Der große DealWie die Staatsbank der DDR zur Deutschen Bank kam
Dezember 1989. Edgar Most, 49 Jahre alt und seit wenigen Tagen Vizepräsident der Staatsbank der DDR, hat einen großen Plan: Er will eine Bank gründen. Seine Bank. Die erste Privatbank der DDR.Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Dezember 1989. Edgar Most, 49 Jahre alt und seit wenigen Tagen Vizepräsident der Staatsbank der DDR, hat einen großen Plan: Er will eine Bank gründen. Seine Bank. Die erste Privatbank der DDR.Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Von Anfang an setzt er auf die Deutsche Bank, das mächtigste Bankhaus der Bundesrepublik. Nur zum Vergleich: Der Staatshaushalt der DDR beträgt 1989 269 Milliarden Ost-Mark, die Bilanzsumme der Deutschen Bank im gleichen Jahr: 344 Milliarden D-Mark.Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Aber Most steht keineswegs mit leeren Händen da: Die Staatsbank ist das Gedächtnis der DDR-Wirtschaft. Sämtliche Betriebe der Republik müssen hier ihre Konten führen, sämtliche Banken und Versicherungen ihre Einlagen abliefern. Aus dem großen Topf der Staatsbank wird alles finanziert. Wer die Staatsbank beherrscht, weiß alles über den Osten. Und Most weiß, dass die Banker im Westen das auch wissen.Bildrechte: imago stock&people
Ende Januar 1990 lernt Edgar Most den Generalbevollmächtigten der Deutschen Bank für Personalfragen, Axel Osenberg, kennen. Most schildert ihm, dass er gerade die Staatsbank der DDR auf eigene Faust privatisiere und einen starken Partner suche. Die beiden Manager fassen sofort die Möglichkeit eines Joint Ventures ins Auge. Dann bittet Most Osenberg, ein Treffen mit dem Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Hilmar Kopper, zu arrangieren. Nur wenige Tage später meldet sich Osenberg telefonisch bei Most: Kopper sei bereit. Der Termin wird auf den 11. Februar 1990 gelegt und absolutes Stillschweigen vereinbart.Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
In der Öffentlichkeit streitet Kopper jedoch alles ab. Als er nach einem Treffen mit Ministerpräsident Modrow in Ostberlin gefragt wird, ob sich die Deutsche Bank stärker im DDR-Geschäft engagieren wolle, sagt er: "Wir halten uns sehr zurück mit derartigen Aussagen."Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Doch schon eine Woche später geben Hilmar Kopper und Edgar Most bekannt: "Die Deutsche Bank und die Deutsche Kreditbank haben eine Absichtserklärung über die Gründung eines gemeinsamen Kreditinstitutes unterzeichnet."
Sofort steigt der Kurs der Deutschen Bank. In der Frankfurter Finanzwelt wird von einem "äußerst raffinierten Coup" gesprochen.Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Aber Edgar Most hat ein ganz anderes Problem: Am 1. Juli 1990 soll in der DDR die D-Mark eingeführt werden. Most ahnt, dass mit diesem Tag praktisch fast alle DDR-Betriebe bankrott sein werden. Und sie würden seine Bank mit in den Abgrund reißen. Mitte Juni 1990 schildert Most die Lage Ministerpräsident Lothar de Maizière (links im Bild neben Günther Krause, Minister für besondere Aufgaben). Und der verspricht ihm zu helfen. Tatsächlich erlässt der Ministerrat der DDR nur wenige Tage später einen Beschluss, wonach die Banken der DDR nicht Pleite gehen dürfen. Die Bundesregierung stimmt dem Beschluss umgehend zu.Bildrechte: imago images/Stana
Bei der Deutschen Bank knallen jetzt die Sektkorken. Bei ihrem Geschäft in der DDR geht die Bank nicht das geringste Risiko ein. Rasch gründen Most und Kopper eine Bank – die "Deutsche Bank/Kreditbank AG". Dort ist nun die Deutsche Bank Mehrheitseigner. Die Schulden der DDR-Betriebe verbleiben bei der "Deutschen Kreditbank". Und für deren Altlasten bürgt schließlich die Bundesregierung.Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK