Montag, 19.02.2024: Träume verwalten
Das Haus, das die Träume verwaltet. So bringt der Theologe Fulbert Steffensky auf den Punkt, welche Funktion die Kirche für unsere Gesellschaft hat. Die Kirche ist in der Krise. Viele wenden sich von ihr ab. Manche nehmen die Ereignisse sexueller Übergriffe und Kindesmissbrauch zum Anlass, ihr nun endgültig den Rücken zu kehren. Das haben sich die Kirchen selbst zuzuschreiben. Da gibt es auch nichts schönzureden. Was geschehen ist, ist inakzeptabel und mit den Inhalten der christlichen Botschaft nicht vereinbar. Welcher Zukunft die verfassten Kirchen entgegengehen, ist aus heutiger Sicht schwer abzuschätzen. Ihre äußere Struktur wird sich wahrscheinlich deutlich verändern, ihre Botschaft und ihre Inhalte bleiben mir wichtig.
Deshalb halte ich mich seit einigen Jahrzehnten schon an dieser Formulierung von Steffensky fest: Das Haus, das die Träume verwaltet. Ich sehe vor mir viele große Kirchen in den Städten und hübsche kleine Dorfkirchen auf dem Land. Nur selten werden sie besucht. Vielleicht sind die Häuser mit dem spitzen Turm eher Platzhalter für die Träume von einem Leben, wie es sein könnte.
Die biblischen Erzählungen aus der jüdischen und christlichen Tradition reden vom Leben wie es ist. Und zugleich öffnen sie Perspektiven über die Horizonte dieser Welt hinaus. Sie sprechen von Gott als dem Ursprung und Ziel des Lebens und von einem Sinn, der jenseits aller irdischen Nützlichkeit liegt. In den Gotteshäusern ist immer auch ausdrücklich von Träumen die Rede. Scheinbar sind die Träume von Menschen immer auch Einfallstore für göttliche Botschaften. Allerdings kann man sich nie ganz sicher sein, ob sich in den Träumen nicht gar zu gern menschliche Wünsche symbolisieren, oder ob sie tatsächlich Botschaften von ganz weit her enthalten, und wie diese Gottesbotschaften ihre Wahrheit entfalten.
Das Haus, das die Träume verwaltet. Die biblischen Träume jedenfalls könnten in Beziehung treten auch zu unserem Traumerleben. Sie könnten von da her ihre Inspiration, aber auch ihre Kritik erfahren. Die Kirchen werden diese geistigen Schätze auch in Zukunft verwalten, d.h. sie lebendig halten und auslegen. In welcher Form und Verfasstheit sie das tun wird, bleibt offen.