Religion Osterhoffnung und Neuanfang
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17. April 2025, 12:00 Uhr
Wir leben wahrlich in einer krisengeschüttelten Zeit. Aber was gibt Menschen, die Krisen durchlaufen, Rückschläge erleiden, Hoffnung auf einen Neuanfang? Haben Christinnen und Christen mit ihrem Gottvertrauen womöglich eine besondere Ressource?
Marlen Below ist eine Transfrau. Als Ulf geboren, kann die Pfarrerin nun seit vier Jahren dazu stehen, dass sie sich in ihrem männlichen Körper nie wohl gefühlt hat. Über das Gefühl, als Frau im falschen Körper zu leben, darüber konnte sie nie reden. Fast 60 Jahre hatte sie einen Teil ihrer Identität verdrängt.
"Über weite Strecken war Gott der einzige, der Bescheid wusste. Das Gefühl und die Überzeugung zu haben, Gott nimmt mich so an wie ich bin, egal ob ich als Mann, Frau oder sonst was lebe, vor Gott bin ich so gewollt, wie ich bin - das ist auch eine Rettung gewesen", so die Pfarrerin.
Erst als ihr Körper dem Druck nicht mehr standhält, mit Tinnitus reagiert, die Magenbeschwerden immer schlimmer werden, geht Below in eine psychosomatische Klinik.
Hoffen in schwierigen Zeiten
"Ich glaube, dass gerade Enttäuschungen oder auch Verzweiflung neue Hoffnungen hervorrufen. Hier haben wir so etwas wie ein Hoffnungsparadox, dass Menschen gerade in schwierigen Zeiten hoffen“, sagt der Altphilologe Jonas Grethlein, der gerade ein Buch über die Geschichte der Hoffnung geschrieben hat.
Hoffnung ist sicherlich ganz wichtig in allen Lebenskrisen. Das ist die Aussicht darauf, dass sich die Zukunft, die man als belastend empfindet, ändert. Dann gibt die Hoffnung den Menschen auch Kraft.
Ulf Below hat sich in der psychosomatischen Klinik als Transfrau geoutet. Die Pfarrerin im niedersächsischen Salzgitter vollzog den Bruch mit dem alten Leben, sie wagte den Neubeginn und outete sich: Zuerst in der Familie, dann im Freundes- und Bekanntenkreis.
Doch sie hatte auch Angst: “Ich bin von Herzen gern Pfarrerin, zuvor Pfarrer. Kann ich weiter Pfarrerin sein, wenn das rauskommt? Oder sagt unsere Landeskirche: Nein, das können wir nicht.“
Wie würde Gottes Bodenpersonal, wie würde der Kirchenvorstand reagieren?
Die haben mir einen Strauß Blumen geschenkt und gratuliert zu dem Schritt - das war zum Tränen-Vergießen schön.
Im Leiden entwickelt der Glaube Kraft
Marlen Below hat mit viel Gottvertrauen einen Neuanfang geschafft. Ist dieses Gottvertrauen in Krisensituationen eine besondere Ressource für Christinnen und Christen? Tobias Bilz, Bischof der evangelischen Landeskirche Sachsens:
'Ich vertraue mich Gott an'. Das ist etwas, was viele Menschen, auch wenn sie vielleicht gar nicht konfessionell sind, doch wie eine Empfindung in sich tragen: Es gibt so etwas wie Gottvertrauen in der Not.
Und der Bischof sieht auch eine enge Verbindung zur Osterbotschaft.
"Zu allen Zeiten haben Menschen - besonders dann, wenn sie leiden - aus dem leidenden Christus Trost und Kraft geschöpft. Dahinter steckt der Gedanke: Gott verbindet sich mit dem Leiden, im Leiden entwickelt der Glaube Kraft", meint der evangelische Landesbischof.
Und, so Tobias Bilz, das gelte nicht nur für den Einzelnen, sondern auch für die Gesellschaft, in der Menschen befürchten, es werde die liberale Demokratie, die sie nach 1989 positiv erlebt hatten zerstört.
Das verängstigt viele Leute und entmutigt sie auch, und die Osterbotschaft sagt: Selbst wenn die Zukunft sich verdunkelt, selbst wenn es durch den Tod hindurch geht, gibt es danach eine Auferstehung, einen Neuanfang. Und diese Botschaft könnte in unserer Gesellschaft im Moment große Kraft entfalten.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | Religion und Gesellschaft | 20. April 2025 | 10:05 Uhr