Dienstag, 15.10.2024: Im Wartezimmer
"Ich suche den Himmel auf Erden!" Ich glaube nämlich, dass es ihn gibt. Auch wenn das komisch klingt und das Leben auf den ersten Blick vielleicht nicht so aussieht. Ich glaube, ich muss manchmal nur genau hinsehen… Von einer, die auszieht den Himmel auf Erden zu suchen…
Das Wartezimmer ist voll. Es ist Dienstag. Ein Mann kommt herein. Er hat keinen Termin, darf aber bleiben, wenn er Zeit hat. Er ist klein, sein Körper ist vom Alter gezeichnet, aber seine Augen sind wach und freundlich. Er schäkert mit meiner jüngsten Tochter. Dann sitzen wir eine Weile stumm nebeneinander bis das verschmitzte Lachen der Kleinen unsere Stummheit durchbricht. Und dann auch unsere Sprachlosigkeit.
Er erzählt ein wenig von sich und seinem Schmerz im Rücken. Er ist ein angenehmer Wartezimmerbegleiter und irgendwann traue ich mich auch ihn zu fragen. Ihn zu fragen, ob der Himmel für ihn eine Bedeutung hat. Er schaut etwas ungläubig und zuckt mit den Schultern. Keine Ahnung, sagt er. Was ist das denn für eine Frage?
Ich erkläre ihm kurz, dass ich auf der Suche nach dem Himmel auf Erden bin und frage ihn noch mal. Dann sagt er etwas Erstaunliches, etwas, dass ich nicht vermutet habe. Er sagt: wissen sie, uns geht es doch so gut hier. Ich habe heute Morgen keinen Termin, aber ich kann zum Arzt gehen und der nimmt mich dran. Dann, wenn er Zeit hat. Ich habe ja Zeit. Ich bin Rentner.
Ich habe eine Wohnung und kann mir kaufen, was ich will. Mir geht es gut. Ich war sogar schon mal zur Kur. Als Rentner. An der Ostsee. Das hat jetzt vielleicht nichts mit ihrer Frage zu tun aber ich bin dankbar, dass ich hier lebe und einfach zum Arzt gehen kann, wenn ich ihn brauch.
Der Himmel auf Erden gleicht einem Leben, in dem ich dankbar sein kann, für die Alltäglichkeiten, in denen ich Hilfe bekomme. Vielleicht würde Jesus sagen, der Himmel ist dann ganz nah, wo ich wahrnehme, was mir alles im Leben geschenkt wird.