Eine Eisverkäuferin hat ein Softeis Himbeer-Vanille aus einer originalen DDR-Softeismaschine gezapft.
Softeis war nicht nur in der DDR ein Renner. Bildrechte: Verfügbar für Kunden mit Rechnungsadresse in Deutschland. | Patrick Pleul

Speise-Eis: Vom Gletscher zur Eiswaffel Die lange Geschichte vom kalten Genuss

26. Juni 2024, 16:35 Uhr

Ob Softeis wie zu DDR-Zeiten oder die wildesten neuen Gelato-Kreationen vom italienischen Eiscafé um die Ecke mit Gurke, Malvenblüten oder gar Aktivkohle: Speiseeis ist für viele nicht nur im Sommer ein Muss und hat eine Jahrtausende alte, bunte Geschichte hinter sich.

Eis
Eis, soviel das Herz begehrt: bunte Eisauswahl. Bildrechte: Colourbox.de

Softeis wie zu DDR-Zeiten ist wieder voll im Trend und weckt bei vielen wohlige Kindheitserinnerungen. Andere setzen auf gewagte Trends – ob mit Aktivkohle, Ingwer oder sogar Fleisch. Ob traditionell oder modern: Besonders in der sommerlichen Hitze darf das Speiseeis nicht fehlen. Doch was heute selbstverständlich ist, war lange Zeit ein rares Luxusgut und nur den Wenigsten vorbehalten.

Gebirgseis mit Honig

Die Anfänge der kühlen Schlemmerei werden im alten China vermutet. Dort soll man schon weit vor Christi Geburt Schnee und Eis aus Gebirgen oder Gewässern mit Fruchtmischungen, Honig oder Gewürzen genossen haben. Aus dem alten Griechenland ist überliefert, dass Hippokrates, der Vater der modernen Medizin, schon im fünften Jahrhundert vor Christus Eis benutzte, um das Wohlbefinden seiner Patienten zu steigern.

Perfektes Eis oder Löwenfraß

Vom römischen Kaiser Nero dagegen heißt es, dass er fünf Jahrhunderte später Boten in die Albaner Berge nahe Rom schickte, um Eis als kalten Genuss zu beschaffen. Doch wem es unterwegs schmolz, dem drohte eine Begegnung mit den Löwen des Kaisers. Erfrischendes Eis war viele Jahrhunderte schwer zu beschaffen, erklärt Ernährungshistoriker Christoph Klotter.

Das ist ein ganz rares Produkt und das gibt’s schon Ewigkeiten. Das ist keine moderne Erfindung, sondern es gehört zum Kulturgut des Menschen dazu, als Luxusgut, also für die oberen Zehntausend, einfach weil es schwierig herzustellen ist.

Made in China - Geheimnis aus Fernost

Wie man Eis künstlich herstellen kann, indem man Salpetersalz in Wasser auflöst, war in China bereits im Mittelalter bekannt. Von diesem Geheimnis dürfte schon der italienische Weltreisende Marco Polo Ende des 13. Jahrhunderts am Hof des Mongolenherrschers und Kaisers von China, Kublai Khan, erfahren haben.

Polo berichtet jedenfalls von kühlen Köstlichkeiten, die er verkosten durfte. Aus seiner Heimat Italien wird von der ersten künstlichen Eisherstellung aber erst aus dem 16. Jahrhundert berichtet. Von dort verbreitet sich der gefrorene Genuss schließlich in ganz Europa und der Welt.

Prominente Eisliebhaber

Pückler-Eis
Pückler-Eis - dreifarbig wie eh und je. Bildrechte: MDR/Lutz Leischke

Neben dem französischen "Sonnenkönig" Ludwig XIV. gehörten die US-Gründerväter George Washington und Thomas Jefferson zu den prominenten Förderern des Eisgenusses, ebenso wie ein gewisser Fürst Pückler aus dem sächsischen Bad Muskau. Der berühmte Landschaftsarchitekt hat das nach ihm benannte dreischichtige Sahneeis zwar nicht selbst erfunden, es aber durch Verleihung seines Namens quasi geadelt.

Die Geburt der "Eisdiele"

Als vermutlich erste "Eisdiele" in Deutschland wurde bereits 1799 der Alsterpavillon in Hamburg begründet. Der Begriff entstand aber erst wesentlich später, als nach dem Zweiten Weltkrieg Eiswagen verboten waren und Eis deshalb aus Wohnhäusern verkauft wurde: aus dem Hausflur, der Diele, oder mit einem Dielenbrett unter dem Fenster für die kleine Kundschaft. Bis dahin waren Eiswagen jahrzehntelang im Straßenverkauf üblich.

Ein traditionsreiches Gewerbe

Auch das Familienunternehmer Schmelzer aus Bernburg an der Saale verkaufte lange Zeit Eis aus Straßenwagen. Die Idee übernahm die Familie von den ersten italienischen Gelaterien, die Anfang des 20. Jahrhunderts auf die deutschen Jahrmärkte und Schützenplätze kamen. Seit 1903 verkaufen die Schmelzers ihr Milcheis, das im Wagen mit zusätzlichem Roheis gekühlt wurde, erzählt Eismacher Gerhard Schmelzer.

Das Eis wurde im Prinzip auch so gemacht wie heute: also mit Milch und Zucker. Das waren die wesentlichen Bestandteile, ein Bindemittel kam natürlich auch noch dazu. Das wurde dann in die Eiswagen eingepackt, in Porzellanbehälter und die wurden gekühlt mit Roheis, auf das Salz gestreut wurde. Das entzog dem Eis die Wärme, so hielt es länger vor.

Eine gut gekühlte Revolution

Schoko-Vanille-Softeis in einer Muschelwaffel mit Namensloeffelchen, eine typische Nachspeise aus der ehemaligen DDR, ist am 09.10.2018 im Restaurant Volkskammer in Berlin zu sehen.
So sah das kalte Vergnügen in der DDR aus: Schoko-Vanille-Softeis in einer Muschelwaffel mit Namenslöffelchen. Bildrechte: picture alliance / dpa Themendienst | Franziska Gabbert

Trotz erster Eismaschinen aus dem 19. Jahrhundert, die noch chemisch funktionierten, brachte erst der Siegeszug des elektrischen Kühlschranks ab den 1950er-Jahren auch den Durchbruch des Speiseeises als Massenprodukt. Ob aus der Waffel oder dem Becher, vom Stiel oder direkt aus dem Eimer: Für den frostigen Genuss in fast allen Geschmacksrichtungen ist erst seitdem bestens gesorgt, wie Ernährungshistoriker Christoph Klotter zusammenfasst.

Das Eis, das wir jetzt vor uns sehen, ist natürlich ohne Elektrifizierung gar nicht denkbar. Früher war es ein Luxusgut und heute ist es ein Alltagsartikel. Das ist eine Revolution, die wir gar nicht richtig wahrnehmen.

Über dieses Thema berichtete MDR KULTUR auch im: Radio | 20.07.2017 | 07:48 Uhr

Der Artikel wurde erstmals 2017 veröffentlicht.

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