Dienstag, 08.08.2023: Schmecken lassen!

Wie ein Befehl klingen die zwei Worte, als der Grillmeister mir das Brötchen überreicht. Flink hatte er zuvor eine Spur Senf über die Bratwurst gezogen und den Snack in eine Serviette gehüllt. Wechselgeld in der einen, die Wurst in der anderen Hand balanciere ich meine Beute vom Bratwurststand an einen sicheren Ort und führe das frische Grillgut zum Mund.

Holger Treutmann 3 min
Bildrechte: Holger Treutmann
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gesprochen von Pfarrer Holger Treutmann

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Di 08.08.2023 05:45Uhr 02:35 min

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Schmecken lassen! Kurz, handfest, auf Augenhöhe, hau rein!

Nun gut, eine Bratwurst ist keine Gourmetmahlzeit, aber mit tropfendem Zahn doch eine kleine Köstlichkeit zwischendurch, jedenfalls dann, wenn der Fleischer seine Roster nicht zur Resteverwertung missbraucht.

Manchmal braucht es solch aufrüttelnden Befehl: Schmecken lassen! Gerade, wenn das Essen wieder schnell nur zwischendurch eingenommen wird; auf dem Sprung zur nächsten Arbeit oder unterwegs beim Einkauf.

Essen ist kostbar. Auch das Grillgut am Imbiss. Dieser Befehl, bewusst hinzuschmecken, auf die Wurst mit Würze und Wärme; sich die Schärfe des Senfs auf der Zunge zergehen lassen und den Duft des Brötchens einatmen und mit der nahrhaften Speise vermischen - er rüttelt mich auf. Es ist fast ein geistlicher Fingerzeig. Schmeckt und seht, wie freundlich der Herr ist, heißt es in einem Psalmvers der Bibel (Ps. 34,9).

Und dabei hat dieser Satz sicher nicht nur unsere Mahlzeiten im Blick. Mit allen Sinnen sollen wir verkosten, wie gut es Gott mit uns meint. Die Klänge der Natur mit den Ohren; das Licht und die Farben mit den Augen; den Duft der Blumen mit der Nase; die frische Luft in den Lungen; Kühle und Hitze auf der Haut; und die Zärtlichkeiten und Berührungen unserer Hände. Reich sind wir ausgestattet, das wahrzunehmen, was uns umgibt. Gutes wie Schlechtes.

Ich glaube, wer bewussten Zugang zu seinen Sinnen hat, lebt zuversichtlich. Ich glaube, wer seine Sinne schult, empfindsam zu sein, der bahnt sich auch einen Weg zur Wahrnehmung ewiger Wahrheit und Weisheit; der fördert die Liebe zum Leben und die Achtung vor der Kostbarkeit unseres Daseins. Ich glaube, Gott möchte, dass wir ihm einen Weg bahnen über unsere Sinne, weil er freundlich ist und wir unsererseits freundlich sein können.

Schmecken lassen! Schmeckt und seht, wie freundlich der Herr ist!

Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche:

Kurzbiografie Holger Treutmann

Holger Treutmann

1963 in Springe bei Hannover geboren | verheiratet | 2 Kinder | Studium in Bethel, Göttingen, Berlin | 1989 1. Theologisches Examen in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannover | 1989-1993 Pharmareferent bei Astra-Chemicals Wedel/Hamburg | 1993-1995 Vikariat in Bröckel bei Celle | 1995 2. Theologisches Examen in der Evangelisch-Lutherische Landeskirche Hannover | 1995 Wechsel in die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsen | 1995-1999 Pfarrer in Eibenberg-Kemtau und Chemnitz-Reichenhain | 1999-2005 Pfarrer in St.-Pauli-Kreuz-Gemeinde Chemnitz | 2006 - Januar 2016 Pfarrer der Frauenkirche in Dresden | Ehrenamtlicher Mitarbeiter der Notfallseelsorge Dresden | seit Februar 2016 Senderbeauftragter der Ev. Kirchen beim MDR und Rundfunkbeauftragter der Ev.-Lutherischen Landeskirche Sachsens

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.