Verkündigungssendung Das Wort zum Tag bei MDR SACHSEN | 12. - 18.06.2023
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Täglich hören Sie das Wort zum Tag. Montags bis freitags gegen 5:45 Uhr und 8:50 Uhr, am Sonnabend gegen 8:50 Uhr, sonntags 7:45 Uhr. Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche Pastorin Kathrin Posdzich, am Sonntag Guido Erbrich.
Sonntags, 18.06.2023: Wenn die Seele Flügel bekommt
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Sonnabend, 17.06.2023 Die Schlange war's
"Oh nein, wir können keine Äpfel mehr essen!" Völlig entsetzt schaut meine Tochter vom Buch auf. Ich bin auch entsetzt, denn ich dachte, ich hätte jetzt mal einen gemütlichen Lesenachmittag auf der Couch mit ihr zusammen. Aber Fehlanzeige. "Hä, warum denn nicht", frage ich und gucke jetzt erst, was sie liest. Sie hat sich ihre Kinderbibel geschnappt und vorne angefangen, Schöpfungsgeschichte, Adam und Eva. "Die Äpfel sind nicht das Problem", erkläre ich ihr und erzähle von einer nicht näher bestimmten Frucht und dass sie ein Symbol ist und überhaupt. Das ist der jungen Dame aber alles zu kompliziert. Sie winkt ab und liest weiter. Ich auch. Kaum habe ich mich wieder vertieft, kommt der nächste Kommentar von der Seite. Diesmal mit viel Erleichterung: "Ah, ist nicht so schlimm, die Schlange war's!" Ich muss laut lachen. Eine Erklärung spar ich mir für später, sie will ohnehin gleich weiterlesen.
Innerlich geht mir der Satz noch länger nach: "Die Schlange war's...". Ja, so einfach kann man sich das machen. So einfach liest sich das aus kindlicher Perspektive. Und wenn man selber nachliest, in der uralten Geschichte von Adam und Eva, dann sieht man ja auch: so läuft es dort ab. Als das Malheur passiert ist, die paradiesische Unschuld hinüber ist und Gott nachfragt, was denn hier los sei, zeigt jeder auf den anderen: "Eva war's", sagt Adam. "Die Schlange war's", sagt Eva. Dass es hier mit dem Fingerzeigen im Kreis geht, zeigt, dass es eigentlich nicht um die Schuld geht, sondern darum, wer die Verantwortung übernimmt.
Wer sagt "Ich war's"? Kinder sagen das nicht gerne, Erwachsene auch nicht. Wer zeigt schon gern mit dem Finger auf sich selbst? Vor allem, wenn es darum geht, dass ich mir zu viel angemaßt, zugetraut, aufgehalst habe? Nein, das will ich nicht. Aber es ist gerechter, als immer einen Schuldigen zu suchen. Und es ist am Ende auch heilsam, weil es mir meine Grenzen aufzeigt. Grenzen, die Gott dann wieder weiten kann, wenn ich ihn mitmachen lasse. So gesehen ist es auch eine Chance, wenn ich sage: "Ich war's".