Erklärung der katholischen Bischöfe Ostdeutsche Bischöfe warnen vor AfD-Wahl: "Appell soll Augen öffnen"
Hauptinhalt
19. Januar 2024, 13:18 Uhr
Die katholischen Bischöfe in Ostdeutschland haben vor einer Wahl der AfD gewarnt. Die Würde des Menschen zu achten und zu schützen müsse die oberste Richtschnur jedes staatlichen Handelns sein. Politische Parteien, die diesen Grundsatz in Frage stellten, könnten keine Alternative sein, betonten sie in einer am Freitag veröffentlichten Erklärung. Als einer der Unterzeichner erklärte der Erfurter Bischof Neymeyr im Gespräch mit MDR KULTUR mit Blick auf die AfD, die Erklärung sei auch ein Appell, "das ganze Spektrum der Partei und ihrer Absichten wahrzunehmen".
Die katholischen Bischöfe in Ostdeutschland haben vor einer Wahl der AfD gewarnt. Die Positionen extremer Parteien wie dem III. Weg, der Partei Die Heimat oder auch der AfD könnten nicht akzeptiert werden, heißt es in einer am Freitag veröffentlichten gemeinsamen Erklärung. Als einer der Unterzeichner erklärte der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr im Gespräch mit MDR KULTUR: Äußerungen von AfD-Politikern in den Landtagen machten deutlich, dass sie die Demokratie in Frage stellten. Das gebe Anlass zur Sorge, "dass demokratische Strukturen und Prozesse ausgehöhlt werden, wir wir es in Ungarn oder Polen erlebt haben".
Neymeyr: "Weder Rassismus noch Antisemitismus mit christlichen Menschenbild vereinbar"
Im Hinblick auf die anstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament und zu den Landtagen 2024 in Sachsen und Thüringen habe man sich entschlossen, klarzustellen, "dass hier Positionen vertreten werden, die nicht mit katholischen Überzeugungen und dem christlichen Glauben zu vereinbaren sind", so Neymeyr. Weder Rassismus noch Antisemitismus passe mit dem christlichen Menschenbild zusammen. Weiter führte Neymeyer aus: "Wir kümmern uns auch um behinderte Menschen und erschrecken, wenn wir da das Wort Inklusions-Ideologie hören." Schließlich werde auch die Leugnung des menschengemachten Klimawandels nicht dem Auftrag zur Bewahrung der Schöpfung gerecht. Mit der Erklärung verbunden sei auch die Aufforderung, sich mit dem AfD-Programm zu beschäftigen und "das ganze Spektrum der Partei und ihrer Absichten wahrzunehmen", betonte Neymeyr: "Wir wollen da auch die Augen öffnen."
Wörtlich heißt es in dem Schreiben, das auch dem MDR vorliegt: "Krude Ausweisungsphantasien für Migranten und ihre Unterstützer, die Ablehnung von Schutzangeboten für Geflüchtete, die Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung, der alleinige Fokus auf Leistungsfähigkeit, die Leugnung des menschengemachten Klimawandels und die pauschale Verächtlichmachung von politischen Akteuren und Institutionen sind mit diesen Grundwerten unserer Gesellschaft unvereinbar."
"Wissen, was Kampf für Demokratie heißt"
Die Bischöfe räumen in der Erklärung ein, dass viele Menschen politische Entscheidungen nicht mehr verstünden. Sie seien verunsichert, wütend und hätten Angst vor dem sozialen Abstieg. Aber: "Das darf uns nicht dazu bringen, uns von populistischen Aussagen und scheinbar einfachen Lösungen vereinnahmen zu lassen." So riefen sie mit dem Schreiben unter der Überschrift "Eintreten für die Demokratie" zur "aktiven Teilnahme an den Wahlen" auf. Unter Verweis auf die "Schrecken der Weltkriege und die Gräueltaten des NS-Regimes" heißt es in dem Appell schließlich: "Die unantastbare Würde des Menschen zu achten und zu schützen muss die oberste Richtschnur jedes staatlichen Handelns sein."
Neymeyr fügte hinzu, zwei der sechs unterzeichnenden Bischöfe hätten "die SED-Diktatur erlitten und die Friedliche Revolution nicht nur miterlebt, sondern mitgestaltet: Sie wissen also, was auch Kampf für Demokratie heißt".
"Klar positionieren" vor heißem Wahlkampf
Neymeyer erklärte im Gespräch mit MDR KULTUR weiter, die katholischen Bischöfe hätten sich die Wortmeldung lange überlegt, dann aber entschieden, sich klar zu positionieren, bevor es in den heißen Wahlkampf gehe. Nur in der inhaltlichen Auseinandersetzung seien die enormen Herausforderungen in unserer Gesellschaft zu bewältigen.
Neben den Wahlen zum Europäischen Parlament finden 2024 Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen sowie Kommunalwahlen in neun Bundesländern statt. Unterzeichnet haben den Aufruf die Bischöfe Gerhard Feige aus Magdeburg, Ulrich Neymeyr aus Erfurt, Wolfgang Ipolt aus Görlitz und Heinrich Timmerevers für das Bistum Dresden-Meißen sowie die Erzbischöfe Heiner Koch (Berlin und Stefan Heße (Hamburg).
Bereits am Donnerstag hatten sich die evangelischen Bischöfe in Ostdeutschland besorgt über den immer stärkeren Zuspruch für rechtsextreme Parolen und Positionen gezeigt.
MDR (ks)
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 19. Januar 2024 | 12:10 Uhr