9. November Thüringen gedenkt Opfer der Pogrome von 1938 - Straße in Eisenach wird umbenannt
Hauptinhalt
09. November 2022, 11:45 Uhr
Die Pogromnacht am 9. November 1938 gilt als Auftakt zum Holocaust - der systematischen Vernichtung der jüdischen Bevölkerung durch die Nationalsozialisten. An diesem Mittwoch wurde in Thüringen vielerorts an die Opfer erinnert, etwa in Erfurt, Eisenach und in der Gedenkstätte Buchenwald.
In mehreren Orten in Thüringen wurde am Mittwoch der Opfer der nationalsozialistischen Pogromnacht am 9. November 1938 gedacht. In Erfurt erinnerte die jüdische Landesgemeinde gemeinsam mit Vertretern der Landesregierung bereits am Vormittag an die Verfolgung, Ermordung und Deportation von Jüdinnen und Juden vor 84 Jahren.
Reinhard Schramm, Vorsitzender der jüdischen Landesgemeinde, zeigte sich besorgt über die Wehrhaftigkeit von Demokratien: "Erneut erstarken die nationalistischen Kräfte - und in ihrer Begleitung Antisemitismus, Antiziganismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit." Die Pogromnacht von 1938 mahne: "Unser Europa würde in traurige Vergangenheit zurückfallen, wenn die Demokraten wieder versagen", sagte Schramm.
Auch in Jena, Sömmerda und Gera wurden am Mittwoch Kränze niedergelegt und der Opfer gedacht. In Weimar gab es eine Veranstaltung in der Gedenkstätte Buchenwald.
Synagogenstraße in Eisenach erhält Namen zurück
In Eisenach wurden am Mittwoch eine Straße umbenannt und eine Gedenktafel eingeweiht. An der Synagogen-Gedenkstätte haben Stadt, Kirchen, Gewerkschaften und das Bündnis gegen Rechtsextremismus am frühen Abend an die Geschehnisse des 9. November 1938 erinnert. In der Reichspogromnacht war die Eisenacher Synagoge in Brand gesetzt und zerstört worden.
Anschließend erhielt der südliche Teil der Wilhelm-Rinkens-Straße seinen ursprünglichen Namen "Synagogenstraße" zurück. Die Umbenennung hatte der Stadtrat im Sommer beschlossen. Anschließend begann ein Gedenkmarsch zum Bahnhof - auf der Strecke, die vor 80 Jahren zahlreiche jüdische Eisenacher auf ihrem Weg in die Deportation in Vernichtungslager gehen mussten. Am Bahnhof wurde die bestehende Gedenktafel durch eine neue ergänzt. Sie listet die Namen der Deportierten auf. Der Geschichtsverein hatte für die Tafel Geld vom Land bekommen.
Lichter gegen das Vergessen
Auch in Bad Salzungen und Barchfeld im Wartburgkreis wurde an die Novemberpogrome 1938 erinnert. In der Kreisstadt stand der Gedenktag unter dem Motto "Lichter gegen das Vergessen". Zum Auftakt gab es am Nachmittag ein Friedensgebet in der Stadtkirche. Anschließend begann ein Mahngang entlang der Stolpersteine, die in der Stadt verlegt wurden. Auf dem jüdischen Friedhof in Barchfeld hatte die Gemeinde eine Gedenkveranstaltung für den Nachmittag geplant.
Gewaltwelle gegen Juden in Deutschland
Die als Pogromnacht bekannte Gewaltwelle gilt als Auftakt zur systematischen Vernichtung der jüdischen Bevölkerung. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 verwüsteten Nationalsozialisten etwa 7.500 jüdische Geschäfte und Einrichtungen in Deutschland. Allein in Thüringen brannten damals 23 Synagogen. Historiker gehen von mehr als 1.300 Menschen aus, die in Folge der Pogrome in Deutschland ums Leben kamen. Mehr als 30.000 Jüdinnen und Juden wurden an den Folgetagen verhaftet und in Konzentrationslager verschleppt.
MDR (rub/mm), dpa
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 09. November 2022 | 19:00 Uhr