Gema-Streit Nach Gema-Streit: Welche Musik auf Weihnachtsmärkten gespielt wird

17. Dezember 2023, 08:17 Uhr

Stille Nacht statt Last Christmas – auf manch einem Weihnachtsmarkt geht es zumindest musikalisch besinnlicher zu in diesem Jahr. Der Grund ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs, wo es um Gema-Lizenzen für die Musiknutzung auf der gesamten Veranstaltungsfläche der Weihnachtsmärkte geht. Als die Bescheide bei den Veranstalter eingetrudelt sind, gab es Diskussionen. Mittlerweile ist Halbzeit auf den Weihnachtsmärkten. Und: Still ist es dort nicht. Beobachtungen vom Glühweinstand.

Tom Gräbe
Bildrechte: MDR/Fabian Frenzel

"Ave Maria" am Klavier mit Streichern unterlegt, schallt aus den Lautsprecherboxen über den Weihnachtsmarkt in Aschersleben. In der Luft liegt der Geruch von Glühwein und Bratwurst. "Es ist ein Ros entsprungen", ist der Soundtrack für die Mittagspause. Die Musik kommt von einer Playlist auf einem Computer in einer Hütte.

Martin Rothe hat sie zusammengestellt. Er ist Veranstaltungsfachmann, DJ und betreibt in der Vorweihnachtszeit eine Glühweinbude. "'Alle Jahre wieder', 'Am Weihnachtsbaum die Lichter brennen', 'Ave Maria', die ganzen Klassiker. Auch 'Jingle Bells' ist mit dabei. Aber natürlich nicht so, wie man es kennt."

Alle Jahre wieder', 'Am Weihnachtsbaum die Lichter brennen', 'Ave Maria', die ganzen Klassiker. Auch 'Jingle Bells' ist mit dabei. Aber natürlich nicht so, wie man es kennt.

Martin Rothe, Veranstaltungsfachmann

Weil das alte Lieder sind, fallen dafür mitunter keine Gema-Gebühren an. "Das Ganze ist eben Gema-frei, einfach aufgrund der Kostensituation, die ja nun hinlänglich bekannt ist."

Lizenzgebühren: Fläche des Weihnachtsmarktes ist entscheidend

Denn bei der Höhe der Lizenzgebühren für die Gema, spielt auch die Veranstaltungsfläche eine Rolle. Vereinfacht: Je größer, desto teurer. Die Gema hatte Flächen neu erfasst. "Last Christmas" findet sich nicht in der Playlist. "Auf dem Platz wird es das nicht gehen. Das ist halt ein Künstler, der sich durch die Gema vertreten lässt und das ist genau die Musik, die wir halt aus Kostengründen nicht spielen dürfen", sagt Martin Rothe.

Deshalb läuft hier keine aktuelle Weihnachts-Popmusik, sondern eher traditionelles Liedgut. Und das klingt ganz besinnlich.

"Besser als gar nichts", sagt eine Besucherin. "Es gehört zum Kulturgut irgendwo dazu", höre ich am Glühweinstand, "Hauptsache Weihnachtsmusik”. Wer jetzt allerdings Tag um Tag die Gema-freie Musikschleife hört, sind die Händler in ihren Buden. "Ich träume da schon fast von", sagt der Bäcker am Handbrot-Stand. Natürlich dürfe man das nicht 24 Stunden am Tag hören, stellt er schmunzelnd fest.

Weihnachtsmarkt-Betreiber finden unterschiedliche Lösungen

Die Weihnachtsmarkt-Betreiber haben ganz unterschiedliche Lösungen gefunden. In Bernburg läuft Musik nur an den Karussells, wenn es kein Bühnenprogramm gibt. Still ist es hier ganz und gar nicht.

"Das macht den Markt ja auch lebendig", sagt Susan Rettig von der Bernburger Freizeit-GmbH. Pragmatismus zwischen Karussell und dampfenden Glühwein-Tassen.

In der Hütte von Martin Rothe auf dem Weihnachtsmarkt in Aschersleben wird gerade Punsch gezapft. Aus den Lautsprechern an der Glühwein-Theke läuft "All I want for Christmas" von Mariah Carey. Auch ein Weihnachtsklassiker, aber ein Gema-pflichtiges Stück. "Das funktioniert dadurch, dass wir eine geschlossene Hütte haben. Wir haben halt separat eine Gema-Anmeldung beantragt, die wir auch bezahlen und dann sind wir natürlich frei und flexibel."

Auch das geht. So läuft draußen auf der Weihnachtsmarktfläche besinnliche Weihnachtsmusik am Klavier. Und drinnen in den Weihnachtsmarkt-Hütten kann es abends durchaus kuscheligen Aprés-Ski-Party-Vibe geben – mit Last Christmas, wenn die Betreiber ihre Hütten extra anmelden. "Stille Nacht" gibt es auf einigen Weihnachtsmärkten trotz der Diskussionen wohl nur aus den Lautsprecherboxen.

Das macht die Gema

Die Gema – die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte – ist ein Verein, der die Interessen seiner Mitglieder vertritt. Dazu zählen nach eigenen Angaben über 90.000 Komponistinnen, Textdichter und Verlegerinnen. Das wichtigste Anliegen ist, dass Musikschaffende für das Spielen ihrer Songs Geld erhalten.

Wird auf Stadtfesten, anderen öffentlichen Veranstaltungen oder auch auf Weihnachtsmärkten urheberrechtlich geschützte Musik von Künstlern gespielt, die bei der Gema gemeldet sind, muss der Veranstalter Geld für die Nutzung der Musik bezahlen. Die Künstler erhalten davon einen Teil. Zuletzt gab es öfter Diskussionen, weil die Gema für die Musik scheinbar mehr Geld verlangt, als in den Jahren zuvor. Gesprochen wird dabei immer wieder von einer "Gebührenerhöhung". Das stimmt so nicht.

Die Gema mit Sitz in München teilt mit, dass es keine Gebührenerhöhungen für Weihnachtsmärkte gegeben habe. Der Tarif sei zuletzt 2018 mit der Bundesvereinigung der Musikveranstalter verhandelt worden. Die Gema selbst stellt keine Tarife auf, sondern verhandelt diese immer mit Branchenverbänden.

Auch an der Bemessungsgrundlage habe sich nichts verändert. Die Gema bezieht sich auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) im Jahr 2011: Darin muss die Gema für die Musiknutzung auf Weihnachtsmärkten die gesamte Veranstaltungsfläche heranziehen und nicht die beschallte Fläche vor der Bühne.

MDR (Tom Gräbe)

Dieses Thema im Programm: MDR S-ANHALT | MDR SACHSEN-ANHALT | 15. Dezember 2023 | 19:00 Uhr

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