Mittwoch, 19.07.2023: Wellen
Wer im Juli von Wellen spricht, denkt ans Meer. An Badeurlaub mit heißem Sand und Sonnencreme. Einfach an Erholung pur. Weniger erholsam war jedoch eine Welle, die im Juni über einen Pastor aus Ostfriesland zusammengeschlagen ist. Quinton Ceasar hatte auf dem Kirchentag die Abschlusspredigt gehalten. Die sorgte für viel Wind.
In einem Interview hatte Quinton Ceasar gesagt, dass er sich darüber bewusst war, mit seinen Worten anzuecken. Dass er aber auch Nachrichten voller Wut, Hass und Hetze bekommen würde, damit hatte er nicht gerechnet. Seine Kirchgemeinde im ostfriesischen Wiesmoor hatte sogar die Webseite für eine Weile vom Netz nehmen müssen. Über Sätze und Ansichten zu diskutieren, vielleicht auch mal hitzig, das ist das eine. Das andere ist: Menschen mit Botschaften des Hasses zu bedrohen. Das darf nicht sein. Das ist nicht christlich, noch nicht einmal menschlich. "Ein jeder Mensch sei schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn. Denn des Menschen Zorn tut nicht, was vor Gott recht ist", so heißt es in der Bibel und ist ein guter Rat, wenn es unruhig wird. (Jakobus 1,19f)
Leider hat die Welle der Entrüstung bisher eines verhindert: Über die Botschaft zu sprechen, um die es Quinton Ceasar mit seiner Predigt ging. Zum Abschlussgottesdienst des Kirchentags stand ich auf dem Hauptmarkt in Nürnberg. Ich habe seine Worte als Appell gehört; an die Menschen der Kirche: Schaut doch mal hin, liebe Leute. Wo sind in den Gemeinden die mit einer anderen Hautfarbe, die mit einer anderen sexuellen Orientierung, die, die arm sind? Sie sind nicht in der Mitte. Sie stehen am Rand. Aber wisst ihr was? Dort ist Gott. Bei denen, die von den anderen gemieden und schief angeguckt werden. Denn dort war er schon immer.
Wer, wenn nicht ein ostfriesischer Pastor mit südafrikanischen Wurzeln, könnte besser über die Erfahrung von Ausgrenzung sprechen? Ich bin dankbar, dass sich viele Menschen hinter Quinton Ceasar gestellt haben. Sie waren seine Wellenbrecher. Und ich bin dankbar, dass er die Welle genommen hat und standhaft geblieben ist.