Dienstag, 18.07.2023: Fehlerfreundlichkeit

Für unsere Veranstaltungen in der Evangelischen Studierendengemeinde benutzen wir oft einen Beamer - ein Gerät, mit dem man Bilder von einem Computer an die Wand werfen kann. Wenn unser Beamer abgeschaltet wird, muss er noch eine kurze Weile am Strom bleiben. Wenn nicht, dann kühlt das kleine Lämpchen nicht genug ab und kann kaputt gehen. Das wusste ein Student nicht, als er nach einer Veranstaltung aufräumte. Als er das Kabel aus der Steckdose zog, kam mein Stop-Ruf nicht nur aus der anderen Ecke des Raumes, sondern auch zu spät. Der Beamer war aus und ging so schnell nicht mehr an. Der Student wurde rot, dann war er ganz schnell verschwunden. Es war ihm peinlich und er ärgerte sich, das sagte er mir später. Interessant, dachte ich.

In unserer Kultur gehen wir nicht entspannt mit Fehlern um. Im Gegenteil. Wir lernen es schon in der Schule, dass ein Fehler einen Punkt Abzug bedeutet.

Aus einer Parabel in der Bibel wird deutlich, wie die Augen des Glaubens auf Fehler schauen. Zwei Männer gehen zum Gebet in den Tempel von Jerusalem. Der erste ist ein Frommer, der andere einer, der offensichtlich ein Leben führt, das den Geboten Gottes nicht entspricht. Der erste sagt: "Gott, ich danke dir, dass ich nicht bin wie die Räuber. Ich faste und spende Geld!" Der andere steht abseits und betet nur: "Gott, sei mir Sünder gnädig." Jesus sagt: Es ist der zweite, der in Frieden mit Gott nach Hause geht. Nicht der erste. Gott rechnet mit Fehlern - nicht nur mit den kleinen, sondern auch mit den ganz großen – und schenkt Wege, dass es besser werden kann. Den ersten und schwersten Schritt muss aber jeder Mensch selbst tun: Zu den eigenen Fehlern zu stehen. Zu sich stehen. Dann kann es besser werden.

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gesprochen von Pfarrerin Karin Großmann

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Di 18.07.2023 05:45Uhr 02:37 min

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Ich wünsche mir eine Kultur der Fehlerfreundlichkeit, denn sie ist zutiefst christlich. Für heute reicht es, in diesen Tag zu gehen und keine Angst zu haben, einen Fehler zu machen. Vielleicht passiert ja keiner. Und wenn: Dann möchte ich tapfer dazu stehen und daraus lernen.

Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche:

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.