Bodo Ramelow (Die Linke), ehemaliger Ministerpräsident von Thüringen 3 min
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Gotha Sinatra und Schostakowitsch: Wie die Bundeswehr den linken Ex-MP Ramelow verabschiedete

14. März 2025, 16:00 Uhr

Das gab es zuvor noch nie: Als erstem Thüringer Ministerpräsidenten ist dem Linke-Politiker Bodo Ramelow am Donnerstag die Ehre einer festlichen Verabschiedung mit Serenade durch die Bundeswehr zuteil geworden. Der so Geehrte zeigte sich sichtlich gerührt und lobte die Zusammenarbeit mit der Truppe während seiner zwei Amtszeiten als Regierungschef. Und gab ein klares Bekenntnis zur Bundeswehr ab: Diese müsse so ausgestattet sein, dass sie ihre Aufgaben bei der Landesverteidigung erfüllen könne.

Porträt Autor Dirk Reinhardt
Bildrechte: MDR/Dirk Reinhardt

Bemerkenswertes hat sich am Donnerstagabend im Schloss Friedenstein in Gotha abgespielt. Und zwar in mehrfacher Hinsicht. Dass die "Silberlocken" Gregor Gysi und Dietmar Bartsch, beides wohlbekannte Urgesteine der Linkspartei, im ehemals herzoglichen Festsaal einer Veranstaltung der Bundeswehr beiwohnten, zum Beispiel.

Dass bei dieser Veranstaltung die neue und die alte Thüringer Landesregierung zahlreich vertreten waren, unter anderem mit Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) und Digitalminister Steffen Schütz vom BSW.

Dass mehrere, in der Hierarchie der Bundeswehr ziemlich weit oben stehende Generäle aus Berlin, Bonn und Erfurt nach Gotha gekommen waren.

Und schließlich die Veranstaltung selbst: Festakt und musikalische Serenade der Bundeswehr in Thüringen, mit denen die Truppe den ehemaligen Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow "aus dem Kreis der Bundeswehr" - so lautete eine Formulierung in der Einladung - verabschiedete.

Gregor Gysi und Dietmar Bartsch betreten den Festsaal im Schloss Friedenstein
Bei der Feier für Silberlocke Nummer 3 Bodo Ramelow gerne dabei: Silberlocke 1 und 2, Gregor Gysi und Dietmar Bartsch Bildrechte: MDR/Dirk Reinhardt

Was ist eine Serenade? Das Wort Serenade leitet sich vom Italienischen her - vom Substantiv "sera" (Abend), vom Adjektiv "sereno" (heiter) und von der adverbialen Ortsbestimmung "al sereno" (im Freien). Eine Serenade ist idealtypisch eine unbeschwerte Musik, aufgeführt im Freien zur Abend- oder Nachtzeit. Quelle: BR Klassik - Lexikon der Alten Musik

Ein Novum in der Geschichte der Bundesrepublik

Dass diese Form der Ehrerbietung und Wertschätzung einem Linken-Politiker gewährt wurde, ist ein Novum in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Und: Ramelow ist der erste Thüringer Ministerpräsident seit 1990, dem diese Ehrung zuteil wurde. Üblicherweise gönnt die Truppe solche Veranstaltungen - auch bekannt als "Großer Zapfenstreich" - Bundespräsidenten, Bundeskanzlern und Verteidigungsministern.

Bodo Ramelow sei daher auch, so wird kolportiert, zu Tränen gerührt gewesen, als die Bundeswehr an ihn mit der Frage herangetreten sei, ob er eine solche Einladung annehmen würde.

Warum also ausgerechnet für den Linken-Politiker Bodo Ramelow? Weil die Zusammenarbeit mit ihm und den von ihm geführten Thüringer Landesregierungen stets von Respekt und Sachlichkeit bestimmt gewesen sei, so die Antwort aus der Bundeswehr.

Und in Person von Bodo Ramelow auch von Empathie, wie der Kommandeur des Landeskommandos Thüringen, Oberst Klaus Glaab, in seiner Festrede schilderte. So habe Ramelow stets zum Jahresende die Familien von Soldaten und Soldatinnen im Auslandseinsatz in den Thüringer Landtag eingeladen und damit den Bundeswehr-Angehörigen und ihren Familien ein "unschätzbar wertvolles" Signal der Wertschätzung und Anerkennung gegeben. Und auch bei anderen Gelegenheiten wie Rückkehrer-Appellen von Einsatzkontingenten oder Gelöbnissen habe Ramelow "stets mit klarer Sprache zu uns gesprochen".

Sie haben mit dieser kleinen, aber feinen Veranstaltung ein unschätzbar wertvolles Signal und auch Bekenntnis zur Bundeswehr abgegeben.

Oberst Klaus Glaab vom Landeskommando Thüringen zu den alljährlichen Einladungen an Soldatenfamilien in den Thüringer Landtag

Die Zusammenarbeit mit Ramelow sei der Bundeswehr "stets eine Freude und Ehre" gewesen, ergänzte Generalleutnant André Bodemann vom Operativen Führungskommando der Bundeswehr. Und er würdigte Ramelow dafür, dass der sich wiederholt klar und öffentlich für eine gut ausgestattete Bundeswehr positioniert hatte - als Verteidigungsarmee und nicht als Interventionsarmee.

Wandel im Verhältnis zur Bundeswehr

Ja zu Landesverteidigung und auch Nato, Nein zu Auslandseinsätzen und internationalen Interventionen. Diese Position hatte Ramelow nicht erst seit Beginn seiner ersten Amtszeit als Ministerpräsident Thüringens im Jahr 2014 immer deutlich vertreten. Wer ihn - wie der Autor dieses Beitrages - in seinem Verhältnis zur Bundeswehr über die Jahre beobachtete, konnte durchaus einen Wandel in seinem Verhalten gegenüber der Bundeswehr wahrnehmen - von anfänglicher Distanz hin zu Empathie. So vertrat bei öffentlichen Veranstaltungen der Bundeswehr häufig sein Staatskanzlei-Chef Benjamin Hoff die Regierung Ramelow. Und der Regierungschef wirkte manchmal bei Auftritten bei der Bundeswehr, als wäre jetzt doch lieber woanders.

Sein Verhältnis zur Bundeswehr habe sich "von Tag zu Tag gewandelt", bekannte Ramelow selbst einmal bei einer Veranstaltung für Familienangehörige von Soldaten im Auslandseinsatz im Dezember 2023 im Landtag. Dazu habe zuletzt der völkerrechtswidrige Einmarsch Russlands in der Ukraine im Jahr davor beitragen, wo "Putin mit einem Bruderkrieg Machtansprüche durchsetzen will". Habe er, Ramelow, in seinem bisherigen Leben um Panzer immer einen Bogen gemacht, so sei er nun in Bad Frankenhausen bewusst in einen Panzer eingestiegen, "um mir den Arbeitsplatz eines Soldaten dort anzuschauen, um es auf mich wirken zu lassen", bekannte Ramelow damals in seiner Rede zu den Soldatenfamilien.

Bodo Ramelow spricht zu den Gästen der Veranstaltung.
Dankbar für die zuverlässige Unterstützung durch die Bundeswehr: Bodo Ramelow bei seiner Rede im Festsaal Bildrechte: MDR/Dirk Reinhardt

Bei den Veranstaltungen des Familienbetreuungszentrums im Landtag sei er "immer aus tiefstem Herzen" dabei gewesen, betonte Ramelow auch am Donnerstagsabend im Festsaal des Gothaer Schlosses - und stellte richtig, dass er dort eigentlich ja auch immer nur Gast gewesen sei, denn Hausherr und Gastgeber sei der Landtag. In seiner Dankesrede fand er reichlich lobende Worte für die Soldatinnen und Soldaten, die etwa während der Corona-Pandemie in Impfzentren im Einsatz waren oder in Aufnahmezentren für Flüchtlinge im Jahr 2015. Ihm sei besonders erinnerlich, "welche Ruhe eingetreten ist, sobald Soldatinnen und Soldaten mit im Raum waren".

Bundeswehr muss ihre Aufgabe erfüllen können

Die Bundeswehr müsse ihre Aufgabe erfüllen können, betonte Ramelow mit Blick auf die am selben Tag im Bundestag geführte Debatte über ein weiteres Sondervermögen für die Ausstattung der Truppe. "Dass wir unser Land verteidigen können müssen, das zeigen die letzten Monate immer deutlicher", so der frischgewählte Bundestagsabgeordnete mit Blick auf jüngste Entwicklungen in den USA oder der Ukraine.

Bodo Ramelow gemeinsam mit General André Bodemann und Oberst Klaus Glaab auf einer Tribüne während der Serenade im Schlosshof
Bodo Ramelow gemeinsam mit General André Bodemann (li.) und Oberst Klaus Glaab auf einer Tribüne während der Serenade im Schlosshof Bildrechte: MDR/Dirk Reinhardt

Und dass es die Bundeswehr durchaus versteht, würdige Rahmen für Abschiede zu schaffen, zeigte sie dann bei der musikalischen Serenade im Fackelschein im Schlosshof. Auf einer hellerleuchteten Tribüne standen Ramelow, Bodemann und Glaab und hörten dem Spiel des Luftwaffenmusikkorps aus Erfurt zu. Das spielte Märsche und zwei von Ramelow gewünschte Stücke - eines des russischen Komponisten Dmitri Schostakowitsch und "I did it may way" von Frank Sinatra.

Schostakowitsch ist nicht Putin und ist nicht der Repräsentant eines diktatorischen Systems.

Bodo Ramelow

Dem ehemaligen Ministerpräsidenten war die Rührung deutlich anzusehen.

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MDR (dr)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 14. März 2025 | 19:00 Uhr

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