Mittwoch, 03.01.2024: Wasserkocher-Blues
Maren macht Licht in der Küche. Wie immer geht ihr erster Griff am Morgen zum Wasserkocher. Sie sieht versonnen zu, wie das kalte Wasser in den Glasbehälter strömt. Ein Klick bringt das Lämpchen an der Seite zum Leuchten. Dann setzt sie sich hin und wartet. Sie schaut genau hin. Das Gerät arbeitet. Zuerst sieht sie das an den Schlieren, die in der klaren Flüssigkeit auf und absteigen. Unterschiedliche Temperaturen am Boden und an der Oberfläche werden durch diese Bewegung des Wassers sichtbar.
Nun fängt es an zu rauschen, immer härter, bis es fast rasselt. Winzig kleine Bläschen steigen auf. Dann wird es wieder still. Blubberndes Sprudeln setzt ein. Das Wasser hüpft und springt in Blasen auf und ab. Aus der Tülle steigt Dampf.
Fasziniert sieht sie zu, wie es surrt, sprudelt, blast. Wenn ich doch auch so viel Energie hätte und mir wagen würde, so quirlig zu sein. Oft genug sieht es in mir bunt aus. Ich habe Ideen und würde sie gern ausprobieren. Aber ich stehe mir viel zu oft im Wege, traue mich nicht und zeige mich nicht. Heute Morgen habe ich echt den Wasserkocher-Blues.
Dann schippt sie beherzt zwei Löffel Kaffee in die große Tasse, nimmt den Behälter auf und gießt heißes Wasser darauf. Dunkel dampfend quillt ihr der herrliche Duft entgegen. Ah. Tief durchatmen. Die trüben Gedanken verfliegen. Das Wasser hat ja auch nicht von allein gekocht. Die Energie kam von außen. Ich habe den Schalter gedrückt, der Strom floss durch die Heizplatte. Und die Wirkung des kochenden Wassers geht dann weit über das hinaus, was im Wasser selbst steckt.
Zusammen mit dem Kaffee entsteht etwas ganz Neues. Sie nimmt den ersten Schluck und spürt ihm nach, bis tief in sich hinein. Ein Verslein von Martin Luther kommt ihr in Erinnerung: "Wir sind's noch nicht, wir werden‘s aber. Es ist noch nicht getan oder geschehen, es ist aber im Gang und im Schwang." Jetzt ist sie sich sicher. Gott wird ihr Kraft für diesen Tag schenken und vor ihr liegen ungeahnte Möglichkeiten.