt.
Schmuggel von Technologie im Auftrag des KGB
Dresden war demnach viel mehr als nur das "ostdeutsche Nest", als das es gern dargestellt wird, um die geringe Bedeutung des Aufenthalts Putins dort zu unterstreichen. In Dresden war vielmehr der Sitz von Robotron, dem größten Elektronikhersteller in der DDR. Robotron war ein sogenanntes Großkombinat. Der Betrieb produzierte Großrechner, Privatcomputer und andere Geräte und spielte daher eine zentrale Rolle bei den Versuchen der Sowjets und der DDR, sich illegal Zugang zu westlichen Hightechkomponenten zu verschaffen. Auch ein Großteil des ostdeutschen Technologieschmuggels lief über Dresden ab, stellt Franz Sedelmayer klar, den Catherine Belton für ihr Buch befragt hat. Sedelmayer war ein westdeutscher Sicherheitsberater, der später in Sankt Petersburg mit Putin zusammengearbeitet hat und in den 1980er-Jahren in das Familienunternehmen in München einstieg, das Verteidigungsgüter in den Nahen Osten lieferte. Dresden war seiner Aussage zufolge das Zentrum dieses Schwarzhandels.
Vorbereitungen auf das Ende des Ostblocks
Durch Beltons Recherchen wird außerdem deutlich, dass Putin offenbar bereits 1986 in Vorbereitungen für den Fall involviert war, dass das politische System in der DDR zusammenbricht. Auch darauf war man demnach vorbereitet. 1986 hatte Stasi-Chef Erich Mielke die Weisung erlassen, dass eine Eliteeinheit, die "Offiziere im besonderen Einsatz", auch dann im Amt bleiben sollte, wenn die Regierungszeit der SED ein plötzliches Ende fände. Die Zukunftssicherung begann, indem die Stasi anfing, Geld über ein Netzwerk von Firmen in den Westen zu schmuggeln, um dort geheime Vermögen anzuhäufen, damit derartige Tätigkeiten nach dem Zusammenbruch weitergeführt werden können. Dresden soll dabei ein "Dreh- und Angelpunkt" gewesen sein. Diese Transaktionen spielten sich genau in der Zeit ab, in der Putin Hauptverbindungsmann zwischen dem KGB und Dresdner Stasi war. Da der KGB aber effektiver in der Vernichtung seiner Akten als die Stasi war, bleibt Putins tatsächliche Rolle bei dieser Aktion weiter unklar.
Hat Putin die RAF unterstützt?
Einen weiteren heiklen Punkt beschreibt Catherine Belton in ihrem Buch: Demnach habe ein nicht namentlich genanntes ehemaliges Mitglied der linksradikalen Rote Armee Fraktion (RAF) angegeben, Putin in Dresden getroffen zu haben. Der KGB-Mann Putin soll nach seiner Aussage Mitglieder der Gruppe, die in den 1970er- und 80er-Jahren in ganz Westdeutschland Angst und Schrecken verbreitete, unterstützt haben.
Putins einziger "Auftritt" in Dresden
Während seiner gesamten Zeit in Dresden, von 1985 bis 1990, trat Putin nur einmal öffentlich in Erscheinung. Im Oktober 1989 stürmten Demonstranten die Stasi-Zentrale. Ihr Siegeszug führte sie in Richtung KGB-Residentur. Dort trafen die Demonstranten auf Major Putin. Der Augenzeuge Siegfried Dannath-Grabs erinnert sich an die Situation.
Putin kam auf die Gruppe zu, bis zum Tor, und sprach in einem fließenden Deutsch, aber mit festen, bestimmten Worten und unmissverständlich: 'Das Gelände ist sehr gut bewacht von meinen Genossen. Sie haben Schusswaffen. Wenn Unbefugte in dieses Gelände eindringen, dann habe ich Schießbefehl erteilt.'
Mit dem Zusammenbruch des Sowjetsystems verlieren sich Putins KGB-Spuren in Deutschland endgültig. Die Dresdner Jahre, sagte er einmal, seien seine schönsten gewesen. Putins späterer Aufstieg zum Kreml-Chef ist bekannt.
Eine frühere Version des Artikels wurde bereits 2020 veröffentlicht.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Zeitreise | 29. November 2020 | 22:00 Uhr