Dienstag, 05.09.2023: Nebel (zu Jesaja 44,22)

Die Fotos beeindrucken mich noch immer. Vorigen Sommer war ich in München in einer Ausstellung. Die 1933 in Sapporo geborene Künstlerin Fujiko Nakaya schafft Nebelskulpturen, die vollständig aus Wasser bestehen. "Nebel lässt sichtbare Dinge unsichtbar werden, während unsichtbare - wie Wind - sichtbar werden", zeigt sie. Ihre sich langsam bewegenden Exponate verändern sich ständig, durch die Temperatur im Raum, durch Wind, Atmosphäre und durch uns Besucher. Nichts kann exakt so noch einmal erlebt werden. Und wir Besucher sind neben den Wasserbecken und auf Holzstegen, die darüber gehen, ebenfalls im Verschwinden und im Entstehen. Seither hat Nebel für mich eine besondere Faszination. Ich freue mich neuerdings über jede Nebelschwade im Elbtal oder auf dem Inselsberg. Und sehe zu, wie sie sich verziehen. Dann erlebe ich erneut die Stille, die Suche mit meinen Augen: Ich staune und spüre zugleich diese große Beruhigung.

Bei Jesaja (Jes. 44,22) lese ich heute: "Eure Schuld und alle eure Sünden habe ich euch vergeben. Sie sind verschwunden wie Wolken, wie Nebelschwaden in der Sonne. Kommt zurück zu mir, denn ich habe euch erlöst!". Was für ein starkes Bild. Schuld und Sünde sind wie Nebelschwaden. Sie bleiben nicht. Sie hängen uns nicht ewig an. Es gab sie - aber Gott löst sie auf. Ich bin schuldig geworden und ich weiß nicht, wie es nur dazu kommen konnte. Es bleibt verschwommen. Im Nebel. Manchmal sehe nur ich die Schuld und meine Fehler. Das ist verwirrend, weil nicht deutlich ist, wo und wie es weitergeht.

Christine Rösch, theologische Referentin im Landesverband der Diakonie Sachsen 3 min
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3 min

gesprochen von Pastorin Christine Rösch

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Di 05.09.2023 05:45Uhr 02:43 min

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Ich bin in die Nebelausstellung damals noch dreimal zurückgegangen. Es war so faszinierend. Nichts war zu sehen. Nicht das Wasserbecken, nicht die anderen Besucher. Aber dann lichtet es sich. Gott lässt den Nebel vergehen. Das war so ein stilles Glück; und wie eine Heilung im schwebenden Wasser 

Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche:

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Christine Rösch

Christine Rösch

Geboren am 28.09.1958 in Gotha | 1977 Abitur | Studium an der Bauhaus-Universität Weimar mit Abschluss als Dipl. Ing. für Gebiets- und Stadtplanung 1983 | danach tätig in der Altstadtsanierung und im Kirchenbau der Stadt Gotha | ab 1992 theologische Ausbildung | 1. und 2. Examen und Ordination | zunächst Pfarrstelle in Seebergen (Kreis Gotha) | ab 2002 Pastorin für allgemeinkirchliche Aufgaben der Landeskirche in der 1. Pfarrstelle des Diakonischen Werkes Thüringen | ab 2014 theologische Referentin im Landesverband der Diakonie Sachsen | wohnhaft in Radebeul

Kurzvita Christine Meyer-Seifert

Christine Meyer-Seifert

Geboren am 14.04.1979 in Leipzig | Physiotherapeutin und Pastorin | 1997 Abitur | 1997-2000 Ausbildung zur Physiotherapeutin | 2005-2013 Studium der Evangelischen Theologie in Jena und Marburg | 2017-2020 Pastorin auf Probe in Zwickau | 2020 Ordination | seit 2020 Pastorin in der Evangelisch-methodistischen Kirche in Chemnitz

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.