Weihnachtliche Handwerkskunst Weihnachtliche Handwerkskunst - Verzaubertes Glas aus Lauscha
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24. November 2022, 05:00 Uhr
Auch dieses Jahr zeigen die Lauschaer einmal mehr, dass ihre alte Handwerkstradition nichts an Strahlkraft verloren hat. In der DDR waren die beliebten gläsernen Christbaumkugeln sogar ein willkommenes Exportgut. Warum ist das Lauschaer Glas so begehrt?
"Also wenn ich Lauschaer Glas hatte, habe ich meistens alles bekommen, was es in der DDR gab - Baumaterial und was auch immer", erinnert sich Glasbläser Helmut Greiner-Petter. "Lauschaer Glasbläser haben zu DDR-Zeiten nicht schlecht gelebt, das muss man sagen." Denn die kleinen Ziergegenstände waren beliebt und nur schwer zu ergattern - zumindest in der DDR. Denn was da an durchsichtigen Pferdchen, schillernden Vögeln und bunten Kugeln von Hand oder auch maschinell gefertigt wurde, war für die DDR vor allem willkommenes Exportgut. Die traditionellen Glaskunstwerke wurden von Liebhabern in der Schweiz, den USA und vielen anderen Ländern begehrt. Da blieb für den heimischen Markt nicht viel übrig, bestenfalls die "zweite Wahl".
Volkseigene Glaskunst
Der gläserne Christbaumschmuck wurde in Lauscha erfunden, so wird zumindest in dem traditionsbewussten Thüringer Glasbläserort behauptet. Die meisten Werkstätten gehören seit Generationen einer der alteingesessenen Familien, die dann oft auch noch untereinander verwandt sind. Sie heißen Greiner oder Müller, Greiner-Petter oder Köhler. Als die DDR-Regierung 1948 die Handwerksbetriebe in Genossenschaften "verstaatlichte", zog es viele Glasbläser gen Westen. Sie ließen sich in Neustadt, Coburg und Wertheim nieder, bauten dort neue Glashütten auf. Die verbliebenen Familien brachten die Produktion in Lauscha nur schleppend in Gang. Die genossenschaftlichen Zusammenschlüsse wurden in Volkseigene Betriebe (VEB) überführt. So wurde die Genossenschaft der Kunstglasbläser 1959 zum "VEB Thüringer Glasschmuck-Verlag" zusammengeschlossen.
1983 hatte der VEB ca. 500 Beschäftigte, davon rund 200 Heimarbeiter. Daneben gab es noch den VEB Glaskunst und den VEB Farbglaswerk. Rund ein Drittel der Weihnachtsproduktion ging nach Osteuropa, ein Drittel stark subventioniert auf den heimischen Markt. Das Drittel, das in den Westen ging, enthielt die besten Stücke. In Lauscha erzählt man noch heute, der Export der kleinen Glaskunstwerke habe der DDR Jahr für Jahr so viel an Devisen gebracht wie das berühmte Meißner Porzellan.
Die Rückbesinnung aufs Kunsthandwerk
Das schnelle Ende vieler Kombinate in der DDR nach der Währungsunion 1990 brachte auch für die Lauschaer Glasbläser dramatische Veränderungen. Der Markt brach weg, sowohl im Osten als auch im Westen. "Nach der Wende war es schon schwer, weil die Geschäftsleute aus den alten Bundesländern gewohnt waren, alles billig zu bekommen. Nach der Wende konnten wir das nicht, wir mussten ja auch Deutsche Mark verdienen", erinnert sich Helmut Greiner-Petter, der als erster nach 1990 wieder einen eigenen Familienbetrieb aufbaute. Der "VEB Christbaumschmuck" wurde von der Treuhand privatisiert.
Mancher Glasbläser wagte den Schritt zur Gründung neuer Familienbetriebe, besann sich auf die Lauschaer Traditionen. Alte Verfahren wurden wieder angewandt, ja sogar alte Werkzeuge und Formen wieder genutzt, die zu DDR-Zeiten auf staubigen Dachböden überdauert hatten. Nach schweren Anfangsjahren kam der Erfolg zurück. Mittlerweile gibt es wieder mehr als 80 Werkstätten, in denen übers Jahr "verzaubertes Glas" geblasen wird, das in der Weihnachtszeit Christbäume rund um den Globus schmückt.
Dieser Artikel erschien erstmals im Dezember 2011.