Karfreitag Wie die Passionsgeschichte in Zschorlau im Erzgebirge lebendig wird
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17. April 2025, 11:00 Uhr
Karfreitag erinnert an das Leiden und den Tod Jesu. Doch was vor 2.000 Jahren wirklich in Jerusalem geschah, das wirkt heute ziemlich weit weg. In Zschorlau im Erzgebirge aber ist das anders: Dort spielen über 150 Menschen wieder die biblische Geschichte von der Passion und Auferstehung Jesu nach – und das ist viel mehr als ein buntes Spektakel.
Lange war Jesus nicht mehr in Zschorlau, jetzt ist er wieder da – mit Bart, langem Haar und mildem Blick. Er ist Arzt und heißt im bürgerlichen Leben Tom Pote. Doch wenn er durch den Erzgebirgsort läuft, dann rufen viele: "Hallo Jesus!"
Auf der Bühne der Zschorlauer Sporthalle durchlebt Tom Pote ab dem Karfreitag noch einmal die gesamte Geschichte des Leidens Jesu: seine Einsamkeit und Verlassenheit, alles soll so echt sein wie möglich.
Eine Lücke von zehn Jahren
"Die Vorfreude hört man, die knistert", meint Michael Dehnel Vorsitzender des Zschorlauer Passionsspielvereins. Groß ist die Vorfreude, weil die letzten Spiele wegen der Corona-Pandemie ausfallen mussten – es entstand eine Lücke von zehn Jahren.
"Zehn Jahre sind schon eine halbe Generation. Von daher ist unfreiwillig ein Generationswechsel durchgeführt worden. Einige Mitspieler stehen leider nicht mehr zur Verfügung, einige altersbedingt, einige sind leider verstorben", so Michael Dehnel.
Leidensgeschichte Jesu mit gehörigem Aufwand
Jesus, die Jünger, die Menschen in Jerusalem – über 150 Erzgebirger verwandeln sich auf der Bühne in die Menschen der Leidensgeschichte Jesu. Es war nicht leicht nach Corona, wieder genügend Mitspieler zu gewinnen. Für ein Jahr Proben – und Männer müssen sich genauso lange Bart und Haupthaar lang wachsen lassen. Auf den ersten Blick wirkt es wie ein Heavy-Metal- oder Hippie-Festival. Aber die Geschichte von der Gefangennahme und Folter Jesu ist viel härter.
"Wenn man so bedenkt, was Jesus wirklich für uns erlitten hat, das ist nur ein Bruchteil, was wir hier darstellen", sagt die Schneeberger Ergotherapeutin Salome Düring – sie spielt Maria Magdalena, die Jesus bis unter das Kreuz begleitet hat.
In der Geschichte des Wanderpredigers Jesus von Nazareth geht es um Macht und Liebe, um Gewalt und Friedfertigkeit. Volk, Politiker, Religionsführer – alle fürchten Unruhe, Kritik, den Verlust von Privilegien und Sicherheit. Michael Dehnel, der Vorsitzende des Passions-Spielvereins, verkörpert den Hohepriester Kaiphas, einen Gegner Jesu – für ihn eine ganz aktuelle Rolle.
Man braucht bloß ins aktuelle Tagesgeschehen schauen, in Familie, auf Arbeit, in den Betrieb bis hinein in die Politik: Wenn Machtverlust da ist oder Angst vor Machtverlust, da wird der Mensch "erfinderisch".
Jesus brachte diese Angst der Menschen an das Kreuz – auch in Zschorlau ist das nicht anders. Die Geschichte wird in ihrer ganzen Härte gespielt und gezeigt. Über vier Stunden lang. Nicht leicht auch für den Hauptdarsteller und Arzt Tom Pote.
Folter und Tod darstellen – es bleibt eine Annäherung. Aber zu Ende ist die Geschichte für die Schauspieler damit nicht, so wie in der Bibel: Jesus ist lebendig – das ist Darsteller Tom Pote am wichtigsten.
Jesus ist ja nicht tot, sondern er ist auferstanden. Und durch seinen Tod am Kreuz hat er uns ja erst die Möglichkeit gegeben, dass wir in der Ewigkeit irgendwann mit ihm leben können.
Von Karfreitag bis zum Sonntag nach Ostern ist diese Hoffnung beim Zschorlauer Passionsspiel besonders lebendig – Tickets sind noch zu haben, ganz unbiblisch: im Internet.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | Religion und Gesellschaft | 18. April 2025 | 10:05 Uhr