Zwei verbundene golden Ringe
Verliebt, verlobt, verheiratet: In Polen haben Dating-Portale für Katholiken Konjunktur. Bildrechte: IMAGO / Panthermedia

Dating Kein Sex vor der Ehe: Dating-Portale für Katholiken in Polen

07. April 2021, 15:13 Uhr

Keine Verhütungsmittel, keine Abtreibungen: Katholische Dating-Portale liegen in Polen im Trend. Wer dort seine große Liebe sucht, findet den perfekten Partner nach den Wertvorstellungen der katholischen Kirche.

Eine junge Frau schaut lächelnd in die Kamera, ihren Kopf leicht zur Seite geneigt. Sie trägt einen dezenten rosa Lippenstift und ihr schulterlanges blondes Haar kräuselt sich im Wind. Neben dem Foto steht die persönliche Kennnummer, unter der man die Frau erreichen kann. Die 31-Jährige Pamela aus Niederschlesien ist auf der Suche nach ihrem perfekten Partner fürs Leben – und von dem hat sie ganz bestimmte Vorstellungen: Ihr zukünftiger Partner soll gläubiger Christ sein und sich mit den Werten der katholischen Kirche identifizieren. Die junge Frau hat sich daher wie viele Polen bei einem katholischen Dating-Portal angemeldet. Hier kann sie auf einen Mann hoffen, der ihren Moralvorstellungen entspricht.

Mehrere katholische Dating-Portale

In Polen buhlen gleich mehrere katholische Dating-Portale um eine immer größer werdende Kundschaft. Auf Portalen wie Singlowanie oder Zapisani Sobie suchen polnische Katholiken nach polnischen Katholiken. Die Anmeldung ist kostenlos, später können jedoch auch zahlungspflichtige Premiumfunktionen freigeschaltet werden. Die kommerziellen Anbieter versprechen ihren Nutzern, einen Partner ganz nach den Wertvorstellungen der katholischen Kirche zu finden. Abtreibungen, Sex vor der Ehe oder Verhütungsmittel gehören nicht dazu. Andere Nutzer können sehen, wie man zu solch heiklen Themen steht und sich daran orientieren.

Singlowanie ist eines der bekanntesten katholischen Dating-Portale. Nach eigenen Angaben will es Christen "die bessere Hälfte" vermitteln und beweisen, "dass das Internet ein guter Ort ist", um eine langandauernde Partnerschaft zu schließen. Ein weiteres bekanntes Portal namens Przeznaczeni wirbt mit bis zu zwei Millionen Profilen. Damit sei es das größte seiner Art in Europa und das zweitgrößte weltweit. Nach Angaben der Betreiber sollen sich fast 100.000 Paare über das Portal gefunden haben und mehr als 12.000 Ehen geschlossen worden sein. Stolz wird dem Besucher der Website auch die Anzahl von 14.200 Kindern präsentiert, zu denen das Portal beigetragen haben soll.

Screenshoot eines polnischen Dating-Portals.
Katholische Werte schon bei der Anmeldung: Auf dem Portal "Singlowanie" gibt es nur Frauen und Männer - und die können jeweils nur nach dem anderen Geschlecht suchen. Bildrechte: singlowanie.pl

Nur zwei Geschlechter auswählbar

Bereits bei der Anmeldung für ein Portal wie Singlowanie wird deutlich, dass es sich hier nicht um ein gewöhnliches Dating-Portal handelt. Wer angibt, eine Frau zu sein, kann ausschließlich nach Männern suchen – und umgekehrt. Die Suche nach Menschen des gleichen Geschlechts lässt das Portal nicht zu. Andere Geschlechter als Mann und Frau kann man nicht angeben.

Im weiteren Anmeldeprozess geht es noch mehr ins Detail: Der Nutzer wird gefragt, welchen Standpunkt er zur Abtreibung vertritt und was er von Verhütungsmitteln hält. Außerdem will das Portal wissen, ob man praktizierender Christ ist und ob man vor der Ehe Sex mit dem Partner haben möchte. Es gibt aber auch klassische Dating-Fragen wie die nach den eigenen Hobbys, ob man Kinder möchte oder was man beruflich macht.

YouTuber testet Dating-Portale

Einem breiten Publikum wurde die katholische Dating-Welt bekannt, als sich der prominente polnische YouTuber Dymitr Błaszczyk das Portal Singlowanie vornahm. In seinem Video "Katholisches Tinder - Wie reißen Katholiken Mädchen auf?" machte er auf seinem Kanal "Sprawdzam Jak" den Selbsttest und meldete sich bei der Plattform an. Der Clip wurde in eineinhalb Wochen fast eine halbe Millionen Mal angeschaut.

Junger tätowierter Mann mit Brille sitzt gestikulierend am Schreibtisch.
Katholische Dating-Portale sind in Polen im Aufwind. Der YouTuber Dymitr Błaszczyk hat einen der Marktführer getestet. Dafür legte er Fakeprofile junger Frauen an. Bildrechte: YouTube/Sprawdzam Jak

Der Clou: Błaszczyk legte zwei komplett unterschiedliche Fake-Profile von Frauen an. So wollte er herausfinden, welche von beiden mehr Anfragen bekommt. Die fiktive "Izabela90" ist völlig gegen Abtreibung, praktizierende Christin, bevorzugt "natürliche Methoden" bei der Verhütung und plädiert für Enthaltsamkeit vor der Ehe. "MoniczkaMonia" dagegen hat keine Kinder und wünscht sich auch zukünftig keine. Außerdem ist sie je nach Situation für eine Abtreibung, "selbstverständlich" für Verhütungsmittel und will nicht bis zur Ehe warten, um mit ihrem Partner intim zu werden.

Nach sieben Stunden hatten sich bereits 24 Interessenten auf die Anzeige der enthaltsamen "Izabela90" gemeldet. Die liberalere "MoniczkaMonia" wollten dagegen 37 Personen treffen. Nach nur einem Tag kehrte sich das Verhältnis jedoch deutlich um: "MoniczkaMonia" wollten zwar immer noch 43 User kennenlernen, die gläubige "Izabela90" hatte jedoch bereits 62 Anfragen gesammelt. Trotzdem zeigte sich der YouTuber Dymitr Błaszczyk erstaunt, dass sich überhaupt so viele Leute auf "MoniczkaMonia" gemeldet hatten, da sie die Grundprinzipien der Plattform eigentlich in Frage stellt.

Screenshot eines Dating-Profils einer junger Frau mit Sonnenbrille.
Fake-Profil mit Anziehungskraft: Mit dieser fiktiven jungen Frau suchte der YouTuber Dymitr Błaszczyk nach Usern, die es mit der Sexualmoral der Kirche nicht ganz so Ernst nahmen - und fand gleich einige Dutzend. Bildrechte: YouTube/Sprawdzam Jak

Großer Einfluss der Kirche

Die katholischen Dating-Portale treffen in Polen einen Nerv und auf einen riesigen Markt. Nach Angaben des polnischen statistischen Hauptamts (GUS) sind mehr als 33 Millionen Polen katholisch, das sind fast 90 Prozent der Bevölkerung. Außerdem hat die Katholische Kirche einen großen Einfluss auf den polnischen Staat und die Gesellschaft und beeinflusst maßgeblich die öffentliche Debatte. So nennen Vertreter der katholischen Kirche in Polen LGBT eine Ideologie und setzten sich für ein Verbot von Abtreibungen ein.

Der katholische Fernsehsender TV Trwam sorgte beispielsweise zuletzt für Aufregung, als eine Professorin der Katholischen Universität Lublin dort verkündete, dass es für eine katholische Frau nur zwei mögliche Lebenswege gebe: Mutterschaft oder ein Leben als Jungfrau, zum Beispiel im Kloster. Verhütungsmittel bezeichnete sie als "Verminderung der eigenen Würde". Dieses traditionelle Familienbild und solche erzkonservativen Thesen haben in Polen immer noch viele Anhänger.

Katholische Kirche in der Kritik

Doch auch in Polen findet zunehmend ein gesellschaftlicher Wandel statt. Während sich auf dem Land immer noch viele als gläubig bezeichnen, schwindet das Vertrauen der jungen Bevölkerungsschicht besonders in den Städten in die Institution Kirche. Nach einer Erhebung des polnischen Meinungsforschungsinstituts CBOS aus dem Jahr 2019 praktizieren die Hälfte der Jugendlichen in Großstädten ihren Glauben nicht mehr und nur noch 35 Prozent besuchen die Kirche am Sonntag.

Auch verschiedene Missbrauchsskandale innerhalb der Katholischen Kirche haben in Polen dazu beigetragen, dass die Autorität der Kirche zunehmend hinterfragt wird. Selbst Poelens "Nationalheld", Papst Johaannes Paul II., steht wegen seinem möglicherweise zu lascheen Umgang mit pädophilen Priestern zunehmend in der Kritik. Viele Polen sehen zudem die Nähe zwischen dem Staat und der Kirche kritisch. So gab es zuletzt mehrfach Großdemonstrationen gegen den Einfluss der Katholischen Kirche, die teilweise gewaltsam aufgelöst wurden.

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Dieses Thema im Programm: MDR Jump | 12. Februar 2021 | 10:45 Uhr

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