Sibirischer Eis-Marathon Eine Dresdnerin beim kältesten Marathon der Welt
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07. Januar 2021, 12:50 Uhr
Manche mögens heiß, manche eiskalt. So, wie die Dresdnerin Ines Schmitt. Sie lief schon mehrfach beim sibirischen Eis-Marathon mit. Im Interview schildert sie ihre fantastischen Erlebnisse.
Sie haben drei Mal am "Siberian Ice Marathon" teilgenommen. Was ist das Besondere an dieser Veranstaltung?
Das Besondere ist, dass dieser Lauf zur Russischen Weihnacht, also 13 Tage nach "unserem" Weihnachtsfest stattfindet. Die Stimmung ist ausgelassen, viele Läufer kostümieren sich und zelebrieren ihr Fest auf den 21 Kilometern durch die sibirische Metropole Omsk. Das Läuferfeld ist mit mehreren hundert verrückten und aber auch durchaus ambitionierten Läufern überschaubar, im wahrsten Sinne lernt man sich bei dem sechs-Runden-Kurs gut kennen. Immerhin begegnen sich die Läufer mehrfach.
Wie ist die Streckenführung? Wo geht es beim Lauf entlang?
Austragungsort ist die ehemals gesperrte Stadt Omsk in Sibirien. Eine Stadt mit bewegter Vergangenheit. Der Bau der Transsibirischen Eisenbahn beeinflusste ihre Entwicklung; sie war Verbannungsort für Strafgefangene und nicht zuletzt gesperrte Stadt bis zur Perestroika.
Gelaufen wird unmittelbar in der Omsker Innenstadt mit Start und Ziel direkt an der schönsten Kirche Sibiriens, an der man immer vorbeikommt nach absolvierter Runde. Für die Organisatoren gerade bei eiskalten Läufen eine wirkliche Herausforderung, die Organisation auf die Beine zu stellen und die Versorgung mit warmen Getränken. Die Laufstrecke ist gut geräumt. Es wird sich wenig Gedanken um die Bedingungen gemacht, man läuft einfach, ob in kurzer Hose mit Gelenkschonern und Mütze oder in Hightech-Klamotten mit Windschutz. Es ist ein weihnachtliches Volksfest und ein sportlich ambitionierter Wettkampf in einem – das macht diesen Lauf aus und ihn besonders sympathisch.
Wie haben Sie sich auf den Marathon in der sibirischen Kälte vorbereitet?
Die Vorbereitung auf den Lauf ist tatsächlich recht unspektakulär. Regelmäßiges Laufen in der heimischen Kälte und wenn man ganz unerschrocken ist, einen etwaig vorhandenen See in der heimatlichen Region gern für ein Winterbad nutzen.
Sie waren auch beim zweitkältesten Marathon aller Zeiten 2011 in Omsk dabei gewesen. Erinnern Sie sich noch...?
Oh ja, mir tränten die Augen, wie das bei solchen Temperaturen nicht ungewöhnlich ist und augenblicklich waren die Tränen zu Eis gefroren, die Augen förmlich zugefroren. Bei minus 30,5 Grad gingen wir an den Start, während des Laufes erwärmte es sich auf minus 28 Grad. Mehr als ein Halbmarathon ist bei diesen Temperaturen nicht zu bewältigen, daher wird auch nur diese Distanz ausgetragen, auch eine 7 km-Distanz, also zwei Runden, sind möglich. Aufgrund der Kälte war das anfeuernde Publikum am Wegesrand an zwei Händen abzuzählen, doch die Devise hieß: durchkommen. Ein für unsere Läufer zusätzlicher Versorgungsstand hielt warmen, süßen Tee bereit, das war auf jeder Runde unser heiß ersehnter Anlaufpunkt, der Kraft und Motivation spendete.
Es sollen auch Läufer mit teils bizarren Kostümierungen auf der Strecke unterwegs sein…?
Es ist Weihnachten und daher Anlass, sich zu kostümieren. Man tanzt vor dem Start zu wohligen Klängen oder weihnachtlichem Pop. Weihnachtsmänner sind bestens auf der Strecke vertreten, ebenso nur spärlich bedeckte Läufer, Hartgesottene, die dennoch selbstgestrickte Schoner an Ellenbogen und Knien tragen und niemals Mütze und Handschuhe vergessen. So manches Eisbaderitual wird vor oder nach dem Lauf begangen, in dem man sich mit Wasser überschüttet. Das ist etwas für Geübte, kaum, dass sich jemand leichtsinnig einem Kältespaß aussetzt. Wer die Kälte kennt, weiß mit ihr umzugehen. Für Außenstehende wirkt dies wie ein weihnachtliches Theater voller Hingabe und Freude. Es ist echt russisch und das spürt man. Es steckt an.
Ines Schmitt, 1972 im Vogtland geboren, absolvierte ihre ersten Marathonrennen mit 15 Jahren. Sie nahm seither an diversen Marathon-Veranstaltungen weltweit teil. Seit 2011 arbeitet Ines Schmitt in der Geschäftsleitung eines Reisebüros in Dresden.
Dieses Thema im Programm: Thomas Junker unterwegs: Russlands Perlen | 22. November 2020 | 20:15 Uhr