Montag, 01.05.2023: Zwischenbilanz
Die Statistik ist unerbittlich. Seit kurzer Zeit sind nun weniger als 50 Prozent der Deutschen noch Mitglied der beiden großen Kirchen, evangelisch und katholisch. Das Verhältnis ist gekippt. Ab jetzt sind wir also Minderheit. Ganz nebenbei machte sich das auch am Blick in die Fernsehzeitung fest. Karfreitag 20.15 Uhr kam bisher immer ein Bibelfilm. Das ist vorbei. "Die zehn Gebote" sind jetzt ins Nachmittagsprogramm gerutscht und konkurrieren zu dieser Sendezeit mit "Die Schlümpfe 2" und "Kung Fu Panda".
Warum haben wir Christen so viele Mitglieder verloren, vor allen in den letzten Jahren? Woran liegt unsere allmähliche Bedeutungsloisgkeit? Flüchten wir bei der Suche nach Antworten mal wieder in hochwissenschaftliche Konferenzen von Akademien? Oder sollten wir vielleicht bei uns anfangen? Müssen wir uns unangenehme Fragen stellen? Auch ich mir, selbstkritisch?
Sind wir als Kirche inzwischen zu sehr Institution? Beschäftigen wir uns mehr mit uns, als dass wir mit den Menschen unterwegs sind? Haben wir unsere Berufung verlernt, in der Gesellschaft ein unbequemer und störender Mahner zu sein, so wie es Jesus damals war? Hätten wir seinerzeit aufschreien müssen, als zu Corona-Beginn Menschen in Heimen allein sterben mussten, ohne Begleitung? Haben wir aus falsch verstandener Loyalität geschwiegen? Waren uns Hygienekonzepte wichtiger als das Evangelium? Haben wir - symbolisch - das Weihwasser gegen das Desinfektionsmittel eingetauscht? Oder gar den Himmel gegen die Welt? Liegt nun die Quittung vor uns? Fragen über Fragen.
Ab jetzt also Minderheit. Na gut. Eigentlich kein vollkommen neues Gefühl. Man erinnere sich: DDR-Zeit. Die Kirchen von der herrschenden SED benachteiligt und gedemütigt, die Christen verlacht und verspottet. Aber welche moralische Autorität war Kirche damals! Vielleicht müssen wir erst wieder ganz klein anfangen, um bei uns selbst anzukommen?