Finanzbranche VR Bank bekommt weiteren Vorstand und trifft sich mit Effenberg vor Gericht
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01. März 2024, 18:38 Uhr
Am 26. März werden die Genossenschaftler der VR Bank Bad Salzungen-Schmalkalden in Erfurt zusammenkommen, um über die Situation der Bank zu reden. Dabei dürfte es viel zu besprechen geben. Allein aus den letzten Tagen dieses: Die Bank hatte zu Zeiten ihres früheren Vorstandes Siebert Bordell-Immobilien im Ruhrpott erworben, die nun verkauft werden sollen. Außerdem will sie sich aus dem Fußballgeschäft zurückziehen und hat deswegen ihrem prominentesten Mitarbeiter Stefan Effenberg gekündigt.
Neues Vorstandsmitglied berufen
Der von der Bankenaufsicht Bafin eingesetzte Aufsichtsrat bei der VR Bank Bad Salzungen-Schmalkalden hat den Vorstand der Bank erweitert. Wie die Bank am Freitag mitteilte, wurde der Abteilungsleiter Harald Kothe als zusätzliches Vorstandsmitglied berufen. Damit besteht das Führungsgremium der Bank nun aus dem bisherigen Vorstand Ulrich Fröhlich-Abrecht, dem neuen Vorstand Kothe und dem von der Bafin eingesetzten Sonderbeauftragten Christian Gervais. Als Grund für die Berufung des neuen Vorstandsmitglieds nannte Bank-Aufsichtsrat Dirk Auerbach die Notwendigkeit, auch bei Abwesenheit eines Vorstandsmitglieds das Vier-Augen-Prinzip bei Entscheidungen sicherstellen zu können.
Kothe ist nach Angaben eines Banksprechers im Zuge der Fusion zwischen der VR Bank Bad Salzungen-Schmalkalden und der Raiffeisenbank Borken Nordhessen eG zu der Südthüringer Bank gekommen. Er war zuvor bei der hessischen Bank tätig. Die beiden Banken hatten sich im Jahr 2022 zusammengeschlossen.
Vorstand weist auf möglichen Millionenverlust hin
Die VR Bank Bad Salzungen-Schmalkalden wird seit Dezember 2023 von Sonderbeauftragten der Bafin geführt. Die Bankenaufsicht hatte die beiden Sonderbeauftragten Gervais und Auerbach dorthin entsandt, nachdem der bisherige Vorstandschef Stefen Siebert zurückgetreten war. Zuvor hatte die Bafin der Bank eine mangelnde Risikovorsorge attestiert und die Erhöhung des Eigenkapitals gefordert. Zudem hatte die Bank im Herbst vergangenen Jahres angekündigt, wegen eines zu erwartenden Verlustes für das Jahr 2022 voraussichtlich die Sicherungseinrichtung des Bundesverbands der Volksbanken und Raiffeisenbanken in Anspruch zu nehmen.
Wie hoch der Verlust sein wird, ist noch unklar. Anfang der Woche hatte die Bank in einer Pflichtmitteilung an ihre Genossenschaftsmitglieder erklärt, dass für das Jahr 2022 ein Verlust zu erwarten ist, der mehr als die Hälfte der Geschäftsguthaben - also der Einlagen der Genossenschaftsmitglieder - und der Rücklagen der Bank beträgt. Ein Banksprecher wollte auf Anfrage von MDR investigativ keine Summe nennen. Sie dürfte sich nach den Angaben aus der Pflichtmitteilung im zweistelligen Millionenbereich bewegen. Hintergrund sind nach MDR-Informationen massive Abwertungen im Immobilienbestand der Bank, der zum Eigenkapital gerechnet wird. Offenbar hatte die Bank in den vergangenen Jahren den Wert ihrer Immobilien zu hoch angesetzt.
Bordell-Immobilien sollen verkauft werden
Am Montag hatte der Bafin-Sonderbeauftragte Gervais auch mitgeteilt, dass die Bank sich von mehreren Immobilien in Oberhausen in Nordrhein-Wetfalen trennen wird. Dabei handelt es sich nach MDR-Informationen um insgesamt 16 Immobilien. In einigen dieser Häuser betreiben Mieter Bordelle. Nach Gervais' Angaben wurden die Immobilien in der Flaßhofstraße in Oberhausen zwischen Dezember 2021 und August 2023 erworben, unter dem damaligen Bankvorstand Siebert. Gervais erklärte, er sei "entsetzt, dass so etwas in einer Genossenschaftsbank geschehen kann". Er sprach weiter von einem Missbrauch des Raiffeisen-Mottos "Das Geld des Dorfes dem Dorfe" - zumal in einer Bank, "in der die Mitgliederorientierung so sehr betont wird."
Wie einträglich die Vermietung an Bordellbetreiber für die Bank war, wollte ein Banksprecher auf MDR-Anfrage nicht mitteilen. Man werde hierzu keine Aussagen tätigen, sagte er. Der Sonderbeauftragte Gervais hatte am Montag angekündigt, man wolle die Details dieser Immobiliengeschäfte mit den Mitgliedern der Bank-Genossenschaft auf der Generalversammlung am 26. März in Erfurt erörtern.
Rückzug aus dem Fußballgeschäft
Außerdem wird sich die VR Bank Bad Salzungen-Schmalkalden aus dem Fußballgeschäft zurückziehen. Das bestätigte ein Banksprecher auf MDR-Anfrage. Diese Entscheidung sei aber schon vom früheren Vorstand um den damaligen Chef Stefan Siebert getroffen worden, sagte der Banksprecher dem MDR. Daher könne man auch nichts über die Beweggründe für diese Entscheidung sagen. Der damalige Vorstand Siebert hatte den Einstieg in die Finanzierung von Spielertransfers vor einigen Jahren als neues Geschäftsfeld der Bank verkündet. Viele Banken stehen diesen Geschäften wegen hoher Kreditausfallrisiken skeptisch gegenüber. Wie einträglich dieser Geschäftsbereich für die Bank in den vergangenen Jahren war, ist unklar.
Ex-Fußballprofi Effenberg klagt gegen Rausschmiss
Im Zusammenhang mit dem Ausstieg aus dem Fußballgeschäft will sich die Bank auch von ihrem prominentesten Mitarbeiter, dem Ex-Fußballprofi und Trainer Stefan Effenberg trennen. Wie das "Handelsblatt" am Donnerstag berichtete, soll sie den Vertrag mit ihm zum 1. April gekündigt haben. Wie das Arbeitsgericht Suhl am Freitag auf Anfrage von MDR investigativ mitteilte, hat Effenberg gegen die Kündigung eine Klage eingereicht. Ein erster Gütetermn sei für den 20. März anberaumt, sagte eine Gerichtssprecherin.
Ermittlungen gegen Ex-Vorstand Siebert
Die Staatsanwaltschaft Meiningen ermittelt gegen Ex-Vorstand Siebert wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Das bestätigte ein Sprecher der Behörde am Freitag auf MDR-Anfrage. Nach MDR-Informationen läuft das Verfahren schon seit 2022. Zuerst hatte das "Handelsblatt" berichtet.
MDR (dr)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 01. März 2024 | 16:00 Uhr
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