Verkündigungssendung Das Wort zum Tag bei MDR SACHSEN | 01. - 07.05.2023
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Täglich hören Sie das Wort zum Tag. Montags bis freitags gegen 5:45 Uhr und 8:50 Uhr, am Sonnabend gegen 8:50 Uhr, sonntags 7:45 Uhr. Das Wort zum Tag sprechen in dieser Woche Christoph Pötzsch und Samuel Kim Schwope.
Sonntag, 07.05.2023: Aufhören
Sonnabend, 06.05.2023: Wenn Sie sich beruflich verändern wollen...
...dann könnte ich Ihnen glatt ein neues Geschäftsfeld empfehlen. Werden Sie Youtuber, oder noch besser, gleich Influencer. Ich gebe zu, früher hätte ich mir unter einem Influencer eine an Grippe erkrankte Person vorgestellt, zu der man den Kontakt aus naheliegenden Gründen eher vermeiden sollte.
Nein, es ist natürlich ganz anders. Ein Influencer ist einer, der Einfluss hat und diesen geltend macht, dann auch zu barer Münze. Influence kommt aus dem Englischen und heißt Einfluss. Man lernt nie aus. Ein Influencer macht sich über die sozialen Netzwerke populär, er hat im Internet bei Youtube einen eigenen Kanal, englisch wie sächsisch "Tschännel" genannt. Dort baut sich der Influencer einen Kreis von Fans auf, das sind dann die Follower. Die meisten Influencer bieten auf ihrem Tschännel in mehr oder weniger witzigen regelmäßigen Vorträgen Kosmetik an, Kochrezepte oder auch Mode. Es gibt Influencer, die haben auf ihrem Tschännel mehr als 100.000 Follower. Damit kann man richtig Kohle machen. Aber nicht nur Materielles wird da vertrieben. Von Sinnsuche bis zur Verschwörungstheorie ist alles im Angebot. Was es nicht alles gibt. Schöne neue Welt. Ein 14-Jähriger, von mir unlängst nach seinem Berufswunsch befragt, gab diesen an mit Youtuber bzw. Influencer. Kurz und prägnant. Und im wissenden Ton fügte er hinzu "Ohne Tschännel geht eh nichts".
Ich gebe zu, dass ich diesen sozialen Netzwerken eher misstraue. Mails ja, WhatsApp auch. Aber dann ist bei mir Schluss. Meine Facebook-Karriere habe ich beendet, noch bevor sie richtig begonnen hat. Ein Bildschirm ist mir auf Dauer zu langweilig. Ich liebe Leben offline. Ich brauche ein Gegenüber. Ich gebe zu, ich bin von gestern. Martin Buber, der große jüdische Philosoph, hat es in einen knappen Satz gebracht: Wahres Leben ist Begegnung.
Übrigens, ich hab mal gegoogelt, wer der weltweit erfolgreichste Influencer ist. Ahnen Sie's? Der Mann hieß Jesus Christus, lebte vor 2000 Jahren auf dieser Erde und kommt heute auf knapp 2,5 Milliarden Follower. Und das ganz ohne Tschännel.
Freitag, 05.05.2023: Wie ich den Heiligen Geist in Dippoldiswalde traf …
Eigentlich bin ich ein Pessimist. Auch wenn mir Freunde und Bekannte sicher eher attestieren würden, ich sei eine Frohnatur. Aber ganz im Inneren bin ich ein Schwarzseher und rechne immer mit dem Schlimmsten.
Gerade habe ich dazu üppige Nahrung, wenn ich an unsere Kirche denke. Die Bischöfe sind zerstritten. Jahrhundertelange Traditionen stehen zur Disposition. Aus Rom kommen Ermahnungen, die schon den Charakter von Gelben Karten haben. Droht etwa eine Kirchenspaltung? Der Zeitgeist jubelt, weil er jetzt die letzte Institution, die noch standhaft war, wackeln sieht.
Mein diesbezüglicher Pessimismus endete allerdings schlagartig am vergangenen Sonntag um 17 Uhr. Ich war von der Pfarrei Osterzgebirge nach Dippoldiswalde eingeladen und sollte einen Vortrag über Kirchengeschichte halten. Ich fuhr also nichtsahnend hin. Der Pfarrer hatte ein Fest vorbereitet für die Ehrenamtler seiner Gemeinde, um ihnen für ihre Tätigkeit zu danken.
Ich rechnete mit einer Handvoll Leute. Der Saal platzte aus allen Nähten. Über hundert Leute. Eigentlich, so der Pfarrer, seien es an die 180, die irgendetwas ehrenamtlich tun. Und so vielfältig war auch die Belegung des Saales. Ministranten, Vertreter von Helferkreisen, Kirchenvorstände, Seniorenbetreuer, Kirchenchor und noch viele mehr. Der Saal brodelte und war eine einzige Energiequelle. Wenn sich in manchen kirchlichen Institutionen gegenwärtig der Heilige Geist auch rarmacht - hier war er geradezu mit Händen zu greifen.
Ich fuhr beglückt und beschenkt wieder nach Hause. In meinem Leben hätte ich nie gedacht, dem Heiligen Geist mal persönlich zu begegnen. Am Sonntag traf ich ihn tatsächlich in Dipps.
Nein. Alle, die diese Kirche abschreiben, liegen falsch. Da kann sich der Zeitgeist noch so mühen - er hat keine Chance. Diese Kirche lebt.