Gläubige und Besucher des 103. Deutschen Katholikentags verfolgen den Fronleichnams-Gottesdienst auf dem Domplatz Erfurt. 3 min
Bildrechte: picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt
3 min

Mit der Initiative #OutinChurch haben sich zahlreiche Menschen in der katholischen Kirche als queer geoutet. Was ist seitdem passiert? Was steht noch aus? Anna Giordano hat nachgefragt.

MDR KULTUR - Das Radio Do 30.05.2024 19:35Uhr 03:24 min

https://www.mdr.de/kultur/videos-und-audios/audio-radio/audio-2652926.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio

Thema Queer auf dem Katholikentag

30. Mai 2024, 10:28 Uhr

Einiges hat sich in den letzten Jahren getan, wenn es um die Sichtbarkeit queerer Menschen in der katholischen Kirche in Deutschland geht. Dazu hat unter anderem die Initiative OutInChurch beigetragen, aber auch der Reformprozess Synodaler Weg, der sich für die Segnung homosexueller Paare ausgesprochen hat. Auf dem Katholikentag gibt es eine ganze Reihe von Veranstaltungen, auf denen die Situation queerer Menschen in der katholischen Kirche beleuchtet wird.

Das Haus Dacheröden am Anger 37 ist während des Katholikentages in Erfurt DIE Adresse für queere Themen. Das Café im Innenhof ist gut besucht, riesige Schirme halten den Regen ab. Sabine aus Bonn sitzt an einem Tisch und trinkt Limonade, ihre Frau macht mit dem kleinen Sohn gerade einen Rundgang durchs Haus.

Ich bin katholisch, aber ich gehe trotzdem in die altkatholische Gemeinde, weil man da einfach herzlich willkommen ist.

Sabine

Die altkatholische Kirche hat sich im 19. Jahrhundert von der katholischen Kirche abgespalten. Hier dürfen Frauen die Priesterweihe empfangen. Und homosexuelle Paare können sogar heiraten, schwärmt Sabine. In der katholischen Kirche fühlt sie diese Gastfreundschaft nicht.

Segensfeier für homosexuelle Paare noch immer diskriminierend

Zwar hatte der Synodale Weg im März vergangenen Jahres über ein Papier abgestimmt, nach dem Segensfeiern für homosexuelle Paare künftig möglich sein sollen – es bleibt aber den Bischöfen überlassen, in welchem Rahmen das umgesetzt wird. Ende des Jahres hatte dann sogar der Vatikan ein Schreiben herausgegeben, das die Segnung homosexueller Paare erlaubt – zumindest, wenn diese sich von einer Eheschließung deutlich abgrenzt. Sabine ist darauf gar nicht gut zu sprechen.

"Es ist immer noch sehr diskriminierend, zwar darf man gesegnet werden, aber in welchem Rahmen? Man darf nicht im Gottesdienst gesegnet werden, sondern in der Sakristei in der letzten Ecke. Für mich ist das ein fauler Kompromiss“, beklagt die Katholikin.

Mit der Kritik am Vatikan ist Sabine nicht allein. Im Obergeschoss von Haus Dacheröden betreut Rafaela Noah Soden einen Stand mit Flyern. Sie ist Theologin und Bildungsreferenten in der Erzdiözese Freiburg. Rafaela sagt, in der Pastoral und beim Arbeitsrecht habe sich die Situation für queere Menschen verbessert, aber nicht in der Lehre der katholischen Kirche:

Es ist nach wie vor so, dass Trans-Menschen unterstellt wird, dass sie das gottgegebene Geschenk der eigenen Identität oder des eigenen Körpers nicht annehmen würden, und dann eben auch ihre Würde nicht wirklich verwirklichen können.

Rafaela

Veränderungen nicht nur bei kirchlichen Amtsträgern gefordert

In der Oper Erfurt findet eine Veranstaltung statt unter dem Motto: Der Leib Christi ist queer – und jetzt? Moderator Jens Ehebrecht-Zumsande erzählt, welche Schwierigkeiten es bereits bei der Organisation gab:

"Wir haben da gerade einen kleinen Platzhalter hingestellt, darauf steht: Hier könnte ein Bischof sitzen. Wir haben über 15 Bischöfe und Generalvikare angefragt, sich heute auf dem Podium dieser Frage zu stellen. Niemand von ihnen ist dazu bereit gewesen, und das ist vielleicht auch schon eine Antwort auf unser Thema", so Jens Ehebrecht-Zumsande.

Das Lehramt sei eben manchmal eine Leerstelle, scherzt der Moderator. In der Diskussion meldet sich später auch Rafaela aus Freiburg zu Wort. Sie glaubt, dass sich nicht nur die offizielle kirchliche Position ändern muss:

Es geht nicht darum, dass irgendwer irgendwas machen muss, sondern dass wir auf uns selber gucken. Und das ist was, was wir alle tun können. Wie denken wir, welche Vorurteile haben wir. Und eben nicht auf die Bischöfe zu warten, sondern uns selber zu ermächtigen.

Rafaela

Jeder könne etwas tun, damit queere Menschen in der katholischen Kirche willkommen sind.