Die schwerste Entscheidung meines LebensPositionen zum Thema Abtreibung
Bis zum Ende der 1980er-Jahre wird in der DDR jede dritte Schwangerschaft abgebrochen.Bildrechte: Nah dran / MDR FERNSEHEN
"Das Recht, ein Kind abtreiben zu lassen, ein Schwangerschaftsabbruch, stand mir zu, es hat auch keiner versucht, mich umzustimmen." Das sagt Margitta Zellmer, Jahrgang 1954. Sie befürchtet damals, mit 25, nach Abschluss des Studiums und gerade Mutter eines Kindes geworden, beruflich den Anschluss zu verlieren. Bildrechte: Nah dran / MDR FERNSEHEN
In dieser Lage hilft ihr die eindeutige Gesetzeslage in der DDR, wie sie rückblickend meint. Seit 1972 gilt die so genannte Fristenlösung, danach sind Abbrüche bis zur 12. Schwangerschaftswoche erlaubt, straffrei und kostenlos.Bildrechte: Nah dran / MDR FERNSEHEN
"Nicht von ungefähr ist schon in der Präambel des (DDR-)Gesetzes zu Unterbrechung der Schwangerschaft formuliert, dass es dazu dienen soll, die Gleichberechtigung der Frau in allen Lebensbereichen herzustellen und dass den Frauen diese Entscheidung zugebilligt wird." Das sagt Ulrike Busch, deutschlandweit die erste Professorin für Familienplanung. Den bis heute gültigen Kompromiss kritisiert sie: "Der Kompromiss, der gefunden wurde, erinnert nur noch wenig an das freie Entscheidungsrecht von Frauen, insofern, als dass er schon im ersten Satz formuliert: Es handelt sich (bei einer Abtreibung) um einen Straftatbestand und der kann mit Gefängnis oder Geld geahndet werden. Sowohl für Frauen als auch Ärzte."Bildrechte: Nah dran / MDR FERNSEHEN
Bis zum Ende der 1980er-Jahre wird in der DDR jede dritte Schwangerschaft abgebrochen.Bildrechte: Nah dran / MDR FERNSEHEN
Einzig die Kirchen kritisieren Rechtslage und Praxis. Der evangelische Christ Wolfgang Böhmer, damals Gynäkologe und später Ministerpräsident Sachsen-Anhalts, ist 1972 Oberarzt an der Frauenklinik in Görlitz. Er zieht Konsequenzen und geht 1973 in ein christliches Krankenhaus,Bildrechte: Nah dran / MDR FERNSEHEN
Seit Abtreibungsgegner das im Paragrafen 219a geregelte "Werbeverbot" nutzen, um Anzeigen gegen Ärzte und Ärztinnen zu erstatten, die Abbrüche vornehmen, ist das Thema auf die Tagesordnung zurückgekehrt. Die sozialen Medien sind voll mit Geschichten verzweifelter Frauen, die in der Anonymität Hilfe, Zuspruch und Trost suchen.Bildrechte: Nah dran / MDR FERNSEHEN
So verschieden die Frauen, so verschieden sind die Lebensgeschichten, die Kornelia Schmidt jeden Tag in der Schwangerenkonfliktberatung von Donum Vitae in Dresden hört. Zu ihrkommen Teenager genauso wie Frauen, die Ende 40, Anfang 50 sind und ungewollt schwanger wurden. "Die Schwere der Entscheidung liegt darin, dass es gleichzeitig um das Leben der Frau, um ihren Lebensentwurf, ihre Ziele, ihre Haltung, ihre Kräfte geht - wie auch um die Lebensmöglichkeit des Ungeborenen. Das ist ein hochgradiger Konflikt."Bildrechte: Nah dran / MDR FERNSEHEN
In ihrer mehr als 30-jährigen Arbeit als Gynäkologin hat die Dresdner Frauenärztin Viola Hellmann keine Frau getroffen, die ihre Entscheidung leichtfertig getroffen hätte. Viele, auch gläubige Frauen hätten nie gedacht, einmal vor diese Wahl gestellt zu werden, sagt sie. 2006 wurde Hellmann von dem Abtreibungsgegner Klaus Günter Annen angezeigt, weil sie auf der Webseite ihrer Praxis über den medizinischen Abbruch informierte. Heute ist sie im Ruhestand und fragt sich, ob Versorgung und Standards zu halten sind.Bildrechte: Nah dran / MDR FERNSEHEN