Nord-Stream-2 Die Pipeline, die Bündnispartner trennt
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08. Februar 2019, 13:34 Uhr
Der ukrainische Staatspräsident Petro Poroschenko spricht von einem "rein politischen Projekt", wenn die Sprache auf Nord Stream 2 kommt. Und Donald Trump wirft Deutschland vor, sich mit Nord Stream 2 zu einem "Gefangenen" Russlands zu machen. Nun will die EU die Gas-Richtlinie überarbeiten. Dadurch könnte Nord Stream 2 womöglich wirtschaftlich unrentabel werden.
Im Mai 2018 haben die Vorbereitungsarbeiten für die zweite Ostsee-Pipeline im Greifswalder Bodden begonnen. Im Hafen von Mukran auf der Insel Rügen liegen tausende Stahlröhren bereit für die Verlegung. Aus ihnen soll die neue Pipeline Nord Stream 2 entstehen, die russisches Gas aus Sibirien nach Deutschland bringen soll. Die neue Pipeline wird parallel zur bereits vorhandenen Fernleitung Nord Stream 1 verlaufen. Die neue Pipeline, in die der russische Staatskonzern Gazprom und seine westeuropäischen Partner 9,5 Milliarden Euro investieren, verprellt vor allem jene Länder in Osteuropa, durch die bisher russisches Erdgas nach Deutschland gelangte.
Poroschenko und Trump zu Nord Stream 2
So versucht der ukrainische Präsident Petro Poroschenko seit dem Startschuss des Projektes gegen Nord Stream 2 zu intervenieren. Besonders im Westen Europas wirbt er um Verbündete und verbreitet markige Botschaften über seinen Twitter-Account: "Nord Stream 2 ergibt aus ökonomischer Sicht keinen Sinn. Es ist ein rein politisches Projekt."
Beim NATO-Gipfel im Juli 2018 in Brüssel meldete sich auch US-Präsident Donald Trump zu Wort und warf Deutschland vor, sich mit Nord Stream 2 zu einem "Gefangenen" Russlands zu machen. "Deutschland wird vollkommen durch Russland kontrolliert", so Trump. Bundeskanzlerin Angela Merkel wies den Vorwurf zurück, von Russland abhängig zu sein. Im Januar 2019 wurde erneut Kritik an dem Projekt laut, diesmal vom amerikanischen Botschafter in Deutschland, Richard Grenell. Er drohte deutschen Unternehmen, die am Bau der Pipeline beteiligt sind, mit Sanktionen aus den USA.
Deutschland als wichtiges Transitland
Klar ist, dass sich mit Nord Stream 2 die Transportwege verlagern. "Damit wird Deutschland zu einem ganz wichtigen Durchgangsland. Es wird zu der zentralen Drehscheibe in Europa werden für russisches Gas", sagt Stefan Meister von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Und genau das stößt vor allem Kiew bitter auf. Denn bislang fließen 50 Prozent des russischen Erdgases für Westeuropa durch die Ukraine und bringen dem Land jährlich zwei Milliarden Euro Transitgebühren. Rund 13 Prozent des ukrainischen Staatshaushalts werden derzeit durch Transitgebühren abgedeckt.
Die Ukraine setzt alles daran, unbedingt im Spiel zu bleiben
Doch weil immer wieder Gas verschwindet - durch Schwarzmarkthandel und marode Leitungen, fordert Russland zumindest die Sanierung der ukrainischen Erdgas-Röhren. Und hat im Chef des Verwaltungsrates von Nord Stream 2, Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder, einen prominenten Fürsprecher: "Warum hatten wir denn das? Weil Gas verschwand, in den Leitungen. Ich will das jetzt nicht weiter diskutieren, aber natürlich ist nicht alles , was geliefert worden ist, dort angekommen, wo es ankommen sollte. So, und das ist eine Diskussion, die sollten wir mal von beiden Seiten beleuchten", so Schröder im Interview für die MDR-Dokumentation "Nord Stream 2".
Die Ukraine wiederum wirft Russland vor, mit der neuen Pipeline quer durch die Ostsee wirtschaftlichen und politischen Druck auszuüben, um die Ukraine wieder enger an Moskau zu binden. "Wir müssen sehen, dass derjenige, der Krieg gegen die Ukraine führt, auf diese Art und Weise die Ukraine weiter destabilisieren will. Wir geben damit demjenigen, der gegen die Ukraine Krieg führt, noch weiteres in die Hand", sagt CDU-Politiker und Mitglied des Europaparlaments Elmar Brock.
Ukrainische Leitungen sollen saniert werden
Ein Kompromiss, den Angela Merkel und Wladimir Putin auf ihrem Treffen im Mai 2018 in Sotschi ausgehandelt haben ist, dass die ukrainischen Leitungen saniert werden und künftig eine Mindestmenge an russischem Erdgas weiterhin durch die Ukraine fließen wird, trotz Nord Stream 2.
EU könnte Projekt kippen
Nun geht die Diskussion um die umstrittene Pipeline in die nächste Runde. Am Freitag wollen die EU-Botschafter in Brüssel darüber entscheiden, ob die EU-Gasrichtlinie überarbeitet werden soll. Dadurch könnte sich Nord Stream 2 aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht mehr lohnen. Die Skepsis in der EU gegenüber dem Projekt ist nicht neu. Bereits im Dezember 2018 hatte das EU-Parlament eine Resolution mit der Forderung verabschiedet, Nord Stream 2 zu stoppen. Was die jetzige Abstimmung betrifft, hatte Frankreich im Vorfeld angekündigt, dafür zu stimmen - und hatte sich somit gegen Deutschland gestellt. Die französische Regierung ruderte jedoch wieder zurück und stellte gemeinsam mit Deutschland einen Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie vor.
Über dieses Thema berichtete der MDR auch im TV: MDR aktuell | 07.02.2018 | 19:30 Uhr