Dem berühmten Weihnachtslied auf der Spur "O du Fröhliche"
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23. Dezember 2024, 10:07 Uhr
Es gehört zu den bekanntesten Weihnachtsliedern weltweit: "O Du Fröhliche", geschrieben hat es Johannes Daniel Falk um 1815 in Weimar. Wer war dieser Mann und welche Geschichte erzählt dieses Lied, das vor allem Heiligabend allerorten gesungen wird?
Das Heer Napoleons ist gerade besiegt, eine Zeit neuer Hoffnung bricht an. Auch für die Kriegswaisen, um die sich der Schriftsteller und Laientheologe Johannes Daniel Falk (1768–1826), gemeinsam mit seiner Frau Caroline in Weimar kümmert. Für diese Kinder schreibt er um 1815 ein Lied: "O Du Fröhliche" - bis heute singen es viele Menschen in aller Welt vor allem Heiligabend.
"Welt ging verloren"
Der Dichter nutzt damals eine alte sizilianische Melodie, die Johann Gottfried Herder in seine Sammlung "Stimmen der Völker in Liedern" aufgenommen hat. Nicht nur zu Weihnachten, auch Ostern und Pfingsten, also zu den drei Hauptfesten der Christenheit soll "O Du Fröhliche" als "Allerdreifeiertagslied" von den Kindern gesungen werden. Heute wissen wir kaum mehr, dass die Geschichte hinter dem Lied eine von Krieg, Leid und Hunger ist. Wenn auch die Zeile von der Welt, die verloren ging, darauf anzuspielen scheint.
Falks Heim für Kriegswaisen in Weimar
Die kleine Stadt Weimar mit kaum 6.000 Bewohnern muss zu Zeiten der französischen Belagerung um 1806 rund 60.000 Soldaten Napoleons aufnehmen. Es wird gebrandschatzt und geplündert. Falk, der fließend Französisch spricht, tritt in dieser Zeit als Vermittler auf und hilft, das Versorgungsproblem lösen. Der französische Stadtkommandant macht Falk zu seinem Dolmetscher und Sekretär, für seine Verdienste wird er später von Herzog Carl August zum Legationsrat ernannt.
Doch auch Falks Familie wird in diesen Jahren nicht verschont. Vier seiner Kinder sterben an Typhus. Trotz des eigenen Leides wird er nicht blind für das Elend anderer. Mit dem Stiftsprediger Karl Friedrich Horn gründet Falk die "Gesellschaft der Freunde in der Not". Dann nimmt er ab 1813 mit seiner Frau Caroline Kriegswaisen auf. Erst in seinem Privathaus, später im Lutherhof. Falks Hauptaugenmerk liegt auf ihrer Bildung und Erziehung nach christlich-humanistischen Ideen. Seine Maxime lautet: Erziehung zur Freiheit durch Erziehung in Freiheit. Schläge und Strafen gibt es nicht. Er legt Wert darauf, dass die Kinder Verantwortung füreinander übernehmen.
Als es bergauf gehen soll, kommt es zu einem Ereignis, das die gesamte Nordhalbkugel zurückwirft. Ein Vulkanausbruch im April 1815 in Indonesien verändert das Klima, führt zu einer "kleinen Eiszeit" mit Schnee im Sommer 1816, Missernten und neue Hungersnöte folgen. Falks soziales Engagement wird bis zu seinem Tod 1826 dringend gebraucht. Wohl 500 Kindern haben er und seine Frau über die Zeit ein Zuhause gegeben.
Wicherns Kinderdorf in Hamburg: Adventskranz und ein Lied gehören zu Weihnachten dazu
In Hamburg folgt der Pastor Johann Hinrich Wichern seinem Beispiel und gründet 1833 das "Rauhe Haus", ein Rettungsdorf für arme Kinder. Auch dort wird Falks "O Du Fröhliche" in der Weihnachtszeit gesungen. Wichern nimmt es auf in sein 1844 herausgegebenes Buch "Unsere Lieder". Und Wichern lässt sich für seine Kinder, die den Heiligabend kaum erwarten können, noch etwas Besonderes einfallen: Ein Wagenrad mit Löchern, vom ersten Advent bis zum Heiligabend für jeden Tag eins, hinein kommt eine Kerze. So erfindet er den Adventskranz.
Auch Helfer werden im "Rauhen Haus" ausgebildet. Wichern nennt sie Diakone, sie nehmen das Liederbuch mit an ihre neuen Wirkungsstätten und sorgen für die Verbreitung der Melodie. Die Ausbildung sowie die Betreuung junger Menschen am "Rauhen Haus" gibt es bis heute. So werden Wichern und Falk zu Begründern der kirchlichen Jugendsozialarbeit.
Lieder aus dem Lautsprecher sind was feines, selbst gesungene sind was ganz feines, aber Menschen, die mit Kindern Musik machen als wunderbarer Chor, aber auch als kleine Gemeinschaft (...), die können Kinder bestärken.
Die Kraft der Musik
Für viele gehört "O Du Fröhliche" bis heute am Heiligabend dazu, manche fassen sich beim Singen im Kreise der Familie an den Händen. Liedermacher Rolf Zuckowski gibt zu Bedenken, dass die Welt wohl nie ganz friedlich gewesen sei, immer habe es Menschen gegeben, die Macht hatten und andere, die sich ohnmächtig fühlten. Deswegen sei die Geschichte von dem Kind, das als Erlöser komme, eine so wunderbare. Fast ebenso wunderbar sei es, gemeinsam mit Kindern zu singen, im "Rauhen Haus" oder in Bethel oder in Hospizen, meint Zuckowski, der dort Pate ist: "Es gibt viele Menschen, die in ihrer Arbeit nicht andauernd denken, dass sie Wohltäter sind, sondern glücklich, in einer Gemeinschaft etwas zu bewegen." Die Musik könne dabei helfen, etwas in Gang zu setzen.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | 22. Dezember 2022 | 07:30 Uhr