Montag, 26.02.2024: Die verlorene Tochter
Wenn Kinder flügge werden, ist das für Eltern oft mit gemischten Gefühlen verbunden. Was, wenn die groß gewordenen "lieben Kleinen" zu weit hinaus fliegen?
Kürzlich erzählte eine langjährige Freundin ihre eigene bewegende Geschichte. Sie stammt aus Japan. Vor vielen Jahren hat sie eine Reise nach England unternommen. Dort wollte sie zunächst einfach nur für ein paar Monate die Sprache lernen und studieren. Bald schon lernte sie einen jungen Mann aus Deutschland kennen. Auch er wollte nur ein paar Wochen in Bristol bleiben und die Sprache lernen. Es dauerte genau zwei Monate vom Kennenlernen bis zur Hochzeit.
Die beiden hatten ihr Glück gefunden. Es war alles zu aufregend und zu schnell, um noch die Eltern in Japan nach ihrer Meinung zu fragen oder sie gar zur Hochzeit einzuladen, die über ein herzliches "Ja" auf dem britischen Standesamt kaum hinausging. Kurz darauf zog die japanische Freundin zu ihrem Mann nach Deutschland. Für die Eltern in der Ferne war das ein Schock. Sie brachen den Kontakt zur Tochter ab.
Die Tochter aber schrieb Briefe nach Japan: Wie glücklich sie sei; was für einen guten Mann sie gefunden habe; dass sie sich gut einlebt... Immer wieder schrieb die Tochter. Immer wieder schwiegen die Eltern. Viele Jahre dauerte es, bis die erste Antwort kam. Die Mutter kündigte an, nach Deutschland zu kommen; die Tochter zu besuchen.
Bis ins Alter hatte die Mutter mit der vielleicht schwierigsten Aufgabe zu kämpfen. Sie musste lernen, dass nicht das Glück der Eltern an erster Stelle steht - sondern das der Kinder. Selbstlos lieben - das bleibt ist eine lebenslange Aufgabe.
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