Warten auf Weihnachten Woher kommt der Adventskalender?
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01. Dezember 2022, 05:00 Uhr
Kaum ein Brauch in der Vorweihnachtszeit ist so beliebt wie der Adventskalender. Wie der Adventskranz oder die Adventskerze visualisiert er die Wartezeit bis Weihnachten. Doch woher kommt die Tradition des Adventskalenders? Sowohl sein Name als auch die Verwendungsformen durchleben in fast 200 Jahren viele Veränderungen. Freuten sich die Kinder einst über Heiligenbilder, werden auch Erwachsene heute mit den verschiedensten Überraschungen verwöhnt.
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Ursprünge der Kalendertradition
Die ersten Belege für Adventskalender gehen auf das Jahr 1851 zurück. In dieser Zeit gab es einen evangelischen Brauch, bei dem man täglich ein christliches Bild aufgehängt hat. Manche Familien zeichneten auch nur mit Kreide 24 Striche an die Wand oder die Tür. Die Kinder durften jeden Tag einen Strich wegwischen, um so die übrigen Tage bis Weihnachten im Blick zu behalten. Auch in katholischen Familien gab es ähnliche Traditionen. Hier wurde beispielsweise in die Weihnachtskrippe jeden Tag ein neuer Strohhalm gelegt, damit das Christkind an Heiligabend weich gebettet liegen konnte. Dabei gibt es noch viele weitere Belege für den kalendarischen Umgang mit der Vorweihnachtszeit, wie zum Beispiel Weihnachtsuhren mit täglich bewegenden Zeigern oder die Adventskerze, die jeden Tag bis zur nächsten Markierung abgebrannt wird und auch heute noch in einigen Haushalten zu finden ist. Letztendlich ging es bei all diesen christlichen Bräuchen vor allem darum, den Kindern zu zeigen, wie lange es noch bis Weihnachten dauert und ihnen die Vorfreude auf das Fest ein wenig unterhaltsamer zu gestalten.
Der Adventskranz als Adventskalender
Auch der weltweit bekannte Adventskranz war und ist eine solche Möglichkeit, die Zeit bis Weihnachten veranschaulichen zu können. Der Ursprung dieser Tradition liegt in Hamburg. Hier hat der evangelische Theologe Johann Hinrich Wichern 1839 den ersten Adventskranz aus einem Wagenrad gebaut. In dem von ihm gegründeten Kinderheim "Rauhes Haus" wollte er den Kindern eine Freude bereiten.
Kerzen auf dem Adventskranz
Anders als bei den heutigen Modellen hatte sein "Wichernkranz" eine Kerze für jeden Tag bis Heiligabend. Zu dieser Zeit zählte man die Tage bis Weihnachten oftmals nicht vom 1. Dezember, sondern vom 1. Advent. Aus diesem Grund bestand der erste Adventskranz aus 23 Kerzen, 19 kleinen weißen und vier roten Kerzen. Spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg war seine Idee eines Adventskranzes überall in der Welt bekannt. Die Zahl der Kerzen wurde mit der Zeit aus Platzgründen auf vier für die Adventssonntage reduziert. Noch heute wird im "Rauhen Haus" in Hamburg der "Wichernkranz" mit mehr als vier Kerzen aufgestellt.
Verkaufsschlager Adventskalender
Der erste gedruckte Adventskalender wurde 1902 in der evangelischen Buchhandlung "Friedrich Trümpler" in Form eine Weihnachtsuhr mit zwölf, später 24 Ziffern präsentiert. Ein Jahr später, nämlich 1903, ließ der Münchner Verleger Gerhard Land den ersten klassischen Adventskalender auf Papier mit 24 Bildern zum Ausschneiden oder Aufkleben produzieren. Schnell wurde diese Idee zum Verkaufsschlager.
Nazis verdrängen christliche Symbolik
Im Nationalsozialismus versuchte man zwar jegliche christlichen Bräuche zu verdrängen, doch der Adventskalender widerstand den Bemühungen, auch wenn er ideologisch umstrukturiert wurde. Die Kalender mit dem Namen "Vorweihnachten" enthielten diverse Märchen oder nationalsozialistische Weihnachtslieder, Back- und Bastelanleitungen. Mitten im Zweiten Weltkrieg 1942 wurden selbst diese Inhalte zunehmend militarisiert. Nach dem Krieg kehrte man schließlich wieder zurück zu Langs Konzept. Dieses Mal lagen hinter den Türchen nicht nur Bilder, sondern zunehmend auch Schokolade und andere Süßigkeiten.
Vom Adventskalender zum "Vorweihnachtlichen Kalender"
Auch in der DDR versuchte man, sich von christlichen Traditionen zu entfernen. Doch auch hier war der Kampf letztendlich vergeblich. Bis Anfang der 70er-Jahre bemühte sich die politische Führung, den Begriff "Adventskalender" zu verbannen und durch "Vorweihnachtlicher Kalender" zu ersetzen. Auf Rechnungen und Bestellungen ist diese Bezeichnung zu lesen. Bis 1973 suchte man dort christliche Symbole vergeblich.
Christkind und Heilige Drei Könige
Ein kleiner Verlag in der Lausitz hatte zuerst die Erlaubnis erhalten, das Christkind und die Heiligen Drei Könige darzustellen. Es gab zwar einige Kalender mit sozialistischen Motiven, wie beispielsweise junge Pioniere mit Halstuch und Käppi. Doch die verbreitetsten Bildchen zeigten Weihnachtsmärkte oder Winterszenen mit Kindern oder in der Natur. Das bis heute beliebteste Motiv ist ein kleiner Sakralbau aus dem Erzgebirge - die spätbarocke, achteckige Bergkirche in Seiffen.
Welche Adventskalender gibt es?
Eine Verbreitung sozialistischer, nicht-christlicher Motive konnte sich in der DDR also nicht durchsetzen. Das Ansehen des traditionellen Adventskalenders blieb ungebrochen. Am letzten Montag vor Weihnachten 1989 demonstrierten 100.000 Leipziger, viele mit Kerzen in der Hand. Sie bildeten einen "Adventskranz aus brennenden Herzen". Als vom Turm der Nikolaikirche "Oh, Du fröhliche ..." trompetet wurde, brandete Beifall auf.
Bis heute sind Adventskalender ein fester Bestandteil der jährlichen Weihnachtstradition: Ob die klassischen Bild- oder Schokoladenkalender, Spielzeugkalender oder selbst gebastelte Eigenkreationen - es gibt welche mit Gedichten oder teurer Kosmetik - die Vielfalt der Adventskalender kennt heute kaum Grenzen.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR-AKTUELL | 01. Dezember 2021 | 19:30 Uhr