Montag, 09.10.2023: Dem Frieden die Tür öffnen
Lange blieb der Bus an der Haltestelle stehen. Drinnen war es voll – draußen sengende Hitze. Erst jetzt fiel es mir auf: Die hinterste Tür am Bus ließ sich nicht mehr schließen. Die Türflügel zuckten nur merkwürdig, blieben aber wie gehalten in gefalteter Form, als könne ein Vogel seine Flügel nicht spreizen. Ungeduld kam auf. Mancher blickte auf die Uhr. Andere machten ein fragendes Gesicht. Das kann dauern. Wahrscheinlich müssen wir den Bus wechseln. Mit offenen Türen, fährt der nicht.
Der Motor ging aus. Außen am Bus kam der gewichtige Busfahrer entlang, trat in die Tür und schob drei Schulkinder an ihren Rucksäcken mit kräftiger Hand weiter ins Innere des Busses. "Ihr Vollpfosten! - Da unten!" Er zeigt auf den gelben Strich am Boden. "Dahinter müsst ihr bleiben! Sonst stehen wir hier morgen noch!" Die Kinder waren erschrocken. Manche Fahrgäste auch. Der Busfahrer ging wutschnaubend zurück zu seiner Fahrerkabine.
Rede einer mit dem anderen Wahrheit und richtet recht, schafft Frieden in euren Toren. (Sach 8, 16) heißt es in der Bibel beim Propheten Sacharia.
Wie öffnet man dem Frieden eine Tür in unserem Alltag? Mit scharfen Worten und roten Linien? Mit Eindeutigkeit und Konsequenz? Oder mit Verständnis und Appell an die Vernunft? Wir suchen gerade danach im politischen Konflikt zwischen Ost und West. Klare Ansagen auch mit Kriegsgerät? Oder Verhandlungen und Werben um Einsicht? Oder beides miteinander?
Das Stadttor war in den frühen Zeiten der Ort, wo Recht gesprochen wurde. Bei allem Verständnis für unterschiedliche Sichtweisen auf die umstrittene Sache: Frieden braucht Wahrheit und Wahrhaftigkeit in den Verhandlungen. Das erste Opfer des Kriegs ist die Wahrheit, heißt es. Nur wer Respekt vor letzter Wahrheit hat, öffnet dem Frieden das Tor; nicht nur in der Politik oder bei Gericht, auch beim Schlagen der Tür im Streit schon am frühen Morgen.